Vorkosigan 01 Die Quaddies von Cay Habitat
ein paranoides Hirngespinst …«
»Sie können Graf nicht jetzt zum Habitat zurückschicken«, kreischte Van Atta. »Als nächstes wird er versuchen, sie in einer Gewerkschaft zu organisieren …«
»In Anbetracht der Konsequenzen eines Mißerfolgs des
Cay-Projekts«, sagte die Vizepräsidentin kühl, »glaube ich das nicht. Oder, Mr. Graf?«
Leo zitterte. »Wie?«
Sie seufzte unbefriedigt. »Danke. Diese Untersuchung ist damit abgeschlossen. Weitere Beschwerden oder Einsprüche können an die Zentrale von GalacTech auf der Erde gerichtet werden.« Falls Sie es wagen, fügten ihre hochgezogenen Augenbrauen hinzu.
Selbst Van Atta war vernünftig genug, den Mund zu halten.
Auf dem Rückflug war die Stimmung im Shuttle gespannt, um es milde auszudrücken. Begleitet von einer Krankenschwester aus dem Habitat, die drei Tage früher aus ihrem Planetenurlaub zum Dienst zurückbeordert worden war, saß Ciaire zusammengekauert hinten und hielt Andy umklammert. Leo und Van Atta saßen so weit von einander entfernt, wie es der begrenzte Raum erlaubte.
Van Atta sprach einmal Leo an. »Ich habe es Ihnen gesagt.«
»Sie hatten recht«, erwiderte Leo hölzern. Van Atta fühlte sich wie gestreichelt und begann vor Selbstgefälligkeit fast zu schnurren. Leo hätte ihn lieber mit der Rohrzange gestreichelt.
Könnte Van Atta nicht auch Recht haben? War sein brisantes Drängen auf sofortige Ergebnisse ein Zeichen seiner Besorgnis für das Wohlergehen der Quaddies, oder gar für ihr Überleben? Nein, entschied Leo mit einem Seufzen. Das einzige Wohlergehen, das Bruce beschäftigte, war sein eigenes.
132
Leo ließ den Kopf auf der gepolsterten Kopfstütze ruhen und starrte zum Fenster hinaus, während die Beschleunigung des Starts ihn in seinen Sitz drückte. Für irgendetwas tief in seinem Innern war ein Flug mit dem Shuttle immer noch ein bißchen Nervenkitzel, selbst nach den zahllosen Reisen, die er schon hinter sich gebracht hatte. Es gab Leute – Milliarden, die große Mehrheit –, die nie in ihrem Leben ihren Heimatplaneten verlassen hatten. Er war einer der wenigen Glücklichen.
Ein Glück, daß er diesen Job hatte. Glück in den Ergebnissen, die er im Laufe der Jahre erreicht hatte. Die ausgedehnte Morita-Deep-Space-Transferstation war vermutlich die Krönung seiner Karriere gewesen, wahrscheinlich das größte Projekt, an dem er je gearbeitet hatte. Er hatte ihren Standort zuerst gesehen, als da noch ein leeres, eisiges Vakuum gewesen war, so leer, wie nur das Nichts sein konnte. Erst im letzten Jahr war er wieder dort durchgekommen, als er von einem Schiff von Ylla auf ein Schiff zur Erde umstieg. Morita hatte gut ausgesehen, wirklich gut, voller Leben, und seine Einrichtungen wurden sogar schon erweitert, einige Jahre früher als alle erwartet hatten. Eine reibungslose Erweiterung; die Pläne dafür waren schon im Originalentwurf vorgesehen gewesen. Übertrieben ehrgeizig hatte man es damals genannt. Jetzt nannte man es weitsichtig.
Und es hatte auch andere Projekte gegeben. Vom einen Ende des Wurmlochsystems bis zum anderen fanden tagtäglich zahllose Unfälle wegen Versagens der Konstruktion nicht statt, weil er und die Leute, die er ausgebildet hatte, ihre Arbeit gut gemacht hatten.
Die Arbeit einer sorgenvollen Woche, die frühe Entdeckung der sich ausbreitenden Haarrisse in der Reaktorkühlanlage der großen orbitalen Fabrik von Beni Ra hatte vielleicht dreitausend Menschenleben gerettet. Wie viele Chirurgen konnten für sich in Anspruch nehmen, dreitausend Menschenleben in zehn Jahren ihrer 133
Berufsausübung gerettet zu haben? Während jener denkwürdigen Inspektionsreise hatte er das ein Jahr lang jeden Monat getan. Unsichtbar, unbesungen; Katastrophen, die nie geschehen, erzeugen normalerweise keine Schlagzeilen. Aber er wußte es, und die Männer und Frauen, die Seite an Seite mit ihm arbeiteten, wußten es, und das war genug.
Er bedauerte, daß er Bruce geschlagen hatte. Der Augenblick heißer Freude war es sicher nicht wert gewesen, seinen Job dafür zu riskieren. Die in achtzehn Jahren angesammelten Pensionszuwendungen, die Aktienoptionen, ja vielleicht das Dienstalter – da er keine Familie zu unterhalten harte, gehörten sie ihm ganz allein und er konnte sie in den Wind schießen, wenn er wollte. Aber wer würde sich um das nächste Beni Ra kümmern?
Wenn sie zum Habitat zurückgekehrt waren, würde er kooperieren. Sich artig bei Bruce entschuldigen. Seine Schulungsbemühungen verdoppeln,
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