Vorstandssitzung im Paradies
wir, uns über sein Schicksal Klarheit zu verschaffen, wir machten das Gummifloß startklar und ruderten hinaus. Es war eine Kräfte zehrende Angelegenheit, der Sturm warf das Floß hin und her, und wir wären beinah an die Riffe geschleudert worden. Die Rückfahrt ans Ufer dauerte länger als eine Stunde, denn wir mussten gegen den Wind rudern. Taylors Floß hatten wir nicht gesehen. Wir befürchteten das Schlimmste.
Nachts ließ der Sturm nach, die Wolken verzogen sich, und der Vollmond kam zum Vorschein. Wir schoben das Gummifloß noch einmal ins Wasser und ruderten wieder zu den Riffen.
Taylors Floß fanden wir nicht, stattdessen aber den Indonesier Janne. Er hatte sich mit aller Kraft an ein sturmumtostes Riff geklammert und sich so mit Mühe gerettet. Die Wellen waren immer wieder über ihn hinweggespült, aber er hatte nicht losgelassen, sondern gegen die Natur gekämpft, und schließlich war der Sturm abgeflaut, und Janne hatte es überstanden, war allerdings sehr erschöpft.
Wir holten Janne auf unser Floß und fragten ihn, was mit Frau Sigurd und Taylor sei.
»Als der Sturm ausbrach, riss sich das Floß aus der Verankerung. Es trieb hinaus, und die Brandung warf es gegen die Riffe. Ich fiel ins Meer«, sagte Janne. »Ich sah, dass das Floß über das Riff hinweggespült wurde, dass sich die beiden aber festhalten konnten. Ich schaffte es nicht wieder auf das Floß, sondern blieb am Riff hängen.«
Das Floß war im tobenden Meer verschwunden, und mit ihm Frau Sigurd und Kapitän Taylor. Janne sagte, dass das Floß einigermaßen intakt gewirkt hatte, als es in der Dunkelheit verschwunden war.
Wir ruderten mit Janne zurück und entzündeten auf der Spitze der Landzunge ein Signalfeuer, – wir dachten, dass es den Vermissten helfen könnte, den Weg ans Ufer zu finden.
Der Mond schien traurig die ganze Nacht. Es wurde Morgen, und ein Südostpassat begann sacht zu blasen. Von Taylors Floß war nicht die geringste Spur zu sehen. Der Indonesier Janne starrte aufs Meer, und man konnte sehen, wie er um Frau Sigurd trauerte.
Zwei Tage später tauchten Taylor und Frau Sigurd im Lager auf. Beide waren völlig erschöpft, wirkten total entkräftet. Wir gaben ihnen zu essen und zu trinken, und dann erzählten sie ihre Geschichte.
Das Floß war von den Wellen über das Riff geschleudert und anschließend vom Sturm weit, weit aufs Meer hinausgetrieben worden. Nur mit Mühe hatten sich Frau Sigurd und Taylor darauf halten können. Als der Sturm in der Nacht nachgelassen hatte, hatten sie festgestellt, dass die Insel nicht mehr zu sehen war. Am nächsten Tag hatte der Südostwind das Floß allmählich wieder zurückgetrieben, und abends war es am anderen Ende der Insel, weit vom Lager entfernt, angelandet. Die beiden Unglücklichen hatten einen Tag und eine Nacht gebraucht, um zu Fuß ins Lager zu gelangen. Das Floß hatten sie am Ufer zurückgelassen.
Der Indonesier Janne schnitt mit seinem Dschungelmesser für Frau Sigurd saftige Fleischstücke zurecht und brachte sie, nachdem sie gegessen hatte, in die gemeinsame Hütte. Taylor verschwand ebenfalls, um sich schlafen zu legen, zuvor genehmigte er sich jedoch ein paar tüchtige Schlucke Kokos.
Das Seeabenteuer wäre bald in Vergessenheit geraten, wenn es nicht ein Nachspiel gegeben hätte.
Ein paar Wochen später vertraute sich Frau Sigurd der schwarzen Hebamme an und erzählte ihr, dass sie schwanger sei.
Die schwarze Hebamme berichtete Doktor Vanninen von der Sache, und der erzählte es mir. Vanninen untersuchte Frau Sigurd und stellte fest, dass sie richtig vermutet hatte. Sie war tatsächlich schwanger.
Es war ein ziemlicher Schock.
Kompliziert wurde die Situation dadurch, dass es keine gewollte Schwangerschaft, sondern ein eindeutiges Versehen war. Andererseits lehnte Frau Sigurd, die eine Verhütung verweigert hatte, ebenso eine Abtreibung ab. In ihrem Alter ein Kind im Dschungel zu gebären, bedeutete jedoch ein ziemliches Risiko. Die Sache hatte natürlich auch noch einen anderen Haken, nämlich den, dass Frau Sigurd verheiratet war – sie hatte in Schweden einen Ehemann, der ganz bestimmt nicht ahnte, dass seine totgeglaubte Frau in den Tropen von einem indonesischen Soldaten schwanger geworden war.
Wie üblich, bewegt einen so etwas zunächst, aber mit der Zeit gewöhnt man sich daran und betrachtet es als natürlich.
Wir errechneten, dass das Kind in Europa zur Welt kommen würde, wenn wir beim SOS-Plan den Termin einhielten, sodass sich eine
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