Vorstandssitzung im Paradies
konnte rasch noch eine zweite Kugel fressen, ehe die anderen hinzukamen. Die Kugeln waren im Nu in den Schnauzen der Äffchen verschwunden.
Jetzt wirkten die Älteren verärgert: Schade, man hätte doch mutiger sein und sich rechtzeitig seinen Teil holen müssen, schienen sie zu denken.
Ich warf mehr Kugeln von meinem Ast. Die kleinen Äffchen kamen schnell heraufgeflitzt und schnappten sich die Leckerbissen mit ihren praktischen Fingern gleich aus der Luft. Die Großen beteiligten sich immer noch nicht am Spiel: Sie waren nach unten geklettert und warteten am Fuße des Baumes auf das, was den Kleinen herunterfiel.
Ich unterbrach die Werferei und beobachtete, wie das aufgenommen wurde. Die kleinen Äffchen näherten sich, kamen bis auf wenige Meter heran und warteten auf die Fortsetzung der Essensausgabe. Ihre Gier begann mich zu amüsieren, und ich hatte auch ein wenig Mitleid mit ihnen, also begann ich wieder mit der Verteilung. Jetzt warf ich die Kugeln allerdings nicht mehr so weit weg, und so mussten die kleinen Leckermäuler natürlich näher herankommen, wenn sie etwas von den Süßigkeiten, die ihnen so schmeckten, abbekommen wollten. Die Kugeln lagen unten im Sack, und so konnte ich ihn ganz natürlich offen halten, weil ich ja immer wieder hineingreifen musste. Bald kamen die Äffchen schon bis auf einen Meter heran, um sich die Leckereien zu schnappen.
Ich machte wieder eine Pause. Die Tiere legten wartend den Kopf schief. Ich zeigte auf meinen Sack, und mir schien, als hätten sie den Sinn der Geste genau verstanden: Hier drinnen sind sie, die Leckerbissen! Ich begann wieder mit der Verteilung, aber jetzt warf ich die Kügelchen nicht mehr von mir, sondern legte sie, mit kleinen Abständen dazwischen, in einer Reihe auf den Ast. Unmittelbar am geöffneten Sack beginnend, war die Reihe etwa anderthalb Meter lang. Es war Hänsels und Gretels Pfefferkuchenstraße direkt in den Sack hinein. Ich schob den Sack ein wenig von mir weg, aber nur bis auf Reichweite, und dann warf ich ein Kügelchen in die Luft zum Zeichen, dass das Schlemmen weitergehen konnte.
Das Kügelchen wurde aus der Luft geschnappt, so wie alle bisherigen, aber die Reihe, die auf dem Ast ausgelegt war, erweckte kein unmittelbares Vertrauen. Die kleinen Äffchen hatten mich bereits umringt, einige waren bis auf etwa zwei Meter herangekommen.
Ich wartete, und das taten auch die Äffchen. Deutlich beleidigt sahen sie mich an und schielten immer wieder zu den Süßigkeiten auf dem Ast.
»Fresst doch, bedient euch«, sagte ich. Ich kam mir plötzlich vor wie eine geschäftige Pastorsfrau, die den Bischof bewirtet und den hohen Gast auffordert, sich die eisernen Reserven des Pfarrhauses einzuverleiben.
Die Affen waren jedoch nicht so höflich zurückhaltend wie Bischöfe. Nachdem sie ein wenig abgewartet hatten, wagten sie sich an die ausgelegten Leckerbissen.
Jetzt war die Spannung auf dem Höhepunkt, war der entscheidende Moment gekommen.
Eines der gierigsten Äffchen hüpfte auf den Ast und begann eilig, die Kokosbällchen zu verschlingen. Je mehr es fraß, desto weiter musste es sich mir nähern. Ich wartete still, den Sack einladend geöffnet. Ich achtete darauf, dass das Äffchen die restlichen Exemplare sehen konnte, die noch im Sack lagen.
Bald hatte der Kleine sämtliche Kugeln auf dem Ast verputzt, aber seine Gier auf Süßes schien so groß zu sein, dass er den letzten kühnen Schritt wagte und in den Sack hineinschlüpfte, um sich eine weitere Hand voll Kugeln zu holen.
Ich war nicht so dumm, dass ich gleich beim ersten Mal versucht hätte, ihn zu fangen. Er war außerdem so blitzschnell, dass ich es vermutlich auch gar nicht geschafft hatte. Er zog sich mit seiner üppigen Beute ein paar Meter zurück und verschlang die Kugeln. Dabei blickte er mir in die Augen, und mir schien, als wäre er ein wenig enttäuscht: Es war ja gar nichts passiert! Er sah aus, als würde er sich sagen, dass Wesen wie ich gar nicht so gefährlich sind, wie die Eltern immer behaupteten. Ich war mir sicher, dass der Kleine überlegte, zu ergründen versuchte, welche Absichten ich wohl haben mochte. Aber zu seinem Pech erkannte er nicht, dass ich tatsächlich gefährlich war – wie hätte er auch ahnen sollen, dass Maj-Len sich ein Haustier gewünscht hatte.
Der kleine Affe beschloss, sich mehr Kugeln zu holen, da sie einmal so freigebig angeboten wurden. Er schlüpfte ganz mutig abermals in den Sack, stopfte sich Kugeln in die Schnauze und
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