Vorkosigan 11 Spiegeltanz
Sie sicherstellen wollen, daß es Wunder gibt, dann müssen Sie von Anfang an dafür sorgen, schon wenn meine armen Patienten zur Behandlung vorbereitet werden.«
Aragones nannte sie nie Eisleichen und benutzte auch sonst keinen der anderen Ausdrücke, die die Soldaten in ihrem Unbehagen erfunden hatten. Immer meine Patienten. Auch das gefiel Miles an dem escobaranischen Arzt.
»Leider kommen unsere Verletzten im allgemeinen nicht wohlgeplant und ordentlich einer nach dem anderen an«, sagte Miles halb entschuldigend. »In diesem Fall hatten wir achtundzwanzig 47
Leute in der Krankenstation, und das mit jeder Art Verletzung –
extreme Traumata, Verbrennungen, chemische Kontaminationen –, und das alles auf einmal. Die Triage wurde für kurze Zeit brutal, bis sich die Dinge klärten. Meine Leute taten ihr Bestes.« Er zögerte. »Glauben Sie, daß es sich lohnen würde, einige unserer Medtechs in Ihren neuesten Techniken weiterzubilden, und falls ja, wären Sie bereit, das Seminar zu leiten?«
Aragones breitete die Hände aus und blickte nachdenklich drein.
»Man könnte etwas arrangieren …
Sprechen Sie mit Verwaltungschef Margara, bevor Sie gehen.«
Quinn sah, wie Miles nickte, und machte sich eine Notiz auf ihrem Reportpanel.
Aragones rief auf seiner Komkonsole einige Diagramme auf.
»Das Schlimmste zuerst. Wir konnten nichts für Mr. Kee und Ms.
Zelaski tun.«
»Ich habe … Kees Kopfverletzung gesehen. Ich bin nicht überrascht.« Zerschmettert wie eine Melone. »Aber wir hatten die Kryo-Kammer zur Verfügung, und so haben wir es versucht.«
Aragones nickte verständnisvoll. »Ms. Zelaski hatte ein ähnliches Problem. Allerdings war das äußerlich weniger offensichtlich.
Während des Traumas wurde so viel von ihrem Kreislauf im Schädelinneren unterbrochen, daß ihr Blut nicht richtig abgesaugt und die Kryo-Flüssigkeiten nicht richtig perfundiert werden konnten. Die kristalline Vereisung und die Hämatome machten zusammen die neurale Zerstörung komplett. Es tut mir leid. Die Leichen befinden sich gegenwärtig in unserer Leichenhalle, und wir erwarten Ihre Anweisungen.«
»Kee wünschte, daß seine Leiche an seine Familie auf seiner Heimatwelt zur Bestattung geschickt würde. Weisen Sie Ihre Bestattungsabteilung an, alles Nötige vorzubereiten, und schicken Sie 48
ihn über die üblichen Transportwege. Wir werden Ihnen die Adresse geben.« Er gab Quinn mit einer Kinnbewegung ein Zeichen, und sie machte sich eine weitere Notiz. »Zelaski hat keine Familie und keine nächsten Angehörigen angegeben – einige der Dendarii tun oder wollen das einfach nicht, und wir bestehen nicht darauf. Aber sie hat einmal einigen ihrer Kameraden erzählt, was ihrem Wunsch nach mit ihrer Asche geschehen sollte. Bitte lassen Sie ihre sterblichen Überreste kremieren und schicken Sie sie zu Händen unserer Sanitätsabteilung zur Triumph zurück.«
»In Ordnung.« Aragones löschte die Diagramme auf seinem
Vid-Display. Sie verschwanden wie Gespenster, die sich auflösten.
An ihrer Stelle rief er andere auf.
»Mr. Durham und Ms. Vifian sind beide zur Zeit nur teilweise von ihren ursprünglichen Verletzungen geheilt. Beide leiden an –
ich würde sagen: normaler – neural-traumatischer und kryogenischer Amnesie. Mr. Durhams Gedächtnisverlust ist tiefer, teilweise wegen Komplikationen infolge seiner neuralen Pilotenimplantate, die wir leider entfernen mußten.«
»Wird man ihm je ein neues Aggregat implantieren können?«
»Es ist noch zu früh, um das zu sagen. Ich würde die Langzeit-Prognosen beider Personen als gut bezeichnen, aber es wird mindestens ein Jahr dauern, bis beide wieder so gesund sind, daß sie zu ihrem militärischen Dienst zurückkehren können. Und dann werden sie eine extensive neue Ausbildung brauchen. In beiden Fällen empfehle ich nachdrücklich, daß diese Patienten in ihre Heimat und ihr familiäres Umfeld zurückgeschickt werden, wenn das möglich ist. Eine vertraute Umgebung wird helfen, ihnen im Laufe der Zeit wieder Zugang zu ihren eigenen übriggebliebenen Erinnerungen zu verschaffen.«
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»Leutnant Durham hat seine Familie auf der Erde. Wir werden dafür sorgen, daß er dort hinkommt. Technikerin Vifian stammt von Station Kline. Wir werden sehen, was wir machen können.«
Quinn nickte lebhaft und machte weitere Notizen.
»Dann kann ich sie heute entlassen und Ihnen übergeben. Wir haben alles getan, was wir können, und für den Rest reichen gewöhnliche
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