Vorkosigan 11 Spiegeltanz
Illyan würde mir die Ohren lang ziehen, falls ich dich jetzt irgendwo anders hinschicken würde als nach Hause.
Außerdem ist da noch dein Vater.«
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»Was ist mit meinem Vater?«, fragte Miles. Eisiger Schrecken erfaßte seine Brust. Eine kaleidoskopische Vision von Mordanschlägen, tödlichen Krankheiten und politischen Komplotten drehte sich durcheinander in seinem Kopf. Ganz zu schweigen von Luftwagenunfällen.
»Er hatte einen schweren Herzinfarkt, während ich dort war«, sagte Mark. »Er war im Kaiserlichen Militärkrankenhaus und wartete auf eine Herztransplantation, als ich abreiste. Tatsächlich müßte etwa jetzt die Operation stattfinden.«
»Du warst dort?« Was hast du ihm angetan? Miles kam es vor, als hätten sich bei ihm gerade die Magnetpole umgekehrt. »Ich muß nach Hause!«
»Das habe ich ja gerade gesagt«, sagte Mark müde. »Warum, meinst du, haben wir den ganzen Weg hierher zurückgelegt, außer, um dich nach Hause zu schleifen? Es ging nicht um den freien Urlaub in Ry Ryovals Fitness-Center, das kann ich dir sagen.
Mutter meint, ich sei der nächste in der Erbfolge der Vorkosigans.
Ich kann mit Barrayar umgehen, glaube ich, aber ich kann – verdammt noch mal – nicht damit umgehen.«
Es war alles zuviel, zu schnell. Miles setzte sich und versuchte sich wieder zu beruhigen, bevor er einen neuen Anfall bekam. Das war gerade die Art von kleiner körperlicher Schwäche, die einem eine sofortige Entlassung aus medizinischen Gründen aus dem Dienst des Kaisers einhandeln konnte, wenn man nicht achtgab, wer einen dabei beobachtete. Er hatte angenommen, die Konvulsionen seien eine vorübergehende Erscheinung während seiner Genesung. Was, wenn sie auf Dauer blieben? O Gott …
»Ich werde Lilly mein Schiff leihen«, sagte Mark, »da Baron Fell sie so wohlüberlegt der ausreichenden Mittel entledigt hat, um sechsunddreißig Passagen nach Escobar zu kaufen.«
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»Welches Schiff?«, fragte Miles. Doch nicht etwa eines der meinen …!
»Das Mutter mir gegeben hat. Lilly sollte es im Orbit von Escobar mit ordentlichem Profit verkaufen können. Ich kann an Mutter zurückzahlen und Vorkosigan Surleau auslösen und werde immer noch eine hübsche Summe Taschengeld übrighaben. Ich würde gerne eines Tages meine eigene Jacht haben, aber ich könnte diese eine Weile wirklich nicht benutzen.«
Was? Was? Was?
»Ich habe nur nachgedacht«, fuhr Mark fort, »daß die Dendarii hier mit Lilly mitfliegen könnten. Das würde ihr etwas militärischen Schutz gewähren, im Austausch für einen kostenlosen und schnellen Flug zurück zur Flotte. Würde dem Sicherheitsdienst auch vier kommerzielle Passagen ersparen.«
Vier? Miles schaute auf Bei, der die ganze Zeit geschwiegen hatte und ihn jetzt düster anblickte.
»Und alle so schnell wie möglich von hier wegbringen«, fügte Mark hinzu. »Bevor irgend etwas schiefgeht.«
»Amen!« murmelte Quinn.
Rowan und Elli auf demselben Schiff? Ganz zu schweigen von Taura. Was, wenn sie alle sich zusammensetzten und Erfahrungen austauschten? Was, wenn sie sich in die Haare gerieten? Noch schlimmer: was, wenn sie ein Bündnis schlössen und ihn in einem heimlichen Vertrag aufteilten? Nord-Miles und Süd-Miles … Es lag nicht daran, sagte er sich, daß er so viele Frauen aufgabelte. Im Vergleich zu Ivan war er praktisch zölibatär. Es lag einfach daran, daß er nie eine fallenließ. Über einen entsprechend langen Zeitraum hin konnte die Ansammlung ausgesprochen peinlich werden.
Er brauchte … eine Lady Vorkosigan, damit sie dem ganzen Un665
sinn ein Ende machte. Doch selbst Elli die Kühne weigerte sich, für diesen Dienst zur Verfügung zu stehen.
»Ja«, sagte Miles, »das funktioniert. Kapitänin Quinn, richte es ein, daß Mark und ich mit dem Sicherheitsdienst fliegen. Sergeantin Taura, würdest du dich bitte zu Lilly Duronas Verfügung halten? Je eher wir dieses Gebäude hier räumen, desto besser, da stimme ich zu. Und … hm … Bel – würdest du bitte bleiben? Wir müssen miteinander reden.«
Quinn und Taura verstanden den Wink und zogen sich zurück.
Mark … Mark war in die Sache verwickelt, entschied Miles. Und er hatte sowieso etwas Angst, Mark zu bitten, er solle aufstehen. Er hatte Angst, was dessen Bewegungen offenbaren würden. Diese flapsige Bemerkung über Ry Ryovals Fitness-Center war ein viel zu offensichtlicher Versuch – was ? zu verbergen.
»Setz dich, Bei«, Miles zeigte mit einem Kopfnicken auf den Stuhl, den Baron Fell
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