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Vorkosigan 01 Die Quaddies von Cay Habitat

Vorkosigan 01 Die Quaddies von Cay Habitat

Titel: Vorkosigan 01 Die Quaddies von Cay Habitat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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fuhr sich mit den Händen durch sein kurzgeschorenes weißes Haar, in einer Geste, die teils Wut war, teils Bitte.
    Leo blickte sich unter den unruhig wartenden Quaddies um, die mithörten – mithörten, während wieder Menschen mit Beinen über ihr Schicksal entschieden. Das war nicht recht … die Worte schlüpften ihm aus dem Mund, bevor vernünftige Vorsicht sie zurückhalten konnte. »Was meint ihr darüber?«
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    Sofort erhob sich ein Chor der Zustimmung für Minchenko –
    und in ihren Augen war auch Erleichterung zu lesen. Minchenkos vertraute Autorität würde für sie offensichtlich eine enorme Beruhigung darstellen, während sie weiter hinaus ins Unbekannte reisten. Leo erinnerte sich plötzlich daran, wie sich das Universum an jenem Tag in einen fremdartigeren Ort verwandelt hatte, als sein Vater gestorben war. Daß wir Erwachsene sind, bedeutet noch nicht automatisch, daß wir euch retten können … Aber das war eine Entdeckung, die jeder Quaddie zu seiner eigenen Zeit würde machen müssen. Er holte tief Luft. »In Ordnung …« Wie konnte man sich plötzlich um hundert Kilos leichter fühlen, wenn man schon schwerelos war? Placenta praevia, du lieber Himmel!
    Minchenko reagierte darauf nicht mit sofortigem Wohlgefallen.
    »Da ist bloß noch eine Sache«, begann er und setzte ein unterwürfiges Lächeln auf, das überhaupt nicht in sein Gesicht paßte.
    Worauf ist er jetzt aus? fragte sich Leo, und sein Mißtrauen erwachte wieder. »Was?«
    »Madame Minchenko.«
    »Wer?«
    »Meine Frau. Ich muß sie holen.«
    »Ich wußte nicht, daß Sie verheiratet sind. Wo ist sie?«
    »Unten. Auf Rodeo.«
    »Zum Teufel …« Leo unterdrückte den Impuls, sich seine restlichen Haare herauszureißen.
    »Tony ist auch dort unten«, erinnerte ihn Pramod, der zugehört hatte.
    »Ich weiß, ich weiß – und ich habe es Ciaire versprochen – ich weiß nicht, wie wir das schaffen …«
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    Minchenko wartete mit gespanntem Gesichtsausdruck – ein
    Mann, der nicht daran gewöhnt war zu betteln. Nur seine Augen baten stumm. Leo wurde davon angerührt. »Wir werden es versuchen. Wir versuchen es. Mehr kann ich nicht versprechen.«
    Minchenko nickte würdevoll.
    »Welche Meinung wird Madame Minchenko überhaupt über all
    das haben?«
    »Sie verabscheut Rodeo seit fünfundzwanzig Jahren«, versprach Minchenko – etwas unbekümmert, für Leos Empfinden. »Sie wird froh sein, wegzukommen.« Minchenko sagte nicht: hoffe ich, aber Leo hörte es trotzdem.
    »In Ordnung. Na ja, wir müssen noch diese Nachzügler zusammentreiben und sie loswerden …« Leo überlegte sehnsüchtig, ob es möglich war, nach einem Beklemmungsanfall schmerzlos tot umzufallen. Er führte seine kleine Truppe aus dem Umkleideraum hinaus.
    Von Handgriff zu Handgriff flog Ciaire die sich verzweigenden Korridore entlang. Jetzt hatte sie keine Geduld mehr. Ihr Herz jubilierte vor Erwartung. Die Türen zu dem lärmerfüllten Turnraum waren von Quaddies umlagert, und sie mußte sich zurückhalten, um sich nicht gewaltsam mit den Ellbogen einen Weg durch sie zu bahnen. Eine ihrer alten Kameradinnen vom Schlafsaal, in das rosafarbene T-Shirt und die rosa Shorts des Krippendienstes gekleidet, erkannte sie mit einem Grinsen und streckte eine untere Hand aus, um sie durch die Menge zu ziehen.
    »Die Kleinsten sind an Tür C«, sagte sie. »Ich habe dich schon erwartet …« Nach einem kurzen prüfenden Blick, der sicherstellen sollte, daß ihre Flugbahn nicht gewaltsam auf jemanden anderen traf, der eine ähnliche Abkürzung nahm, half die Kameradin Ciaire, 256
    sich auf dem kürzesten Weg in diese Richtung abzustoßen, quer durch den großen Raum.
    Die dralle Gestalt im rosafarbenen Overall, die Ciaire suchte, war praktisch unter einem Schwarm aufgeregter, erschreckter, schnatternder und weinender Fünfjähriger begraben. Ciaire empfand einen Stich echter Schuld, daß man es zu gefährlich für die Geheimhaltung ihres Unternehmens erachtet hatte, die jüngeren Quaddies im voraus vor den großen Veränderungen zu warnen, die über sie hinwegfegen würden. Die Kleinen konnten auch nicht mit abstimmen, dachte sie.
    Andy war an Mama Nilla gegurtet und weinte jämmerlich.
    Mama Nilla versuchte verzweifelt, ihn mit einer Spritzflasche Babynahrung in der einen Hand zu beruhigen, während sie mit der anderen einen sich rötenden Gazebausch an die Stirn eines
    schreienden Fünfjährigen hielt. Zwei oder drei weitere klammerten sich trostsuchend an ihre Beine, während

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