Vorkosigan 11 Spiegeltanz
vorwärts, bis er mit vollem Gewicht über ihr lag. Sie krümmte sich unter ihm, doch ohne Erfolg. In ihrer Unschuld dachte sie nicht einmal daran, ihm das Knie in die Leistengegend zu rammen. »Hör auf, hör auf, um Himmels willen, ich möchte dich nicht verletzen«, murmelte er ihr durch einen Mundvoll süß duftenden Haares ins Ohr.
Dem anderen Mädchen war es inzwischen gelungen, durch die Shuttleluke zu schlüpfen. Der Kapitän des Hauses Fell wurde durch ihr Erscheinen verwirrt, nicht aber durch die Dendarii. Er hatte auf der Stelle einen Nervendisruptor gezogen und hielt so Quinns Leute zurück, die in einem ersten Reflex nach dem Mädchen greifen wollten. »Bleiben Sie genau da stehen! Baron Bharaputra, was bedeutet das?«
»Mylord!«, schrie das eurasische Mädchen. »Nehmen Sie mich mit, bitte! Ich will mit meiner Herrin zusammensein!«
»Bleib dort drüben«, riet ihr der Baron ruhig. »Dort können sie dich nicht anfassen.«
»Sie strapazieren meine Geduld«, begann Quinn und trat vor, doch der Baron hob eine Hand mit leicht gekrümmten Fingern: 232
keine Faust und keine obszöne Geste, aber irgendwie vage beleidigend.
»Kapitänin Quinn. Sicherlich wünschen Sie nicht, einen Vorfall auszulösen und Ihre Abreise zu verzögern, oder? Offensichtlich entscheidet sich dieses Mädchen nach seinem eigenen freien Willen.«
Quinn zögerte.
»Nein!«, schrie Mark. Er rappelte sich auf die Beine, zog das blonde Mädchen hoch und schob sie in die Hände des größten Dendarii-Wächters. »Halte sie fest!« Er drehte sich um und wollte an Bharaputra vorbei.
»Admiral?« Der Baron hob mit leichter Ironie die Augenbrauen.
»Sie tragen eine Leiche«, knurrte Mark. »Reden Sie nicht mit mir.« Mit ausgestreckten Händen taumelte er vorwärts und blickte das Mädchen an, das auf der anderen Seite dieser kleinen, schrecklichen, politisch bedeutungsvollen Lücke stand. »Mädchen …«, er wußte ihren Namen nicht. Er wußte nicht, was er sagen sollte. »Geh nicht. Du mußt nicht gehen. Sie werden dich umbringen.«
Das Mädchen, das sich seiner Sicherheit gewiß war, denn es stand hinter dem Fellschen Kapitän und außerhalb der Reichweite aller Dendarii, lächelte Mark triumphierend zu und warf ihr Haar zurück. Ihre Augen leuchteten. »Ich habe meine Ehre gerettet.
Ganz allein. Meine Ehre gilt meiner Herrin. Du hast keine Ehre.
Du Schwein! Mein Leben ist ein Opfer … ein großartigeres Opfer, als du dir vorstellen kannst. Ich bin eine Blume auf ihrem Altar.«
»Du bist ja völlig verrückt«, bemerkte Quinn grob.
Das Mädchen hob das Kinn und preßte die Lippen zusammen.
»Baron, kommen Sie«, befahl sie kühl. Theatralisch hielt sie ihm die Hand entgegen.
233
Baron Bharaputra zuckte die Achseln, als wollte er sagen: Was soll man machen?, und ging auf die Luke zu. Kein Dendarii hob eine Waffe; Quinn hatte es ihnen nicht befohlen. Mark hatte keine Waffe. Voller Qualen wandte er sich ihr zu. »Quinn …«
Sie atmete heftig. »Wenn wir jetzt nicht springen, dann können wir alles verlieren. Rühr dich nicht!«
Vasa Luigi hielt im Lukengang an, die Hand auf dem Verschluß, einen Fuß noch auf dem Deck der Peregrine, und wandte sich zu Mark um. »Falls Sie sich Gedanken machen, Admiral – sie ist der Klon meiner Frau«, schnurrte er. Er hob die rechte Hand, leckte den Zeigefinger und berührte damit Marks Stirn. Ein kühler Punkt blieb zurück. Ein Treffer war gezählt. »Eine für mich. Neunundvierzig für Sie. Falls Sie es je wagen sollten, hierher zurückzukehren, dann verspreche ich Ihnen, das auf eine Weise auszugleichen, daß Sie danach um Ihren Tod betteln werden.« Er schlüpfte durch die Shuttleluke hindurch. »Hallo, Kapitän, Dank für Ihre Geduld …«, die Verschlüsse der Luke schlossen sich und verschluckten den Rest seines Grußes für die Wachen seines Rivalen oder Verbündeten.
Nur das Klirren der sich öffnenden Klampen und das Weinen des hoffnungslosen, verlassenen blonden Klonmädchens unterbrachen das Schweigen. Der Punkt auf Marks Stirn fühlte sich an, als klebte dort Eis. Er rieb mit dem Handrücken daran, als erwartete er fast, es würde absplittern.
Schritte von Füßen in Friktionssandalen waren normalerweise fast nicht zu hören, aber diese jetzt waren schwer genug, um das Deck vibrieren zu lassen. Sergeantin Taura stürzte in den Korridor.
Sie sah das blonde Klonmädchen und schrie über die Schulter:
»Hier ist noch eine! Fehlen nur noch zwei.« Eine weitere Kämpferin
Weitere Kostenlose Bücher