Vorkosigan 12 Viren des Vergessens
ernst an.
Das ist nicht gut ausgegangen.
Nach seiner Rückkehr in das Palais Vorkosigan schloß er sich als erstes in sein Schlafzimmer ein und rief Gregor an. Es dauerte fünfundvierzig Minuten, bis er durchkam. Wenn es fünfundvierzig Stunden gedauert hätte, so hätte er genauso darauf beharrt.
»Gregor«, begann Miles ohne Einleitung, als das Gesicht seines Kaisers über der Vid-Scheibe erschien. »Was, zum Teufel, ist mit Illyan los?« »Woher hast du davon erfahren?«, fragte Gregor und wiederholte damit, ohne es zu wissen, Haroches Worte. Er sah besorgt aus.
Miles gab ihm eine Zusammenfassung von lllyans Anruf und seinem Anruf bei Haroche vor zwei Tagen. Galeni ließ er wieder aus dem Spiel. »Und was ist dann passiert? Offensichtlich ist etwas passiert.« Gregor gab ihm eine kurze Zusammenfassung von lllyans Zusammenbruch, ohne die quälenden Details, die Galeni geschildert hatte. »Haroche hat ihn in die Klinik des KBS eingewiesen, was unter diesen Umständen sinnvoll ist.« »Ja, ich habe heute morgen versucht, Illyan zu besuchen. Haroche wollte mich nicht zu ihm lassen.« »Man kann alle Geräte oder Experten, die gebraucht werden, zu ihm bringen. Ich habe persönlich Mittel und Vollmachten für alles erteilt, was Haroche anfordern möchte.« »Gregor, laß das mal einen Moment. Haroche wollte mich nicht hineinlassen. Um Illyan zu besuchen.« In einer Geste der Frustration spreizte Gregor die Finger. »Miles, gönne dem Mann doch eine Pause. Er hat alle Hände voll zu tun, wo er doch plötzlich Illyans gesamte Pflichten übernehmen und seine eigene Abteilung der Verwaltung seines Stellvertreters übergeben mußte – gib ihm doch ein paar Tage Zeit, sich einzurichten, ohne ihn ständig mit dem Ellbogen zu stoßen, bitte.
Wenn er sich wieder als Herr der Lage sieht, dann wird er sich gewiß entspannen. Du mußt zugeben, Simon wäre der erste, der bei so einem Notfall eine vorsichtige Vorgehensweise billigen würde.« »Stimmt. Simon würde es vorziehen, in den Händen von Leuten zu sein, denen Sicherheit wirklich wichtig ist. Aber allmählich glaube ich, ich würde es vorziehen, wenn es Anzeichen gäbe, daß er in den Händen von Leuten ist, denen Simon Illyan wirklich wichtig ist.« Er erinnerte sich an den nachklingenden Alptraum seines eigenen Anfalls von Amnesie nach der Kryo-Wiederbelebung. Das war eine der schrecklichsten Phasen seines Lebens gewesen: so sehr seine Erinnerungen verloren zu haben, sich selbst … erlebte Illyan im Augenblick etwas Ähnliches? Oder etwas noch Groteskeres? Miles war unter Fremden verloren gewesen. Illyan schien unter Leuten verloren zu sein, die seine Freunde hätten sein sollen.
Miles seufzte. »In Ordnung. Ich lasse den armen Haroche in Ruhe. Gott weiß, ich beneide ihn nicht um seinen Job. Aber würdest du mich über die medizinischen Bulletins auf dem laufenden halten? Ich finde dies alles … so unerwartet entsetzlich.« Gregor schaute ihn mitfühlend an. »Illyan war wirklich für dich ein Mentor, nicht wahr?« »Auf seine eigene herbe und fordernde Weise schon. Es war eine ausgezeichnete Weise, im Rückblick gesehen. Aber davor … hat er meinem Vater dreißig Jahre lang gedient, mein ganzes Leben lang. Bis ich achtzehn war, hatte ich ihn ›Onkel Simon‹ genannt, bis ich zur Militärakademie zugelassen wurde. Von da an habe ich einfach ›Sir‹ zu ihm gesagt. Damals hatte er keine überlebenden Familienangehörigen mehr, und sein Job und – wie ich allmählich meine – dieser verdammte Chip in seinem Kopf haben jede Chance zunichte gemacht, sich eine neue Familie aufzubauen.« »Ich wußte noch gar nicht, daß du ihn für eine Art Pflegevater gehalten hast, Miles.« Miles hob die Schultern. »Auf jeden Fall für einen Pflegeonkel.
Es ist … eine Familienangelegenheit. Und ich bin ein Vor.« »Schön zu hören, daß du das zugibst«, murmelte Gregor.
»Manchmal fragt man sich, ob du dir dieser Tatsache bewußt bist.« Miles errötete. »Was ich Illyan schulde, gilt einem Mann, der irgendwo zwischen einem Pflegeonkel und einem Gefolgsmann der Familie steht … und ich bin im Augenblick der einzige Vorkosigan auf dem Planeten. Es kommt mir vor … nein, es ist meine Verantwortung.« »Die Vorkosigans waren immer äußerst loyal«, räumte Gregor ein.
»Das wird so etwas wie eine Gewohnheit.« Gregor seufzte. »Natürlich werde ich dich auf dem laufenden halten.« »Einmal täglich? Haroche wird dir einmal täglich bei deiner morgendlichen
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