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Vorstandssitzung im Paradies

Vorstandssitzung im Paradies

Titel: Vorstandssitzung im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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Morgens im Lager dieser Mann aufgetaucht, mittleren Alters, offenbar Malaie, bekleidet mit einer Militäruniform und ausgerüstet mit einem modernen Sturmgewehr. Die Lagerbewohner waren bei seinem Anblick schreiend in den Dschungel geflüchtet, das ist ja klar.
    Der Soldat hatte sich jedoch freundlich gebärdet und in schlechtem Englisch gerufen, das er nicht die Absicht habe, auf die Leute zu schießen, sondern dass er mit friedlichen Absichten gekommen sei. Allmählich hatten sie ihm geglaubt – allerdings erst, nachdem er sein Gewehr in den Sand gelegt und Taylor es an sich genommen hatte.
    Es hatte sich herausgestellt, dass der Mann in der indonesischen Armee diente. Er war vor einigen Monaten für einen Militäreinsatz, die Niederschlagung eines Aufstands, auf diese Insel abkommandiert worden. Er wusste immer noch nicht, ob es sich um Borneo, Celebes oder Irian handelte – das hatte niemand den Truppen gesagt.
    Die Kriegshandlungen waren ihm gleich von Anfang an äußerst zuwider gewesen, und auch ihre Gefährlichkeit hatte ihn von Tag zu Tag mehr abgeschreckt.
    So hatte er beschlossen, alles hinzuschmeißen und sich davonzumachen. Er war aus dem Inneren der Insel geflohen, hatte an einer von unserem Standort sehr weit entfernten Stelle das Gebirge überquert und war dann am Strand entlang gewandert, bis er auf unser Lager gestoßen war. Ähnlich wie er hatten auch viele andere Soldaten gehandelt, und deshalb kreisten die Helikopter der indonesischen Armee von Zeit zu Zeit über der Insel und machten Jagd auf Deserteure.
    Der Mann stammte also aus Indonesien, und von seiner politischen Einstellung her war er, wie er sagte, weiterhin ein Anhänger Sukarnos, General Suharto hatte er nie akzeptiert. Kommunist war er allerdings nicht, dennoch hatten ihn Suhartos Säuberungsaktionen in den Sechzigerjahren drei Finger seiner rechten Hand gekostet.
    Er zeigte seine Hand vor. Tatsächlich waren nur noch Daumen und Zeigefinger vorhanden. »Nicht so schlimm«, sagte er. »Suhartos Männer haben fast alle Einwohner unseres Dorfes getötet, ich bin noch glimpflich davongekommen.«
    Er kannte sich ziemlich gut im Dschungel aus, und was das Beste war, er besaß das bereits erwähnte Sturmgewehr und dazu reichlich Patronen, insgesamt mehr als achthundert Schuss.
    Außerdem konnte dieser Mann, der sich Jhan Krahamo oder so ähnlich nannte, rhythmisch die Trommel schlagen. Er hatte vor Suhartos Machtantritt in Indonesien als Blechschmied und Flugzeugmechaniker gearbeitet und auch lange in Djakarta gewohnt, wo er ein wenig Englisch gelernt hatte.
    Jhan oder Janne, wie wir ihn nannten, sagte uns, dass es nach seiner Einschätzung nicht die geringste Chance gab, hier wieder wegzukommen – im Binnenland wurde ein Partisanenkrieg geführt, deswegen wagte sich kein einziges Handelsschiff in dieses Seegebiet, und aus der Luft waren nur Kugeln zu erwarten. Aus seiner Sicht bestand trotzdem kein Grund zum Klagen, denn in Djakarta zum Beispiel waren die Lebensbedingungen gegenwärtig noch schlechter. Reis war knapp, alles war teuer, und immer wieder kam es zu Verhaftungen, die normalerweise bedeuteten, dass die betreffenden Personen für immer verschwanden – warum sollte man sich also zu solchen Menschen, nach solchen Verhältnissen sehnen? Janne fand, dass er es außerordentlich glücklich getroffen habe, eigentlich sehr viel besser, als sich ein Mann wie er es je hätte träumen lassen.
    Ein wenig neidvoll sahen wir auf diesen Weltmenschen, Deserteur, melanesischen Schmied seines eignen Glückes, der uns noch sagte, dass er Verständnis für den christlichen Glauben habe, ansonsten aber unerschütterlicher Buddhist sei.
    Janne hielt es für selbstverständlich, dass er nie mehr diesen Uferstreifen verlassen und nach Djakarta zurückkehren würde. Das reichte ihm, und ein wenig befremdet hörte er sich an, wie wir es beklagten, von der Welt abgeschnitten zu sein.
    Janne war zweifellos der glücklichste Mensch in unserem Lager. Unser Deserteur gab mit Freuden seine Waffe heraus und stellte sie zur allgemeinen Verfügung. Wir erprobten ihre Präzision mit einer Salve, die natürlich sparsam ausfiel, und wir stellten fest, dass es eine wirklich gute Waffe war. Um die Patronen möglichst trocken aufbewahren zu können, bastelten wir einen Behälter, der Ähnlichkeit mit einem Vogelhäuschen hatte und den wir an einem Baum im Dschungel befestigten. Wir pflegten die Waffe regelmäßig und passten auf, dass sie nicht rostete.
    Sollte noch

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