Vorkosigan 15 Ein friedlicher Angriffsplan
und räusperte sich. Gib auf deinen Ton Acht, alter Junge. Es geht um Geschäfte! »Warum kommen Sie nicht morgen ins Palais Vorkosigan und schauen sich den Platz mit eigenen Augen an, um zu sehen, auf welche Ideen er Sie bringt. Nur von einem Plan auf einer Folie allein lässt sich noch nichts sagen. Danach können wir ein Mittagessen einnehmen und über die Probleme und Möglichkeiten reden, die Sie sehen. Klingt das nicht logisch?«
Sie blinzelte. »Ja. sehr logisch.« Ihre Hand kroch
neugierig auf die Folie zurück.
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»Um wie viel Uhr darf ich Sie abholen?«
»Wann immer es Ihnen passt, Lord Vorkosigan. Oh, ich
muss mich korrigieren. Wenn es erst nach 12 Uhr ist, dann ist meine Tante von ihrem Vormittagsunterricht zurück und Nikki kann bei ihr bleiben.«
»Ausgezeichnet!« Ja, so sehr er auch Ekaterins Sohn
mochte, konnte er doch auf die Unterstützung eines aktiven Neunjährigen bei diesem heiklen Tanz verzichten. »Also um 12 Uhr. Abgemacht.« Nur ein ganz kleines bisschen verspätet fügte er hinzu: »Und wie gefällt Vorbarr Sultana Nikki bis jetzt?«
»Er scheint sein Zimmer und dieses Haus zu mögen. Ich glaube, er wird sich ein wenig langweilen, wenn er warten muss, bis er in der Schule Jungen seines Alters trifft.«
Es würde nicht funktionieren, wenn er Nikolai
Vorsoisson aus seinen Überlegungen ausschloss! »Dem
entnehme ich, dass die Retrogene angeschlagen haben und bei ihm nicht mehr die Gefahr besteht, die Symptome von Vorzohns Dystrophie zu entwickeln.«
Ein Lächeln tiefer mütterlicher Befriedigung ließ ihr Gesicht weich werden. »Das stimmt. Ich bin so froh. Die Ärzte in der Klinik hier in Vorbarr Sultana sagen, dass bei ihm die Retrogene sehr sauber und vollständig von den Zellen aufgenommen wurden. Der Entwicklung nach sollte es so sein, als hätte er die Mutation überhaupt nicht geerbt.« Sie blickte zu ihm hinüber. »Für mich ist das, als wäre mir eine Zentnerlast vom Herzen genommen. Ich glaube, ich könnte fliegen.«
Das sollten Sie auch.
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In diesem Augenblick kam Nikki aus dem Haus. Er trug
mit wichtiger Miene einen Teller mit Gebäck; ihm folgte die Professora mit einem Teetablett und Tassen. Miles und Ekaterin machten schnell auf dem Tisch Platz.
»Hallo, Nikki«, sagte Miles.
»Hallo, Lord Vorkosigan. Ist das Ihr Bodenwagen
draußen auf der Straße?«
»Ja.«
»Das ist ja ein alter Schlitten.« Diese Bemerkung war nicht spöttisch gemeint, es ging nur um einen Gegenstand des Interesses.
»Ich weiß. Es ist ein Überbleibsel aus der Zeit meines Vaters als Regent. Tatsächlich ist er gepanzert – und hat eine enorme Triebkraft.«
»Wirklich?« Nikkis Interesse nahm zu. »Ist jemals
darauf geschossen worden?«
»Auf diesen Wagen meines Wissens nicht.«
»Aha.«
Als Miles Nikki das letzte Mal gesehen hatte, war das Gesicht des Jungen ausdruckslos und blass vor Konzentration gewesen, als er die Kerze trug, um das Totenopfer seines Vaters zu entzünden, offensichtlich darum besorgt, seinen Teil der Zeremonie nur ja richtig zu erfüllen. Jetzt sah er viel besser aus, seine braunen Augen waren lebendig und sein Gesicht war wieder entspannt. Die Professora setzte sich und goss Tee ein, und das Gespräch wandte sich für eine Weile allgemeinen Themen zu.
Es wurde bald offensichtlich, dass Nikki sich mehr für
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das Essen als für den Besucher seiner Mutter interessierte; er lehnte den angebotenen Tee ab – allerdings geschmeichelt, weil man ihn da wie einen Erwachsenen behandelt hatte –, schnappte sich mit Erlaubnis seiner Großtante einige Plätzchen und entwich wieder nach drinnen zu den Dingen, mit denen er sich schon zuvor beschäftigt hatte. Miles versuchte sich zu erinnern, wie alt er gewesen war, als ihm die Freunde seiner Eltern nicht mehr wie Teile des Mobiliars vorgekommen waren. Nun ja, abgesehen von den Militärs im Gefolge seines Vaters, die immer seine Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hatten.
Aber Miles war schließlich verrückt aufs Militär gewesen, seit er laufen konnte. Nikki war verrückt auf Sprungschiffe und würde sich wahrscheinlich für einen Sprungpiloten begeistern. Vielleicht konnte Miles einmal einen mitbringen, um Nikki eine Freude zu machen. Natürlich nur einen glücklich verheirateten, korrigierte er sich in Gedanken.
Er hatte seinen Köder ausgelegt, Ekaterin hatte ihn
angenommen: es war Zeit zu gehen, während er noch
gewann. Aber er wusste, dass sie schon einen voreiligen Antrag zur
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