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Vorkosigan 12 Viren des Vergessens

Vorkosigan 12 Viren des Vergessens

Titel: Vorkosigan 12 Viren des Vergessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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schachbrettartigen Pflaster zurückzuhalten. Er unterdrückte einen leichten Schauder, wandte sich dann nach rechts und begann einen langsamen Rundgang durch das Gebäude.
    Der Teppich im nächsten Raum dämpfte das einsame Trappen seiner Stiefelschritte. Das gesamte verbliebene Mobiliar – etwa die Hälfte schien zu fehlen – war mit gespenstisch weißen Laken abgedeckt. Miles ging durch das gesamte Erdgeschoß. Alles kam ihm hier größer und zugleich kleiner vor, als er es in Erinnerung hatte, ein verwirrendes Paradoxon.
    Er schaute in die Garage, die das ganze Kellergeschoß des Ostflügels einnahm. Sein Leichtflieger war ordentlich in einer Ecke abgestellt. In einer anderen stand eine Barkasse von einem gepanzerten Bodenwagen, blank poliert und luxuriös, aber älteren Datums. Miles mußte an seine Kampfrüstung denken. Wahrscheinlich sollte ich weder fahren noch fliegen, bis dieser verdammte Defekt in meinem Kopf behoben ist. Im Leichtflieger würde er bei einem Anfall sein Leben riskieren; in der Landbarkasse das Leben eines jeden anderen auf der Straße. Im letzten Winter, bevor er überzeugt gewesen war, daß er wie versprochen gesund würde, war er wirklich gut darin geworden, sich scheinbar beiläufig eine Mitfahrgelegenheit zu erschnorren.
    Er stieg über eine der Hintertreppen zu der riesigen Küche im Tiefparterre hinauf. In seinen Kindertagen war sie immer ein lu krativer Ort für Leckerbissen und Gesellschaft gewesen, voller interessanter, geschäftiger Menschen wie Köchinnen, Gefolgsleuten und Dienern, manchmal sogar für einen hungrigen kaiserlichen Regenten, der auf der Suche nach einem Imbiß hier vorbeikam. Einige Utensilien waren geblieben, aber alle Lebensmittel hatte man fortgeschafft. In den Speisekammern, dem zimmergroßen Gefrierraum und den Kühlschränken, die lauwarm und abgeschaltet waren, war nichts mehr zu finden.
    Miles setzte den kleinsten Kühlschrank wieder in Gang. Falls er sehr lange hierbleiben sollte, würde er Lebensmittel besorgen müssen. Oder einen Diener. Ein einziger Diener würde sicher ausreichen. Doch er wollte keinen Fremden hier drin haben … vielleicht könnte er einen der kürzlich pensionierten Männer, die in der Nähe im Ruhestand lebten, dazu überreden, für ein paar Tage wieder herzukommen. Aber vielleicht blieb er gar nicht lange. Vielleicht würde er sich Fertiggerichte kaufen – keine Armeeprodukte, nein danke. Im klimakontrollierten Keller gab es noch eine eindrucksvolle Sammlung von Weinen und Spirituosen, die dort ungestört alterten. Das Schloß des Weinkellers öffnete sich bereitwillig seiner Vorkosigan-Handfläche. Er nahm sich zwei Flaschen eines besonders süffigen Rotweins mit, die in den Tagen seines Großvaters hier deponiert worden waren.
    Miles machte sich nicht die Mühe, das Liftrohr einzuschalten, sondern schleppte beide Flaschen und die Reisetasche über die geschwungene Treppe in sein Schlafzimmer im zweiten Stock des Seitenflügels hoch, von wo aus man einen Blick auf den Garten hinter dem Gebäude hatte. Diesmal aktivierte er mit einem Ruf die Beleuchtung, denn inzwischen war es richtig Nacht geworden, und vom Herumstolpern im Dunkeln drohte jetzt mehr Gefahr als nur melancholische Beklemmung. Das Zimmer sah noch genauso aus wie damals, als er es verlassen hatte … lag das erst vier Monate zurück? Zu ordentlich und sauber; seit langer Zeit hatte hier niemand mehr gewohnt. Nun, Lord Vorkosigan war vergangenen Winter hier für längere Zeit eingezogen, aber damals war er nicht in der Verfassung gewesen, viele Wellen zu schlagen.
    Ich könnte mir etwas zu essen kommen lassen. Und es mit dem Wächter am Tor teilen. Aber in Wirklichkeit war er nicht so hungrig.
    Ich könnte alles tun, was ich will. Überhaupt alles.
    Außer dem einen und einzigen, was er wollte: noch heute nacht auf dem schnellsten verfügbaren Sprungschiff nach Escobar abreisen, oder zu einem medizinisch ebenso fortgeschrittenen galaktischen Medizindepot. Er knurrte wortlos. Statt abzureisen packte er seine Reisetasche aus und räumte alles ordentlich weg, streifte die Stiefel ab, hängte seine Uniform auf und schlüpfte in einen bequemen alten Schiffsstrickanzug.
    Er setzte sich auf sein Bett und goß etwas Wein in sein Zahnputzglas. Auf dem Weg zur letzten Mission mit den Dendarii hatte er Alkohol und jede andere möglich Droge oder drogenähnliche Substanz gemieden; für die seltenen und unberechenbaren Anfälle schien es keinen Unterschied zu bedeuten. Wenn er

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