Vorkosigan 12 Viren des Vergessens
noch keine gefunden.« Gregor nickte mitfühlend. »Du hast doch die wirklichen Untersuchungen erst begonnen.« »Ja.« Miles zögerte. »Die ganze Angelegenheit ist viel größer und komplizierter geworden, als ich damals erwartet hatte, wo ich bloß stinksauer war über die Art, wie der KBS mit Illyans medizinischer Behandlung umging. Jetzt ist es kein Witz mehr. Bist du dir sicher, daß du … nicht einen wirklichen Auditor auf den Fall ansetzen möchtest? Vorhovis zum Beispiel?« »Vorhovis ist immer noch auf Komarr. Es würde eine Woche dauern, ihn zurückzurufen. Und ich möchte, daß er dort bleibt.« »Oder einen von den anderen?« »Was heißt das? Hast du Schiß?« Gregor musterte Miles mit zusammengekniffenen Augen. »Möchtest du, daß ich dich von deinem Amt entbinde?« Miles öffnete den Mund, dann machte er ihn wieder zu, schließlich sagte er: »Ich dachte, du solltest eine Chance haben, deine Meinung zu ändern.« »Verstehe.« Gregor saugte an seiner Unterlippe. »Danke, Lord Vorkosigan. Doch die Antwort ist: nein.« Ich hoffe, du machst jetzt nicht einen großen Fehler, Gregor.
Doch Miles sagte es nicht laut.
Endlich kam der Kaffee, den Gregor bei Miles’ Eintreffen bestellt hatte. Das Tablett trug aber nicht Gregors Haushofmeister, sondern Lady Vorpatril höchstselbst. Sie hatte Laisa Toscane im Schlepptau. Gregors Gesicht erhellte sich.
»Seid ihr bereit zu einer Pause, meine Herren?«, erkundigte sich Lady Alys, setzte das Tablett schwungvoll ab und runzelte die Stirn, als sie Miles’ Stiefel sah. Er entfernte seine Füße hastig vom Tisch und setzte sich aufrecht hin.
»Ja«, erwiderte Gregor und streckte die Hand Laisa entgegen.
Sie nahm sie und setzte sich – an ihn gekuschelt – neben ihn. Miles spürte flüchtig, wie der Neid ihn stach.
»Wir sind genaugenommen schon fertig, glaube ich«, fügte er hinzu. »Für heute.« Mein Bericht besteht darin, daß es nichts zu berichten gibt. Basta.
Laisas Lippen deuteten ein besorgtes und etwas seltsames Lächeln an. »Gregor und Lady Alys haben mir von Illyan erzählt.
Vermutlich sollte es mir … leid tun? Nein, das ist nicht das richtige Wort. Ich sollte erschrocken sein, daß eine solche Ikone gefallen ist. Für uns auf Komarr war er eine solche Legende. Und als ich ihm endlich begegnet bin, da schien er mir nur ein gewöhnlicher Zeitgenosse zu sein.« »Kaum das«, bemerkte Lady Alys.
»Nun, nicht wirklich gewöhnlich, aber das schien der Eindruck zu sein, den er einem vermitteln wollte. So ruhig. Er war nicht … was ich erwartet hatte.« Kein Monster? Laisa war eine höfliche Komarranerin; das mußte man ihr zugestehen. »Echte Monster«, bemerkte Miles, »sind oft bloß gewöhnliche Männer. Sie sind nur in ihrem Denken stärker verwirrt. Illyan war einer der am wenigsten verwirrten Menschen, die ich kenne.« Laisa errötete leicht. An ihr sah das gut aus. Sie räusperte sich und redete weiter. »Wir sind eigentlich aus einem bestimmten Grund gekommen, Lord Vorkosigan.« »Sie dürfen mich privat ruhig Miles nennen.« Sie warf Gregor einen fragenden Blick zu. Er nickte. »Miles«, fuhr sie fort. »Lady Alys hat vorgeschlagen, nächste Woche hier in der Residenz einen Empfang mit Tanz abzuhalten, für Gregors und meine besonderen Freunde. Zur Abwechslung einmal etwas ohne politische Aspekte.« Das wünschst du dir zumindest. Doch Lady Alys nickte bestätigend. Wenn nicht politisches, so stand gewiß gesellschaftliches Kalkül dahinter. War es eine Belohnung dafür, daß Laisa so hart daran arbeitete, ein guter Vor-Lehrling zu sein?
»Wollen Sie nicht kommen, Lo… Miles, sofern es Ihre Pflichten erlauben? Als ein Freund von uns beiden.« Miles machte im Sitzen eine halbe Verneigung vor seiner zukünftigen Kaiserin. »Sofern es meine Pflichten erlauben, wird es mir eine Ehre sein.« Wahrscheinlich würde er Zeit haben, da er immer noch auf die galaktischen Berichte wartete.
»Und Sie können natürlich gerne einen Gast mitbringen«, fügte Laisa hinzu. Sie schaute wieder auf Gregor, und die beiden lächelten einander auf diese vertrauliche Art an, die zum Verrücktwerden war. »Haben Sie eine ständige …« – sie suchte nach einem passenden barryaranischen Begriff – »Begleiterin?« »Zur Zeit nicht.« »Hm.« Sie schaute ihn abwägend an; Gregor drückte ihre Hand, die er immer noch hielt. Wenn sie eine jüngere Schwester gehabt hätte, hätte Miles genau gewußt, wie dieser Blick zu interpretieren war. Liebe, so schien es,
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