Vorkosigan 12 Viren des Vergessens
hat mich persönlich aufgesucht, um mich seiner persönlichen und dienstlichen Unterstützung zu versichern – diese Redewendung von wegen Unterstützung taucht ständig auf. Sehe ich aus, als würde ich gleich ohnmächtig? Ich konnte nicht erkennen, ob es ihn erfreut oder erschreckt hat, aber Illyan ist ja manchmal schwer zu durchschauen.« »Nicht so schwer. Ich würde sagen, er war persönlich erfreut und dienstlich erschrocken.« »Er regte an, ich solle alles tun, was ich könnte, um die Rückkehr deiner Frau Mutter vor der Verlobung zu bewerkstelligen, um – wie er es formulierte – ihren Einfluß Lady Alys zur Verfügung zu stellen. Ich frage mich, ob du dich nicht bei ihr zu unseren Gunsten verwenden könntest, Miles. Sie ist so schwer von deinem Vater zu trennen.« »Ich werde es versuchen. Eigentlich wäre wahrscheinlich schon eine Wurmlochblockade nötig, um sie abzuhalten.« Gregor grinste. »Meinen Glückwunsch auch für dich, Miles.
Dein Vater brauchte vor dir eine ganze Armee dafür, aber du hast die Geschichte Barrayars einfach mit einer Einladung zu einem Diner verändert.« Miles hob hilflos die Schultern. Du lieber Himmel, wird mich jeder dafür verantwortlich machen? Und für alles, das daraus noch folgt? »Versuchen wir doch, daraus nichts Historisches zu machen? Ich glaube, wir sollten anhaltende heimische Langeweile anstreben.« »Von ganzem Herzen«, stimmte Gregor zu. Er salutierte fröhlich und schaltete ab.
Miles ließ den Kopf auf den Tisch sinken und stöhnte. »Es ist nicht meine Schuld!« »Doch«, sagte Ivan. »Es war alles deine Idee. Ich war dabei, als du sie dir ausgedacht hast.« »Nein, war es nicht. Es war deine Idee. Du warst es, der mich gezwungen hat, an diesem verdammten Staatsdiner teilzunehmen.« »Ich habe nur dich eingeladen. Galeni hast du eingeladen. Und im übrigen hat meine Mutter mich gezwungen.« »Oh, dann ist also alles ihre Schuld. Gut. Damit kann ich leben.« Ivan zuckte zustimmend die Achseln. »Na, sollten wir nicht auf das glückliche Paar anstoßen? Es gibt Flaschen in deinem Keller, auf denen sitzt mehr Staub als auf einem alten Vor.« Miles überdachte es. »Ja, gehen wir auf Entdeckungsreise.« Als sie vor den Weinregalen im Keller standen und Ivan gerade Miles’ schüchternen Vorschlag, nach Tisch Ahornmet zu trinken, heftig abgelehnt hatte, fügte er schweren Herzens hinzu: »Glaubst du, Galeni wird etwas tun, das er bereuen würde? Oder das wir bereuen würden?« Miles zögerte lange, bevor er sagte: »Nein.«
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Kapitel 13
Seine Drohung, Miles weiterhin wegen der medizinischen Behandlung oder deren Unterlassung zu triezen, setzte Ivan nicht in die Tat um, denn Lady Alys zwang ihn, ihr bei den Vorbereitungen für ihre Abreise nach Komarr zu helfen. Sie schaute kurz im Palais Vorkosigan vorbei und lud dort etliche Kilo historischer Werke mit Hinweisen auf frühere kaiserliche Hochzeiten ab, zusammen mit dem Befehl an Miles, sich kundig zu machen. Nach ihrer Rückkehr würde sie zweifellos eine lange Liste mitbringen, mit Aufgaben für jedermann, bei Ivan angefangen. Und der nächste nach Ivan war Miles.
Miles blätterte mit einem gewissen Schrecken in den alten Büchern. Wie viele dieser staubigen Zeremonien würde man aus dem Museum hervorholen? Vierzig Jahre waren vergangen seit der letzten kaiserlichen Hochzeit zwischen Prinz Serg glorreichen bzw. zweifelhaften Andenkens und der vom Unglück verfolgten Prinzessin Kareen. Damals hatte ein Zirkus monumentalen Ausmaßes stattgefunden, obwohl Serg nur der Erbe gewesen war, nicht der regierende Kaiser. Doch Miles vermutete, daß eine solche Erneuerung ihrer Formen die dahinschwindende Identität der Vor als Klasse stärken würde. Vielleicht würde eine wohlgeplante und gut durchgeführte Zeremonie als eine Art gesellschaftlicher Immunsuppressor dienen, um die Vor davon abzuhalten, das transplantierte komarranische Gewebe abzustoßen. Alys schien dies sicherlich zu glauben, und sie sollte es wissen, denn die Vorpatrils waren so alte Vor, wie es nur ging.
Deprimiert überdachte Miles seine zukünftigen Pflichten. Vermutlich war die Rolle des Beistandes durch den Kaiser bei dessen Hochzeit politisch wie gesellschaftlich wichtig, angesichts des Ausmaßes, in dem die beiden Aspekte sich in Vorbarr Sultana vermischen konnten, aber er kam sich trotzdem dabei etwa so nützlich vor wie eine Gipsstatue im Garten, die einen Leuchter hochhielt. Nun ja … die Pflicht hatte ihm früher schon viel
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