Vorsicht, frisch verliebt
um so etwas zu tun.«
Ihre Stimme wurde schrill. Unmöglich konnten sie schon wieder in Hörweite ihrer Tochter Steffie miteinander streiten. »Hier können wir nicht reden.« Er zog sie am Arm mit sich den Korridor hinunter. »Ich verstehe dich einfach nicht. Während der ganzen Jahre unserer Ehe habe ich dich nie wirklich verstanden.«
»Das liegt daran, dass du statt eines Hirns einen Computer unter deiner Schädeldecke hast«, fauchte sie ihn an, als er sie um die Ecke in den nächsten Flügel zog. »Ich habe keine Angst davor zu kämpfen. Und wenn nötig, werde ich es tun, bis wir beide bluten.«
»Du versuchst doch nur, eins von deinen Dramen zu inszenieren.« Es entsetzte ihn, wie wütend seine Stimme klang, doch er konnte sich nicht beruhigen. Er öffnete die nächstbeste Tür, zerrte sie ins Zimmer und schaltete das Licht an. Mit dem einladend breiten Bett schien es Rens Schlafzimmer zu sein.
»Unsere Kinder werden nicht bei Eltern leben, die eine Geisterehe führen!«, kreischte sie.
»Hör auf!« Er sagte sich, er wäre wütend. Wütend, nicht verzweifelt, denn Wut war etwas, was er kontrollieren konnte, etwas, womit er irgendwie zurechtkam. »Wenn du nicht aufhörst ...« Ein Monster saugte an seinen Nerven. Er atmete tief durch. »Du musst endlich aufhören. Du musst aufhören, bevor du alles ruinierst.«
»Wie kann ich alles -«
In seinem Schädel explodierte eine Bombe. »Indem du Dinge sagst, die keiner von uns jemals zurücknehmen kann!«
»Wie zum Beispiel, dass du mich nicht mehr liebst?« Tränen des Zorns sammelten sich in ihren Augen. »Dass ich fett bin und dass es schon beim zweiten Kind nichts Besonderes mehr für dich war, eine Schwangere zu vögeln? Dass ich das Geld zum Fenster rauswerfe, deine Autoschlüssel verlege und du jeden Morgen wach wirst und dir wünschst, du hättest jemand Ordentlichen, Disziplinierten wie Isabel zur Frau genommen? Sind das die Dinge, die ich nicht sagen soll?«
Typisch Tracy, dass sie derart vom Thema abwich. Am liebsten hätte er sie geschüttelt. »Wir können unsere Probleme niemals lösen, wenn du nicht mal logisch nachdenkst.«
»Logischer kann ich nicht sein.«
Er hörte dieselbe Verzweiflung in ihrer Stimme, wie er sie selbst empfand. Wo aber war ihre Verzweiflung, wenn sie so blöde Dinge von sich gab?
Sie hatte noch nie ein Taschentuch bei sich gehabt, und so wischte sie sich mit dem Handrücken die Nase ab. »Heute hast du mich gefragt, was du tun kannst, um mich glücklich zu machen. Statt wirklich zu sagen, was ich will, habe ich dich angeschrien. Weißt du, was ich sagen wollte?«
Er wusste es, doch er wollte es nicht hören. Er wollte nicht, dass sie ihm sagte, was für ein Langeweiler er doch war, dass seine Haare schütter wurden und dass er nicht mal annähernd der Mann-war, den sie verdient zu haben meinte. Er wollte nicht, dass sie ihm sagte, er hätte seinen Zweck durch die Zeugung einer ganzen Kinderschar erfüllt, und jetzt wünschte sie sich, sie hätte einen anderen genommen, einen, der ähnlich war wie sie.
Silbrige Tränen rollten über ihre Wangen. »Ich wünsche mir, dass du mich liebst. Das wollte ich sagen. Ich wünsche mir, dass du mich wieder so liebst wie früher. Als wäre ich etwas Besonderes und nicht ein Kreuz, das du zu tragen hast. Als wären die Unterschiede zwischen uns beiden etwas Gutes und keine elendige Qual. Ich möchte, dass es wieder so wird wie damals, als du mich angesehen hast, als könntest du nicht glauben, dass ich dir gehöre. Als wäre ich das wunderbarste Geschöpft der ganzen weiten Welt. Ich weiß, dass ich nicht mehr so aussehe wie damals. Ich weiß, dass ich überall Schwangerschaftsstreifen habe. Ich weiß, wie sehr dir meine Brüste gefallen haben, die mir jetzt bis auf die Knie hängen, und ich hasse es. Ich hasse es, dass du mich nicht mehr liebst. Und ich hasse es, dass du mich dazu bringst, deine Liebe zu erflehen!«
Es war einfach unlogisch. Vollkommen absurd. Das alles war derart idiotisch, dass er nicht wusste, was er sagen sollte, damit sie ihn verstand. Wie in aller Welt... er öffnete den Mund, doch da er nicht wusste, wie er beginnen sollte, klappte er ihn wieder zu. Es war bereits zu spät. Sie war bereits geflohen.
Er stand da wie betäubt und versuchte zu verstehen, was eben passiert war. Sie bedeutete ihm alles. Wie konnte sie auch nur eine Sekunde glauben, er liebe sie nicht mehr? Für ihn war sie der Mittelpunkt der Welt, der Atem seines Lebens. Es lag eindeutig
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