Vorkosigan 12 Viren des Vergessens
dann hätte es meine Ärztin bei den Dendarii schon längst getan –, so würde das … nichts ändern.« Illyan wird mich nicht zurücknehmen. Er kann es nicht. Es ist eine Frage des Prinzips, und Illyan ist einer der prinzipientreuesten Menschen, die ich kenne.
»Ich habe mich gefragt … ob es daran lag, daß du nicht ins Militärkrankenhaus gehen wolltest«, sagte Ivan. »Weil du nichts mit den Militärärzten zu tun haben wolltest. Wenn das der Fall ist, dann verstehe ich es vermutlich – ich glaube, daß du in dieser Hinsicht dumm bist, wohlgemerkt, aber ich kann dich verstehen.
Deshalb habe ich drei verschiedene zivile Kliniken herausgesucht, die auf Fälle von Kryo-Wiederbelebung spezialisiert sind und anscheinend einen guten Ruf haben. Eine ist hier in Vorbarr Sultana, eine weitere drüben in Weienovya in Vordarians Distrikt, und die dritte auf Komarr, falls du meinst, daß die Nähe zur galaktischen Medizin ein Vorteil sei, der alle dort noch nach wirkende Animosität gegen deinen Namen aufwiegen würde.
Möchtest du, daß ich mit einer davon einen Termin ausmache?« Miles glaubte, aufgrund seiner Suche damals die Namen der drei Kliniken zu kennen. »Nein, danke.« Ivan lehnte sich zurück und verzog verwirrt den Mund. »Weißt du … ich hatte mir vorgestellt, daß du das als erstes tun würdest, sobald das kleine Bad im Eiswasser dich wieder aus dem Nebel geholt hätte. Daß du dich auf die Beine machen und losrennen würdest, genau wie immer. Ich habe dich noch nie vor einer Mauer gesehen, bei der du – wenn du sie nicht überklettern konntest – nicht versuchen würdest, einen Weg drumherum, hindurch oder darunter hinweg zu suchen oder sie mit einer Sprengladung in die Luft zu jagen. Oder einfach mit deinem Kopf dagegenzuknallen, bis sie umstürzt. Und dann würde man mir es anhängen, dich zu jagen. Aufs neue.« »Wohin rennen, Ivan?« Ivan machte eine Grimasse. »Zurück zu den Dendarii, natürlich.« »Du weißt, daß ich das nicht kann. Ohne meine offizielle Position im KBS unter vorschriftsmäßiger kaiserlicher Autorität werde ich mit meinem Kommando über die Dendarii zu einem Vor-Lord, zu einem Grafenerben noch dazu, der eine Privatarmee unterhält. Verrat, Ivan, Hochverrat. Das haben wir doch alles schon früher durchgekaut. Wenn ich fortginge, könnte ich nie wieder zurückkommen. Ich habe Gregor mein Wort gegeben, daß ich das nicht tun würde.« »So?«, fragte Ivan. »Wenn du nicht zurückkommst, was hat dann dein Wort als Vorkosigan noch mit irgend etwas zu tun?« Miles saß stumm da. Also, diese Geschichte, daß Ivan ihm im Palais Vorkosigan auf der Pelle gehockt war, war nicht nur eine Totenwache gewesen, sondern ebenso eine Fluchtwache.
»Ich hätte jede Summe gewettet, daß du abhauen würdest«, fuhr Ivan fort, »wenn es jemanden mit einer entsprechend hohen Sicherheitseinstufung gegeben hätte, mit dem ich hätte wetten können. Außer Galeni natürlich, und er ist nicht der Typ, der wettet. Deshalb habe ich mir trotz Gregor und Mutter Zeit gelassen, dich damit zu triezen, daß du dir deinen Kopf behandeln läßt.
Warum soll ich mir unnötigen Ärger einhandeln? Das ist übrigens eine Wette, die ich gern verliere. Also, wann machst du jetzt endlich einen Termin?« »Hm … Bald.« »Das ist zu vage«, widersprach Ivan. »Ich möchte eine konkrete Antwort. Etwa Heute. Oder vielleicht Morgen vormittag.« Ivan würde nicht ablassen, bis er eine Antwort aus Miles herausgeholt hätte, die ihn zufriedenstellte. »Bis … Ende der Woche«, brachte Miles hervor.
»Gut.« Ivan nickte kurz. »Am Ende der Woche werde ich darauf zurückkommen und erwarte dann alles zu erfahren. Tschüss –einstweilen.« Er unterbrach die Verbindung.
Miles saß da und starrte auf die leere Vid-Scheibe. Ivan hatte recht. Seit seiner Entlassung hatte Miles nichts mehr in Richtung Behandlung unternommen. Als er von seinen Sicherheitsbeschränkungen durch den KBS befreit worden war, warum hatte er sich nicht diesen Anfällen gewidmet, sie attackiert, auseinandergenommen oder wenigstens einem glücklosen Medizinmann so hart zugesetzt, wie er je den Dendarii-Söldnern zugesetzt hatte, damit sie ihre Missionen erfolgreich beendeten?
Um Zeit zu schinden.
Er wußte, dies war die richtige Antwort, aber sie stellte ihm nur neue Rätsel über sich selbst. Zeit wofür?
Sich in einem selbstverursachten medizinischen Urlaub zu befinden erlaubte ihm, gewissen unangenehmen Realitäten aus dem Weg zu gehen. Wie
Weitere Kostenlose Bücher