Vorstandssitzung im Paradies
Geburt im Dschungel vermeiden ließe. Frau Sigurd wollte keine Abtreibung, und so ließen wir den Dingen ihren Lauf. Auf Wunsch der werdenden Mutter erzählte Vanninen die Sache im Lager nicht weiter, und auch ich wurde gebeten, die Information zunächst für mich zu behalten.
Irgendwie ergab es sich, dass ich eines Abends im Dschungelrestaurant bei einem Drink Taylor vertraulich von der Sache erzählte. Ich fragte ihn, ob Frau Sigurd davon gesprochen hatte, als sie beide auf dem Floß im Ozean getrieben waren. Ich sagte, ich könnte mir vorstellen, dass sich die sonst so verschlossene Frau unter den extremen Bedingungen ihm vielleicht geöffnet hätte.
Taylor erblasste und hätte beinah den Trinkbecher fallen gelassen. Ich flößte ihm einen Schluck Schnaps ein, und danach wurde er knallrot. Selten sieht man bei einem Mann solche Gefühlswallungen.
Dann erzählte Taylor, dass er womöglich der Vater des Kindes sei. Wie kann das sein, dachte ich, aber Taylor erzählte mit leiser und erschütterter Stimme, was alles in der Unglücksnacht und am darauffolgenden Tag auf dem Meer geschehen war.
Als der Sturm abgeflaut war, waren die beiden Unglücklichen zu Tode erschöpft gewesen. Sie waren Seite an Seite auf dem Floß eingeschlafen. Der Mond hatte geschienen, die Wellen hatten das Floß geschaukelt, und die trostlose Öde des Meeres hatte die beiden umgeben. Die Situation war erschütternd romantisch gewesen – beide hatten nicht geglaubt, dass sie sich wieder auf die Insel retten könnten.
Unter diesen Bedingungen hatte Frau Sigurd Taylor ihre Liebe bekannt. Sie hatte gesagt, dass sie ihn vom ersten Augenblick an, schon in Tokio, geliebt habe. Sie habe ihn im Pavillon des Tokioter Flughafens beobachtet, wie er mit den Stewardessen der australischen Fluglinien gescherzt hatte, von diesem Moment an habe sie sein Bild im Herzen getragen, und in dem Bewusst sein, dass er ihre Liebe nicht erwidern werde, habe sie sich so aufgeführt, wie wir es von ihr kannten – sie habe die Verhütung verweigert, sei zänkisch, sogar boshaft gewesen.
Das Gefühl, sterben zu müssen, und das leidenschaftliche, ehrliche Bekenntnis der Frau hatten Taylor tief beeindruckt.
So war es geschehen, dass sie auf dem Floß miteinander geschlafen hatten, sogar mehrere Male. Sie hatten sich gegenseitig geschworen, dass nie jemand von der Sache erfahren sollte, sondern dass sie das Geheimnis ihrer Liebe mit in den Tod nehmen würden.
Aber dann war es anders gekommen als gedacht, der Südostpassat hatte das Floß auf die Insel zurückgetrieben, sie waren erschöpft ins Lager gewandert, und die Todesromanze hatte mit einer Rettung geendet.
Frau Sigurd lebte wie bisher mit dem Indonesier Janne zusammen, Taylor für sich allein.
»Vielleicht ist das Kind ja doch von Janne«, sagte ich tröstend.
»Ja, vielleicht.«
Das würde sich jedoch erst in Europa herausstellen.
28
Reeves, Lakkonen und Lämsä war es gelungen, einen kleinen Affen zu zähmen, den sie, nach dem Zwischenfall mit dem Schnapsbrennen, bei einem Jagdausflug gefangen hatten.
Wenn die Männer abends in der Bar saßen und ihre geleisteten Arbeitsstunden in Alkohol umsetzten, hockte der Affe mal bei Lämsä, mal bei einem seiner Zechkumpane auf der Schulter und sah ihnen zu. Manchmal hüpfte er auch lustig davon, um neue Getränke zu holen, und ansonsten genoss er ganz offensichtlich sein Dasein.
Es handelte sich bei dem Affen anscheinend um einen kleinwüchsigen Marakat oder etwas in der Art, und das ganze Lager hatte ihn sehr gern. Die drei Männer wachten jedoch eifersüchtig über ihren Liebling, und kein Außenstehender durfte ihn streicheln, geschweige denn füttern.
Eines Tages sagte Maj-Len beiläufig zu mir, dass ich eigentlich ebenso gut wie jene drei Säufer einen kleinen Affen halten könnte. Es wäre ein reizendes Haustier, fügte sie hinzu.
Ich hatte bereits selbst daran gedacht, äußerte aber meine Bedenken, dass es wahrscheinlich sehr schwierig sein würde, einen Affen zu fangen. Maj-Len sagte darauf, dass es im Dschungel von diesen Tieren nur so wimmelte und dass ich es immerhin versuchen könnte.
Ich fühlte mich ein wenig an jenen Tag zu Hause erinnert, da meine Frau mich bat, eine kleine Katze für uns anzuschaffen. Damals erforderte die Erfüllung des Wunsches einiges Maß an Frechheit und eine Taxifahrt zur Wohnung der Eltern einer Bekannten, wo es galt, ihnen das Kätzchen abzuschwatzen, das sie bereits einem Ingenieur versprochen hatten.
Ich
Weitere Kostenlose Bücher