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Vorsicht - Mensch!

Vorsicht - Mensch!

Titel: Vorsicht - Mensch! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon R. Dickson
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kehrte zu den Gästen zurück. Unter Onas Anleitung hatten sie sich in einem kleinen Halbkreis niedergelassen, zwischen sich fahrbare Serviertische mit Kaffeetassen, Karaffen und Cognacgläsern. In der Mitte war ein Stuhl für Carter frei geblieben. Er ließ sich darauf nieder und nahm ein Glas Cognac.
    »Geht es jetzt los?« fragte Totsa.
    »Ja – ja, da kommt er schon«, sagte Carter und lenkte ihre Aufmerksamkeit auf das Rosenspalier.
    Die Lampen rings um den Innenhof waren eingeschaltet, und als der Eingeborene aus der Dunkelheit auf sie zukam, schien er plötzlich aus einer Wand von Nacht herauszutreten.
    »Du liebe Zeit«, sagte Lidi, links von Carter und etwas hinter ihm, »ist der groß!«
    »Lang, würde ich eher sagen«, meinte der Doktor und hüstelte trocken an ihrer Seite.
    Der Häuptling kam in die Mitte des beleuchteten Hofes. Er trug seinen Speer mit einer Hand und senkrecht vor sich her, den Arm halb angewinkelt. Er näherte sich mit übertrieben langen Schritten und auf Zehenspitzen – in einer Art, die unglücklicherweise eine parodistische Ähnlichkeit mit dem klassischen Ehemann hatte, der spät in der Nacht in seine Wohnung schleicht. Totsa kicherte plötzlich los. Carter errötete.
    Vor ihnen angelangt, machte der Eingeborene halt, stieß seinen Speer mehrmals in verschiedenen Richtungen in die leere Luft und begann mit gesenktem Kopf und raschen, kurzen Fußbewegungen herumzuschlurfen.
    Hinter Carter machte Ramy eine halblaute Bemerkung. Ein halbersticktes Glucksen folgte, und die Gitarre klimperte ein paar leise Noten.
    »Bitte!« sagte Carter, ohne seinen Kopf zu drehen.
    Eine Pause folgte, dann mehr Gemurmel von Ramy, gefolgt von seinem tiefen, heiseren und mühsam unterdrückten Lachen.
    »Vielleicht«, sagte Carter mit erhobener Stimme, »vielleicht sollte ich den Tanz erklären, während er ihn vorführt. Alle diese Tänze sind pantomimische Erzählungen. Dieser nennt sich, soweit ich es sehen kann: ›Ein ehrenvoller Tod.‹«
     
    Er machte eine Pause und räusperte sich. Niemand sagte etwas. Draußen in der Mitte des Patios stand der Häuptling geduckt, spähte nach links und rechts.
    »Ihr seht ihn jetzt auf der Fährte«, sagte Carter. »Die silberfarbenen Blumen an seinem rechten Arm deuten an, daß es eine Geschichte vom Tod ist, die er tanzt. Die Tatsache, daß die Blumen unter dem Ellbogen sind, bedeutet, daß es ein ehrenvoller und kein schmachvoller Tod ist. Aber daß er am anderen Arm unterhalb des Ellbogens nichts trägt, sagt uns, daß dies das ganze und einzige Thema des Tanzes ist.«
    Carter fühlte ein Bedürfnis, sich wieder zu räuspern. Er nippte vom Cognac.
    »Wie ich sagte«, fuhr er fort, »wir sehen ihn jetzt auf der Fährte, allein.« Der Eingeborene tat mehrere vorsichtige Schritte vorwärts, dann zog er sich wieder zurück. Seine Mimik verriet Spannung und Erregung. »Im Moment ist er glücklich, weil er eine Herde einheimischer Jagdtiere gesichtet hat. Beobachtet die Neigung seines Speers, wie er ihn in der Hand hält. Je mehr er sich der Senkrechten nähert, desto glücklicher fühlt er sich ...«
    Ramy murmelte wieder, und sein Glucksen kratzte in Carters Ohren. Ein Kichern von Totsa und sogar ein kurzes, trockenes Bellen von einem Lachen vom Doktor beantworteten es.
    »... desto glücklicher fühlt er sich«, wiederholte Carter laut. »Nur stellt die absolute Vertikale paradoxerweise tiefste Tragödie und Kummer dar. In einem kleinen Artikel, den ich einmal über den Symbolismus dieser Tänze verfaßte, vertrat ich die Theorie, daß, wenn ein Eingeborener mit dem Speer senkrecht aufwärts stößt, ein großes Raubtier oder ein überlegener Gegner ihn bereits zu Boden geworfen hat. Er ist ein toter Mann.«
    Der Häuptling tanzte mit wilden, schnellen Bewegungen, sprang hierhin und dorthin und schwang seinen Speer.
    »Ah«, sagte Carter befriedigt. Die anderen waren jetzt still. »Er hat seine Beute getroffen. Nun eilt er mit ihr heim. Er ist sehr glücklich. Warum sollte er es nicht sein? Er ist jung, gesund und stark. Seine Partnerin, seine Nachkommen, sein Heim erwarten ihn. Da kommt es schon in Sicht.«
    Der Häuptling erstarrte. Seine Speerspitze sank abwärts.
    »Aber was ist das?« rief Carter und richtete sich dramatisch in seinem Stuhl auf. »Was ist geschehen? Er sieht einen Fremden in der Tür. Es ist der Mann der Sieben Speere, der – dies ist natürlich ein Aberglaube – außer seinem eigenen Speer noch sechs magische Speere hat, die auf

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