Vorstandssitzung im Paradies
hatten, beeinträchtigten nicht unseren Nachtschlaf, dazu waren wir abends viel zu müde.
Schließlich sahen wir ein Gebirge vor uns. Nach dem dunklen Dschungel wirkte der Anblick geradezu feierlich. Die Spitzen der Berge ragten steil in die Höhe, heißer Dunst färbte sie dunkelblau, die höchsten Spitzen waren hinter weißen Kumuluswolken verborgen, und ein frischer Wind fuhr durch unsere Kleidungsfetzen.
Die schwarze Hebamme und Maj-Len zogen ihre Blusen aus und ließen sich vom Gebirgswind die Haut kühlen; die Brüste der Jüngeren standen straff ab, die erfahreneren der schwarzen Hebamme ruhten still und beschützend über den Rippen, sie wirkten irgendwie weise.
Im Hochland wimmelte es von Nagern, die wie Murmeltiere aussahen. Forstmeister Laakkio hatte schon einen ganzen Tag lang versucht, einige Exemplare zu fangen. Jetzt, nachdem wir in die Nähe des Gebirges gekommen waren, hatte er die geeignete Methode gefunden.
Wenn er eines dieser Tiere von der Größe eines Kaninchens sah, schlich er sich heran und scheuchte es auf. Die Viecher waren ungeheuer schreckhaft, und Laakkios Opfer rannte Hals über Kopf in seine Höhle, um sich zu verstecken. Dann verschloss Laakkio die Öffnung mit dem Beil oder einem Erdklumpen und wartete. Wir anderen beobachteten den Vorgang aus etwa fünfzig Metern Entfernung. Nach etwa einer Viertelstunde bewegte sich das Hindernis vor dem Höhleneingang zur Seite, ruckweise und langsam. Das scheue Tier im Erdinneren erschrak vermutlich vor seinen eigenen Bewegungen. Wenn die Öffnung frei war, blieb Laakkio weiter in Lauerstellung, auch wenn er schon die Schnauze des Opfers sah. Das Tier zog seinen Kopf immer wieder blitzschnell zurück, um bald darauf erneut herauszulugen. Und jedes Mal steckte es den Kopf ein wenig weiter aus dem sicheren Versteck.
Wenn es sich fast ganz aus der Höhle herausgewagt hatte, packte Laakkio blitzschnell zu. Das Tier schrie dann erschrocken auf, aber es gelang ihm im Allgemeinen nicht zu fliehen, denn der Jäger brach ihm rasch das Genick.
Das Fleisch dieser Murmeltiere – oder was immer sie waren – war essbar, wenn auch nicht besonders schmackhaft. Jedenfalls gelang es Laakkio, so viele von ihnen zu fangen, dass wir nicht hungern mussten.
Wir wanderten zwei Tage durch das Hochland, bis wir an einen Gebirgsfluss kamen. Die Luft war wunderbar leicht und unsere Stimmung bestens.
Wir beabsichtigten, das Gebirge zu überqueren, um ins Innere der Insel zu gelangen und Menschen zu finden.
Aber das erwies sich als unmöglich. Die Berghänge waren zu steil, um sie zu erklimmen.
Wir streiften mehrere Tage umher und suchten nach einem Pass, fanden aber keinen geeigneten. Zwar gab es Pässe, aber sie zu benutzen war ausgeschlossen, denn sie hatten sehr steile Hänge, und unten flossen reißende Ströme. Die Gebirgskette war unüberwindbar.
Schließlich kletterten wir unter Einsatz unseres Lebens etwa einen halben Kilometer am Hang hinauf. Weiter wagten wir uns nicht, denn in dieser Höhe löste sich das Gestein bei der kleinsten Bewegung, und so mussten wir wieder ins Tal zurückkehren. Eine Überquerung des Gebirges hätte auch die Ausrüstung und Erfahrung von Bergsteigern erfordert, und wir besaßen weder das eine noch das andere.
Trotzdem suchten wir noch mehrere Tage nach einem Weg, doch vergeblich.
»Lasst uns nach Hause zurückkehren«, sagte Laakkio eines Tages. »Nach Hause«. Das Lager kam uns tatsächlich wie unser Zuhause vor, nach alldem, was wir seit dem Flugzeugabsturz erlebt hatten.
16
Der Rückweg war ein wenig leichter, denn wir konnten unseren eigenen Spuren folgen. Die Axt brauchten wir nicht oft zu benutzen. Trotzdem waren wir mehrere Tage unterwegs, denn hin und wieder kamen wir im dunklen Dschungel von unserem Pfad ab – wir hatten ja keinerlei Material zur Verfügung gehabt, mit dem wir auf dem Hinweg den Pfad hätten markieren können. Gelbes Krepppapier wäre zum Beispiel nützlich gewesen.
Nach zwei Wochen Abwesenheit erreichten wir das Lager. Dort erwartete uns eine große Überraschung. Am Strand war nämlich ein Fremder eingetroffen. Gleich auf den ersten Blick erkannten wir, dass sich der Mann sehr wohl fühlte. Er aß unter dem Schutzdach, hatte die Augen halb geschlossen und rauchte ein lange Pfeife, umringt von den Frauen des Lagers. Woher in aller Welt hatte der Kerl den Tabak?
Die Geschichte war schnell erzählt. Ungefähr so hatte sich das Ganze zugetragen:
Etwa eine Woche nach unserem Aufbruch war eines
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