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Vorsicht - Mensch!

Vorsicht - Mensch!

Titel: Vorsicht - Mensch! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon R. Dickson
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seine Munterkeit nach. Es war immer eine kitzlige Sache, mit den Köchen umzugehen und sie in der Hand zu behalten, denn inzwischen waren sie alle Künstler auf ihrem Gebiet, taten die Arbeit aus Liebe zu ihr und waren nicht mehr durch den Lohn zu kontrollieren, den er ihnen zahlte. Am liebsten hätte Carter sich überhaupt nicht um diesen Aspekt der Party gekümmert und die Köche einfach machen lassen. Aber was, wenn er nicht kontrollierte und dann etwas schiefginge? Sein Gewissen würde ihm keine Ruhe lassen.
     
    Der Speiseraum war bereits im klassischen Stil vorbereitet, mit langer Tafel und Einzelstühlen. Er warf einen prüfenden Blick auf den makellos mit Porzellan, Silber, Leinen und Kristall gedeckten Tisch, dann ging er durch den Lichtschirm in die Küche. Der Chefkoch war eben dabei, mit seinen beiden Gehilfen die Warmhalteplatte zu garnieren, auf der der ganze geröstete Eber auf den Tisch gebracht und während der Mahlzeit warmgehalten würde. Er sah Carter nicht eintreten; und Carter blieb mit einem Seufzer der Erleichterung stehen, um den Eber zu bewundern. Es war ein Meisterstück und so geschickt aus den einzeln gerösteten Fleischstücken zusammengebaut, daß niemand auf den Gedanken gekommen wäre, es sei nicht mehr das ganze, unzerlegte Tier.
    In diesem Moment blickte der Chefkoch auf und sah ihn. Sofort kam er herüber und fragte nach Carters Wünschen. Carter brachte ein paar kleine Vorschläge vor, aber die Antworten waren von einer so künstlichen Höflichkeit, daß Carter froh war, ihn nach ein paar Minuten wieder seiner Arbeit zu überlassen.
    Er wanderte durch das Haus zurück, ohne direkt zum Gesellschaftsraum zurückzukehren. Mit dem Stimmungswechsel, den die Begegnung mit dem Chefkoch in ihm ausgelöst hatte, waren seine früheren Gefühle von Lebensüberdruß und Melancholie wieder über ihn gekommen. Er dachte beinahe mit Abscheu an die Leute, die er eingeladen hatte. Vor zwanzig Jahren hätte er sich nicht für fähig gehalten, einer solchen Clique anzugehören. Wo waren die großen Freunde, die wahren Freunde, die er als Jüngling zu gewinnen beabsichtigt hatte? Nicht, daß es die Schuld derer gewesen wäre, die sich in seinem Gesellschaftsraum dem Alkohol und oder Konversation hingaben. Sie konnten nichts dafür, daß sie waren, was sie waren. Es war die Schuld der Zeitläufe, die das Leben für jedermann zu leicht und zu bequem machten; und ja –, er wollte ehrlich sein, es war auch seine eigene Schuld.
    Seine Wanderung hatte ihn wieder in den großen Innenhof geführt. Er entsann sich des Häuptlings und spähte durch das Zwielicht aus Lampenschimmer und Finsternis zum Rosenspalier.
    Das Haus war in Hufeisenform um den Hof gebaut, und die offene Seite zeigte nach Westen. Ein matter Abglanz des scheidenden Tages in düsterem Rot und Violett säumte noch den Horizont. Tiefe Schatten lagen auf dem Rosenspalier und dem Eingeborenen darunter. Er war kaum zu sehen, aber seine blasse, vertikale Reflexionslinie markierte seinen glänzenden, aufrechten Speer und zeigte, daß er keine Bewegung gemacht hatte. Eine plötzliche Aufwallung von Emotionen beengte Carters Brust. Er tat zwei Schritte auf den Häuptling zu, getrieben von einem spontanen Bedürfnis, ihm für sein Kommen und das Angebot einer Tanzvorführung zu danken. Aber in diesem Moment kam der sanfte, metallische Klang des Glockenspiels seiner Wanduhr aus der offenen Tür des Arbeitszimmers und verkündete die einundzwanzigste Stunde, und er wandte sich hastig um und eilte durch die Empfangshalle in den Gesellschaftsraum.
    »Hors d'œuvres! Hors d'œuvres!« rief er munter. »Die Herrschaften werden zur Tafel gebeten!«
    Das Abendessen war zum Erfolg geradezu verurteilt. Alle waren vom Alkohol befeuert und hungrig. Alle waren gesprächig. Sogar Ani hatte ihre gewohnte Introvertiertheit abgelegt und lächelte und nickte – ganz nüchtern, wie jedermann zu schwören bereit gewesen wäre. Sie hörte zu, wie Ona und Lidi über Lidis erwachsenen Sohn sprachen, als er ein Baby gewesen war. Der Doktor war munter und aufgeräumt, und Ramy, der sein Bedürfnis nach musikalischem Ausdruck zuvor mit Ani befriedigt hatte, war nun bereit zur Geselligkeit. Der geröstete Eber erregte allgemeine Bewunderung, und als sie mit der Nachspeise fertig waren, herrschte eine Atmosphäre satten Behagens, und selbst der Koch, der durch eine momentane Transparenz der Küchenwand spähte, tauschte mit Carter ein zufriedenes Lächeln aus.
    Carter blickte

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