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Vorsätzlich verliebt

Vorsätzlich verliebt

Titel: Vorsätzlich verliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jill Mansell
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Stoßstange hat bereits eine Delle.«
    »Glaube mir, eine Delle im Auto ist nicht das Ende der Welt.«
    »Aber wenn du jemanden totfährst, dann
ist
es das Ende von dessen Welt. Warte hier.« Nur um sicher zu sein, beugte sich Erin in den Wagen und nahm die Autoschlüssel an sich. »Ich fahre dich. Gib mir zwei Minuten, um den Laden abzuschließen.«

36. Kapitel
    Zum Glück hatte der Wagen ein Automatikgetriebe, sonst hätte Erin sich ebenso dämlich hinter dem Steuer angestellt wie Stella. Während sie durch Roxborough fuhren, kam ihr der Gedanke, dass Stella möglicherweise gelogen haben könnte. Was, wenn das eine Falle war? Wenn Stella sie in ihr Haus locken wollte, um …
    Aber es war keine Falle, Erin wusste das. Stella hatte die Wahrheit gesagt.
    Allmächtiger,
Krebs
.
    »Ich habe das Gefühl, in Zeitlupe von einer Klippe zu stürzen«, sagte Stella. »Ich glaube, ich stehe unter Schock. Die Schmerzen und die Krämpfe, die ich hatte, das habe ich einfach ignoriert. Habe einfach mehr Schmerztabletten eingeworfen und mehr Wein getrunken. Ich dachte, ich fühle mich schlecht, weil meine Ehe am Ende ist. Das lag doch auf der Hand, oder nicht? Liebe tut weh. Du stellst fest, dass dich dein Ehemann betrügt, also fühlst du dich scheiße. Aber dann bin ich zu Dr. Harrison gegangen, damit er mir ein paar Glückspillen verschreibt. Weil ich abgenommen hatte, fing er an, bohrende Fragen zu stellen. Hier links abbiegen, es ist das Haus bei der zweiten Straßenlaterne, das mit der grünen Haustür.«
    Nachdem Stella erst einmal angefangen hatte, war sie wie ein Wasserhahn, der sich nicht wieder abdrehen ließ. Erin fuhr an den Straßenrand und stieg aus.
    »Dann meinte Dr. Harrison, nur um auf Nummer Sicher zu gehen, solle ich eine Computertomographie machen lassen, und damit er endlich Ruhe gibt, habe ich das am Montag machen lassen, und heute Nachmittag ging ich wieder zu ihm, damit er mir endlich mein Prozac verschreibt, und da hat er es mir gesagt. Ich habe Krebs. Das ergibt doch gar keinen Sinn, oder? So etwas passiert mir einfach nicht.« Ihre Hände zitterten so sehr, dass sie den Schlüssel nicht ins Schloss bekam.
    »Lass mich dir helfen.« Erin nahm ihr den Schlüssel ab, öffnete die Tür und trat zur Seite, damit Stella als Erste ins Haus konnte. Stella schluchzte laut auf, als Bing auf sie zugelaufen kam, sein schimmernder, felliger Körper so geschmeidig wie der einer Schlange. Stella nahm ihn in die Arme und brach vollends zusammen, während Bing, mit einem gleichgültigen Blick aus grünen Augen, teilnahmslos Erin anstarrte, als ob er sagen wollte: »Großer Gott, was ist jetzt wieder?«
    So waren Katzen eben. Zweifellos erduldete er die ganze Aufmerksamkeit nur, weil er sich fragte, was es gleich zum Tee gab.
    Eine Stunde später hatte Stella ihre Reisetasche gepackt, und sie fuhren zum Krankenhaus. So viel zu Listen, die einem das Gefühl von Kontrolle vermittelten. Während Erin fuhr, sagte Stella: »Ich habe Angst. Furchtbare Angst. Ist es in Ordnung, wenn ich Angst habe?«
    »Jeder hätte Angst. Das ist normal.«
    »Ich will zu meiner Mum.«
    »Wo ist sie? Möchtest du sie anrufen?«
    »Sie ist tot.« Stella wischte sich über die Augen. »Aber ich will sie trotzdem bei mir haben.«
    O Gott. Ein Kloß stieg Erin in den Hals.
    »Weißt du, das darf einfach nicht passieren. Ich will keinen Krebs haben. Ich will ein Baby.«
    Erin fühlte sich hilflos. »Tausende von Menschen bekommen Krebs und besiegen ihn. Du kannst hinterher immer noch ein Baby haben. Bei den heutigen Behandlungsmethoden können die praktisch alles heilen!«
    »Wer wird sich um Bing kümmern? Er wird sich fragen, wo ich bin.«
    »Ich lasse mir etwas einfallen, versprochen.« Am Krankenhaus angekommen, folgte Erin der Beschilderung, bis sie an den Eingang des Gebäudeblocks kamen, in dem die Onkologie untergebracht war. Sie hielt den Wagen an und meinte unbeholfen: »Tja, wir sind da.«
    Stella prüfte ihr Gesicht im Rückspiegel, entfernte Mascaraschlieren mit einem Taschentuch. Dann drehte sie sich zu Erin um und meinte noch unbeholfener: »Kommst du mit rein? Ich will nicht allein gehen.«
     
    Das Krankenhaus brachte eine Million Erinnerungen hoch, nur wenige davon glücklich. Erin hatte nach dem ersten Schlaganfall ihrer Mutter praktisch wochenlang auf dem Stuhl neben dem Bett ihrer Mutter gelebt. Danach war ihr Leben von endlosen Besuchen in der Schlaganfall-Rehaabteilung, der Physiotherapie und der Ambulanz geprägt.

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