Vorsatz und Begierde (German Edition)
nach halb 11. Sie bewohnt einen Bungalow bei Holt und ist persönliche Assistentin von Direktor Mair.«
»Wir wissen, wo sie wohnt, Sir. Und wir wissen, wer sie ist. Hat irgend jemand Sie kommen oder gehen sehen?«
»Ich glaube nicht. Der Bungalow liegt sehr einsam, und es war nicht viel Verkehr auf der Straße. Möglicherweise hat mich jemand in unserem Wohnblock wegfahren sehen.«
»Und was haben Sie am Abend gemacht?«
Der Beamte in der Ecke schrieb jetzt nicht mehr, sondern beobachtete nur. Er wirkte aber keineswegs neugierig, ja, nicht einmal interessiert, sondern höchstens leicht gelangweilt.
»Caroline hat gekocht, und ich habe ihr geholfen. Die selbstgekochte Suppe war schon fertig und brauchte nur noch aufgewärmt zu werden. Wir aßen Champignonomelettes, Obst und Käse und tranken Wein dazu. Nach dem Essen plauderten wir. Dann gingen wir miteinander ins Bett.«
»Ich glaube, die intimeren Geschehnisse des Abends können wir uns ersparen, Sir. Seit wann sind Sie mit Miss Amphlett befreundet?«
»Seit ungefähr drei Monaten.«
»Und wann hatten Sie diesen gemeinsamen Abend geplant?«
»Einige Tage zuvor. Wann genau, weiß ich nicht mehr.«
»Und wann sind Sie nach Hause gekommen, Sir?«
»Kurz nach Viertel vor 10.« Ergänzend setzte er hinzu: »Dafür habe ich leider keine Zeugen. Meine Eltern waren über Nacht zu Besuch bei meiner verheirateten Schwester in Ipswich.«
»Wußten Sie, daß sie nicht dasein würden, als Sie mit Miss Amphlett Ihren gemeinsamen Abend planten?«
»Ja. Sie besuchen meine Schwester an jedem letzten Sonntag des Monats. Aber das hätte keine Rolle gespielt. Ich meine, schließlich bin ich achtundzwanzig. Ich wohne zwar bei ihnen, bin ihnen über mein Kommen und Gehen aber keine Rechenschaft schuldig.«
Der Sergeant sah ihn an und stellte fest: »Achtundzwanzig und frei wie der Wind«, als wolle er es sich notieren. Jonathan errötete und dachte: Das war ein Fehler. Versuch nicht, allzu clever zu sein, erkläre nichts, beantworte nur ihre Fragen.
Der Chief Inspector sagte: »Vielen Dank, Sir, das wäre vorläufig alles.«
Als er er zur Tür ging, hörte er abermals Rikkards’ Stimme: »Sie war nicht sehr nett zu Ihnen, nicht wahr, diese Miss Robarts – wegen dieser Rundfunksendung, an der Sie teilgenommen haben: Mein Glaube und mein Job? Haben Sie die gehört, Sergeant?«
»Nein, Sir, ich habe sie nicht gehört«, antwortete der Sergeant phlegmatisch. »Kann mir nicht vorstellen, wieso ich die verpaßt habe. Muß faszinierend gewesen sein.«
Jonathan wandte sich um und sah sie an. »Sie war wirklich nicht sehr nett. Aber ich bin Christ. Daß das nicht immer einfach ist, liegt nahe.«
»Selig seid ihr, wenn euch die Menschen schmähen und verfolgen um des Evangeliums willen«, sagte Rikkards.
»Auch eine Art von Verfolgung, nicht wahr? Na schön, es hätte schlimmer kommen können. Wenigstens werden Sie heutzutage nicht mehr den Löwen vorgeworfen.«
Der Sergeant schien das für komisch zu halten.
Zum erstenmal überlegte Jonathan, woher sie wußten, daß Hilary ihn wegen der Sendung schikaniert hatte. Aus irgendeinem Grund hatte er sie mit seiner kurzen, eher armseligen Berühmtheit und seinem Glaubensbekenntnis in Rage gebracht. Irgend jemand aus dem Werk mußte es der Polizei gesagt haben. Schließlich hatten sie eine Menge Leute vernommen, bevor sie ihn hereinholten.
Aber jetzt hatte er bestimmt alles hinter sich. Er hatte der Polizei sein Alibi gegeben, seines und ihres, und es gab keinen Grund, warum sie ihn noch einmal vernehmen sollten. Er mußte das Ganze einfach vergessen. Aber das konnte er nicht, das war ihm klar. Und als er Carolines Story jetzt noch einmal rekapitulierte, fielen ihm die Widersprüche darin auf. Warum hatte sie den Wagen an einer abgelegenen Stelle der Straße geparkt, auf einem Feldweg unter ein paar Bäumen? Warum war sie mit Remus zur Landzunge gefahren, wo es doch gleich in der Nähe ihres Hauses reichlich Auslaufmöglichkeiten gab? Er hätte es ja verstehen können, wenn sie den Hund am Strand und im Wasser laufen lassen wollte, laut ihrer Aussage jedoch waren sie gar nicht zum Strand gegangen. Und welchen Beweis gab es dafür, daß sie die Klippen erst um 10 Uhr erreicht hatte, eine halbe Stunde nach dem angenommenen Zeitpunkt von Hilary Robarts’ Tod?
Und dann die Geschichte mit ihrer Mutter. Die konnte er ihr einfach nicht abnehmen, hatte sie ihr schon nicht geglaubt, als sie sie ihm erzählte, und glaubte sie ihr
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