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Vorkosigan 10 Grenzen der Unendlichkeit

Vorkosigan 10 Grenzen der Unendlichkeit

Titel: Vorkosigan 10 Grenzen der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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des Babys war natürlich – es gab keine Spuren an ihm. Die Kleine war schwächlich, sie hatte einen Katzenmund, wer weiß, was sonst noch mit ihr nicht gestimmt hat? Sie ist im Schlaf gestorben, oder durch einen Unfall.«
    »Es ist bemerkenswert«, sagte Miles trocken, »wie oft solche Unfälle in diesem Bezirk vorkommen. Mein Vater, der Graf, hat sich selbst … in diesem Sinne geäußert.«
    »Es war keine Veranlassung, Sie hierherzuholen.« Karal blickte empört auf Harra. Sie saß stumm da, unbewegt von seinen Worten.
    »Das war kein Problem«, sagte Miles höflich.
    »Gewiß, Mylord«. Karal dämpfte seine Stimme. »Ich glaube, sie hat sich vielleicht aus Versehen auf das Kind gelegt. Da ist es doch kein Wunder, bei ihrem Schmerz, daß ihr Verstand das nicht akzeptiert. Lern Csurik ist ein guter Junge, ein treusorgender Vater.
    Sie will das alles gar nicht wirklich tun, ihr Verstand ist nur vorübergehend ausgeschaltet, wegen ihrer Probleme.«
    Harras Augen, die hinter ihrem Haardickicht hervorschauten, waren giftig kalt.
    »Ich beginne zu verstehen.« Miles Stimme klang sanft, ermutigend.
    Karals Gesicht erhellte sich leicht. »Es könnte alles noch in Ordnung sein. Wenn sie nur geduldig wäre. Ihren Schmerz bezähmen würde. Mit dem armen Lern reden würde. Ich bin sicher, daß er das Baby nicht umgebracht hat. Man sollte nicht voreilig etwas unternehmen, was sie dann bereut.«
    »Ich beginne zu verstehen«, Miles sprach in einem eiskalten Ton,
    »warum Harra Csurik es für notwendig hielt, vier Tage lang zu gehen, um vorurteilsfreies Gehör zu finden. Sie meinen, Sie glauben. Wer weiß etwas? Sie nicht, anscheinend. Ich höre Spekulationen – Anklagen – Andeutungen – Behauptungen. Ich bin wegen der Tatsachen gekommen, Sprecher Karal. Die Rechtsprechung des Grafen verläßt sich nicht auf Vermutungen. Das 45
    braucht sie nicht. Jetzt ist nicht mehr das Zeitalter der Isolation.
    Nicht einmal hier am Ende der Welt.
    Meine Untersuchung der Tatsachen wird jetzt sofort beginnen.
    Es wird kein vorschnelles Urteil geben, bevor die Tatsachen nicht vollständig bekannt sind. Die Bestätigung von Lern Csuriks Schuld oder Unschuld wird aus seinem eigenen Munde kommen, unter Schnell-Penta, angewandt von Dr. Dea vor zwei Zeugen –
    Ihnen selbst und einem Stellvertreter Ihrer Wahl. Einfach, sauber und schnell.« Und vielleicht kann ich schon vor Sonnenuntergang wieder auf dem Rückweg aus diesem rückständigen Kaff sein. »Ich fordere Sie auf, Sprecher, jetzt zu gehen und Lern Csurik zur Vernehmung zu bringen. Sergeant Pym wird Ihnen dabei helfen.«
    Karal gewann noch einen weiteren Moment Bedenkzeit, indem
    er das kochende Wasser in einen großen braunen Topf goß, bevor er sprach. »Ich bin ein weitgereister Mann, Mylord. Ich war zwanzig Jahre beim Militär. Aber die meisten Leute hier sind niemals außerhalb des Silvy-Tales gewesen. Die Vernehmungschemie wird für sie so etwas wie Magie sein. Sie werden vielleicht sagen, daß es ein falsches Geständnis ist, wenn man es auf diese Weise erreicht.«
    »Dann können Sie und Ihr Stellvertreter das richtigstellen. Es ist nicht mehr wie in den guten alten Tagen, als Geständnisse durch Folter erpreßt wurden, Karal. Außerdem, wenn er so unschuldig ist, wie Sie vermuten – dann wird er sich doch entlasten, oder nicht?«
    Widerstrebend ging Karal in den Nebenraum. Als er wiederkam, zog er eine ausgebleichte Uniformjacke des kaiserlichen Militärs über die Schulter. Der Kragenspiegel zeigte den Rang eines Korporals. Über seiner Leibesmitte ließ sich die Jacke nicht mehr zuknöpfen. Sie war offensichtlich für solche offiziellen Anlässe aufgehoben worden. So wie man nach der Sitte von Barrayar vor der Uniform salutierte, und nicht vor dem Mann, der darin steckte, so mochte wohl auch die Empörung, die von einer unpopulären Dienstpflicht hervorgerufen wurde, sich gegen das Amt richten, und nicht gegen die Person, die diese Pflicht erfüllte. Miles erkannte den Unterschied.
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    Karal blieb an der Tür stehen. Harra saß noch immer in
    Schweigen gehüllt am Herd und schwankte leicht hin und her.
    »Mylord«, sagte Karal. »Ich bin jetzt seit sechzehn Jahren Sprecher des Silvy-Tales. In dieser ganzen Zeit mußte niemand wegen einer Klage zum Bezirksrichter gehen, nicht wegen der Wasserrechte oder gestohlener Tiere oder Unzucht, nicht einmal, als Neva wegen des Ahornsafts Bors der Baumpiraterie beschuldigte. Wir haben in der ganzen Zeit keine einzige Blutfehde

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