Vorkosigan 11 Spiegeltanz
kam keuchend hinter ihr her.
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»Was ist geschehen, Taura?«, seufzte Quinn.
»Das langhaarige Mädchen, die Rädelsführerin. Die ist wirklich gerissen«, sagte Taura und kam zum Stehen. Während sie sprach, blickte sie prüfend in die Querkorridore. »Sie hat allen Mädchen irgendwelchen Quatsch erzählt, wir seien ein Sklavenschiff. Zehn von ihnen hat sie überredet, zusammen einen Ausbruch zu versuchen. Die Wache mit dem Betäuber hat drei erwischt, die anderen sieben haben sich über das Schiff zerstreut. Vier haben wir wieder eingefangen. Die meisten haben sich nur versteckt, aber ich glaube, das langhaarige Mädchen hatte wirklich einen schlüssigen Plan und versuchte zu den Mini-Shuttles zu kommen, bevor wir aus dem Lokalraum herausspringen. Ich habe dort eine Wache aufstellen lassen, damit sie nicht ran können.«
Quinn fluchte. »Ein guter Gedanke, Sergeantin. Das mit der Wache muß funktioniert haben, denn das Mädchen ist hier aufgetaucht. Unglücklicherweise rannte sie direkt in den Austausch von Baron Bharaputra hinein und kam mit ihm hinaus. Wir
konnten die andere noch fassen, bevor sie es ins Fellsche Shuttle schaffte.« Quinn nickte in Richtung auf die Blondine, deren Geheul inzwischen zu einem Geschniefe geworden war. »Also sucht ihr nach einem weiteren.«
»Wie konnten …«, die Augen der Sergeantin wanderten verwirrt durch den Korridor. »Wie konnten Sie das geschehen lassen, Madame?«
Quinns Gesicht wurde zu einer unbewegten, ausdruckslosen Maske. »Wegen ihr werde ich keinen Schußwechsel beginnen.«
Die große klauenbewehrte Hand der Sergeantin zuckte verwirrt, aber es kam keine Kritik an ihrer Vorgesetzten über ihre Lippen.
»Wir sollten dann lieber die letzte finden, bevor etwas Schlimmeres passiert.«
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»Machen Sie weiter, Sergeantin. Ihr vier, helft ihr«, sagte Quinn mit einer Geste an ihre jetzt unbeschäftigten Wachen. »Melden Sie sich im Besprechungsraum, wenn Sie wieder alle beisammen haben, Taura.«
Taura nickte, schickte die Kämpfer die verschiedenen Querkorridore hinab und rannte selbst auf das nächste Liftrohr zu. Ihre Nasenflügel bebten, sie schien nach ihrer Beute zu schnüffeln.
Quinn drehte sich auf dem Absatz um und murmelte: »Ich muß zu der Besprechung. Herausfinden, was passiert ist …«
»Ich … bringe sie zurück zur Unterkunft der Klons,
Quinn«, meldete sich Mark und nickte in Richtung auf das blonde Mädchen.
Quinn schaute ihn mißtrauisch an.
»Bitte. Ich möchte es.«
Sie blickte auf die Luke, wo das eurasische Mädchen verschwunden war, und dann wieder auf sein Gesicht. Er wußte nicht, wie sein Gesicht aussah, aber sie holte Luft. »Weißt du, seit wir Station Fell verlassen haben, bin ich die Aufzeichnungen über die Landemission ein paarmal durchgegangen. Ich hatte … noch nicht die Gelegenheit gehabt, es dir zu sagen. Als wir an Bord von Kimuras Landeshuttle kletterten und du dich da schützend vor mich gestellt hast, wußtest du da, wieviel Energie dein Plasmaspiegelfeld noch hatte?«
»Nein. Das heißt, ich wußte schon, daß ich in den Tunneln eine Menge Treffer abbekommen hatte.«
»Ein Treffer war noch frei. Hätte es noch einen Treffer mehr abbekommen, dann hätte es seinen Geist aufgegeben. Zwei Treffer mehr, und du wärst geröstet worden.«
»So?«
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Sie blickte ihn mit gerunzelter Stirn an, als versuchte sie noch zu entscheiden, ob sie ihm Mut oder einfach Dummheit zuschreiben sollte. »Nun ja, ich dachte, es würde dich interessieren. Etwas, das du vielleicht wissen wolltest.« Sie zögerte. »Meine Energiezelle war schon auf Null entladen. Falls du also wirklich mit Baron Bharaputra Punkte zählst, dann kannst du auf deiner Seite wieder auf fünfzig erhöhen.«
Er wußte nicht, welche Antwort sie von ihm erwartete. Schließlich seufzte Quinn und sagte: »In Ordnung. Du kannst sie begleiten.
Wenn du dich dadurch besser fühlst.« Sie ging in Richtung auf den Besprechungsraum davon. Dabei wirkte ihr Gesicht gequält.
Mark wandte sich um und nahm das blonde Mädchen sehr sanft am Arm. Die Kleine zuckte zurück und blinzelte mit den großen blauen Augen, in denen Tränen standen. Auch wenn er sehr gut wußte – keiner besser als er –, wie planmäßig ihre Gesichtszüge und ihr Körper gestaltet worden waren, so war die Wirkung immer noch überwältigend: Schönheit und Unschuld, Sexualität und Angst mischten sich zu einem berauschenden Trank. Sie sah aus wie eine reife Zwanzigjährige auf dem Höhepunkt
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