Vorkosigan 09 Waffenbrüder
das Tor.
»Jetzt zurück zur Botschaft und den kleinen Bastard schnappen«, sagte Elli Quinn grimmig, während sie an der Konsole des gemieteten Bodenwagens die Strecke zu ihrem Ziel aufrief. Die übrigen Dendarii der Patrouille zogen sich auf verdeckte Beobachtungsposten zurück.
Miles und Galeni lehnten sich zurück. Galeni sah so erschöpft aus, wie Miles sich fühlte.
»Bastard?«, seufzte Miles. »Nein. Das ist er sicherlich nicht, fürchte ich.«
»Schnappen wir ihn erst«, murmelte Galeni. »Dann können Sie immer noch definieren, was er ist.«
»Einverstanden«, sagte Miles.
»Wie sollen wir hineingehen?« fragte Galeni, während sie sich im Licht des späten Morgens der Botschaft näherten.
»Da gibt es nur einen Weg«, sagte Miles. »Durch den Vordereingang. Halte an der Vorderseite an, Elli.«
Miles und Galeni schauten einander an und kicherten.
Miles' Bart war noch nicht so weit entwickelt wie Galenis –
schließlich hatte Galeni vier Tage Vorsprung –, aber seine aufgeplatzten Lippen, die blauen Flecken und das getrocknete Blut auf seinem Hemd glichen das wieder aus und verstärkten den allgemeinen Eindruck von Schäbigkeit und Verwahrlosung. Außerdem hatte Galeni seine Stiefel und seine Uniformjacke im Haus der 231
Komarraner wiedergefunden, Miles jedoch nicht. Vielleicht hatte sie der Klon mitgenommen. Miles war sich nicht sicher, wer von beiden schlechter roch – Galeni war länger eingesperrt gewesen, aber Miles meinte, er selber hätte mehr geschwitzt –, und er wollte nicht Elli Quinn bitten, sie solle an ihnen riechen und dann ein Urteil fällen. Galenis Lippen zuckten, um seine Augen erschienen Fältchen. Daraus schloß Miles, daß der Hauptmann jetzt die gleiche verzögerte Reaktion verrückter Erleichterung erlebte, die auch in seiner Brust aufwallte. Sie waren noch am Leben, und das war ein Wunder und des Staunens wert.
Als sie die Rampe hinaufgingen, glichen sie ihre Schritte einander an. Elli kam hinterhergeschlendert und beobachtete interessiert die Gangart der beiden Männer.
Der Wachsoldat am Eingang salutierte reflexartig, während
sich Erstaunen auf seinem Gesicht abzeichnete. »Hauptmann Galeni! Sie sind wieder da! Und … äh …« – er blickte Miles an, öffnete den Mund und schloß ihn wieder – »Sie, Sir.«
Galeni erwiderte den Gruß freundlich. »Rufen Sie Leutnant
Vorpatril hierher, ja? Nur Vorpatril.«
»Jawohl, Sir.« Während der Wachsoldat in seinen Armbandkommunikator sprach, wandte er nicht den Blick von ihnen ab; mit einem sehr verdutzten Gesichtsausdruck blickte er immerzu seitwärts auf Miles. »Äh – freut mich, Sie wieder hier zu haben, Hauptmann.«
»Freut mich, wieder hier zu sein, Korporal.«
Einen Moment später sprang Ivan aus einem Liftrohr und kam
über den Marmorboden der Vorhalle geeilt.
»Mein Gott, Sir, wo sind Sie gewesen?«, schrie er und packte Galeni an den Schultern. Dann besann er sich und salutierte.
»Meine Abwesenheit war unfreiwillig, das kann ich Ihnen versichern.« Galeni zupfte sich an einem Ohrläppchen und fuhr sich mit der Hand durch die Bartstoppeln. Er war von Ivans Begeisterung sichtlich gerührt. »Wie ich Ihnen später in Einzelheiten er232
zählen werde. Nun – Leutnant Vorkosigan? Vielleicht ist es jetzt an der Zeit, Ihren … äh … anderen Verwandten zu überraschen.«
Ivan blickte auf Miles. »Sie haben dich also rausgelassen?« Er schaute etwas genauer hin, dann starrte er verdutzt. »Miles …«
Miles fletschte die Zähne und winkte sie aus der Hörweite des gebannt dreinblickenden Korporals. »Alles wird enthüllt, wenn wir mein anderes Ich verhaften. Wo bin ich übrigens?«
Ivan begann es zu dämmern. Er schürzte die Lippen. »Miles…
willst du mich durcheinanderbringen? Das ist nicht sehr komisch …«
»Nicht durcheinanderbringen. Und nicht komisch. Das Individuum, mit dem du die letzten vier Tage zusammengewohnt hast – war nicht ich. Ich habe mit Hauptmann Galeni zusammengehaust.
Eine komarranische revolutionäre Gruppe hat versucht, bei euch einen Doppelgänger einzuschleusen. Der Trottel ist mein Klon, echt. Sag mir nicht, du hast nie etwas bemerkt!«
»Na ja …«, sagte Ivan. Glaube und wachsende Verlegenheit
begann sich auf seinem Gesicht abzuzeichnen. »Du schienst irgendwie … hm … keinen Appetit mehr zu haben, diese letzten paar Tage.«
Elli nickte nachdenklich, voller Mitgefühl für Ivans Verlegenheit.
»In welcher Hinsicht?«, fragte Miles.
»Nun … ich habe
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