Vorkosigan 12 Viren des Vergessens
doch hier, nicht war?«, versetzte Miles etwas pikiert.
Schnell hatte er sich wieder unter Kontrolle. »Also … sind Sie wieder im Dienst, oder?« »Ein paar Wochen werde ich jetzt Schreibdienst im HQ schieben, nach der Sache da.« Vorbergs vages Nicken wies auf die Zeremonie, die gerade zu Ende gegangen war. »Eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Ich verstehe nicht, warum meine Beine nicht zu Ende heilen können, während ich auf Reisen bin, aber offensichtlich denken die Ärzte, ich sollte mit vollem Tempo fortlaufen können, falls nötig.« »Das stimmt«, gab Miles wehmütig zu. »Wenn ich selbst nur ein wenig schneller gelaufen wäre …« Er brach den Satz ab.
Zum ersten Mal schien Vorberg Miles’ einfache Zivilkleidung wahrzunehmen. »Sind Sie auch in Genesungsurlaub?« »Ich bin aus medizinischen Gründen entlassen worden«, sagte Miles knapp.
»Oh.« Vorberg war so anständig, verlegen dreinzuschauen.
»Aber – ich dachte, Sie hätten so etwas wie eine besondere Ausnahmegenehmigung von … hm … ganz oben.« Vorberg mochte nur unklare Vorstellungen haben, wer Miles war, aber er wußte genau, wer Miles’ Vater war.
»Sie ist abgelaufen. Dank einer Nadelgranate.« »Autsch«, machte Vorberg. »Das klingt ja noch unangenehmer als Plasmafeuer. Tut mir leid, das zu hören. Was haben Sie denn jetzt vor?« »Ich weiß es noch nicht wirklich.« »Gehen Sie zurück in Ihren Distrikt?« »Nein … ich habe … äh … gesellschaftliche Pflichten, die mich für eine Weile in Vorbarr Sultana festhalten.« Die allgemeine Bekanntmachung von Gregors Verlobung war noch nicht erfolgt; zweifellos würde irgendwann etwas durchsickern, aber Miles war entschlossen, nicht die Quelle dafür abzugeben. Im Hauptquartier des KBS würde es wie in einem Bienenstock zugehen, wenn die Hochzeitsvorbereitungen einmal auf vollen Touren waren. Wenn Miles noch dort arbeiten würde, wäre jetzt eine wunderbare Zeit, um eine ausgedehnte und sehr ferne galaktische Mission zu beantragen. Doch er konnte Vorberg nicht gut warnen. »Palais Vorkosigan ist mir … Heimat genug.« »Vielleicht schaue ich einmal vorbei. Viel Glück!« »Ihnen auch!« Miles salutierte wie ein Analytiker und ging weiter. Vorberg erwiderte natürlich gegenüber einem Zivilisten den militärischen Gruß nicht, sondern nickte lediglich höflich.
Gregors Haushofmeister geleitete Miles zu einer weiteren Gartenparty, bei der allerdings diesmal das Pferd fehlte und die nicht so intim war wie letztes Mal. Gregors enger Freund Graf Henry Vorvolk und dessen Gräfin waren zugegen, dazu ein paar andere alte Freunde des Kaisers. Der gesellschaftliche Zweck des Nachmittags schien zu sein, die zukünftige Braut dem engsten Kreis der Bekannten des Kaisers vorzustellen, außerhalb der Pflegefamilie, die von Alys, Miles und Ivan repräsentiert wurde.
Gregor traf ein bißchen spät ein; offensichtlich hatte er sich gerade der Paradeuniform der morgendlichen Ordenszeremonie entledigt.
Drou Koudelka, Delias Mutter, führte an Stelle der abwesenden Alys fröhlich den Vorsitz. Drou war in Gregors Kindheit dessen Leibwächterin gewesen, bevor sie Koudelka geheiratet hatte, und sie hatte auch Sicherheitsfunktionen für Miles’ Mutter erfüllt.
Wie Miles erkannte, war Gregor besorgt, ob Drou und Laisa gut miteinander auskamen.
Gregor hätte sich keine Sorgen machen müssen. Madame Koudelka, die über immense Erfahrung im gesellschaftlichen Leben von Vorbarr Sultana verfügte, kam mit allen gut zurecht. Als genaue Beobachterin der Vor, zu denen sie jedoch nicht gehörte, war sie sehr gut geeignet, um Laisa private Ratschläge zu geben, was Gregors Idee zu sein schien.
Auch Laisa machte ihre Sache gut, wie üblich. Sie hatte die Instinkte einer Botschafterin, war aufmerksam und machte nie denselben Fehler zweimal. Vielleicht wäre es etwas optimistisch gewesen, wenn man sie im Slum einer barryaranischen Stadt oder im fernen Hinterland abgesetzt und dann erwartet hätte, daß sie überlebte, aber es war deutlich, daß sie mit Barrayars Nahtstelle zur galaktischen Zivilisation recht gut umgehen konnte.
Trotz des Zwecks der Party gelang es Gregor, seine Verlobte eine Weile für sich zu haben, als nach einem kaiserlichen Wink mit dem Zaunpfahl die Gruppe zu einem Verdauungsspaziergang im Residenzgelände aufbrach. Miles schlug sich mit Delia Koudelka seitwärts; sie setzten sich auf eine Bank, von der aus man einen Überblick über den geometrisch gestalteten Teil des Gartens hatte, und
Weitere Kostenlose Bücher