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Vorstandssitzung im Paradies

Vorstandssitzung im Paradies

Titel: Vorstandssitzung im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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ausschaltend, mit dem Gedanken zu spielen, für den Rest meines Lebens an diesem verfluchten und trotzdem so wunderbaren Strand zu bleiben.
    Wenn Maj-Len in solchen Augenblicken meine Hand drückte und lautlos schluckte, wusste ich, dass sie dieselben Gefühle und Gedanken hatte wie ich, und dass vielleicht auch der kleine Affe mit uns einer Meinung war, dass wir aus Versehen in ein Land geraten waren, aus dem wir am liebsten nie wieder wegwollten.

31
    Die Südostpassate des Stillen Ozeans bliesen schon seit Wochen, Frau Sigurds Schwangerschaft hatte sich großartig entwickelt, das Lager hatte für jedes seiner Mitglieder anständige Pfahlhütten gebaut, und die Rodungsarbeiten waren so weit gediehen, dass das erste S und das besonders aufwändige O fertig waren. Wir lebten mittlerweile sieben Monate auf der Insel.
    Der kleine Affe, den ich gefangen hatte, war so zahm geworden, dass er mir überallhin folgte und sogar kleine Aufgaben erledigte. Süß.
    Einmal war ich zusammen mit Copilot Reeves zum Schnapsbrennen eingeteilt. Das Lager hatte neue Destillationsapparate angefertigt, und die Herstellung des Kokosschnapses war so organisiert, dass sich alle, die Alkohol tranken, beim Destillieren und beim Sammeln der Früchte abwechselten.
    Schnaps zu brennen ist eine interessante Arbeit. Sie erfordert Sorgfalt, und der Erfolg ist nicht immer garantiert. Ruhe und Besonnenheit machen sich auf jeden Fall bezahlt, und wenn aus dem Rohrende schließlich Schnaps zu tropfen beginnt, ist die Freude groß.
    Bei der Arbeit hatten wir Zeit, uns zu unterhalten, und oft sprachen wir über politische Fragen. Diesmal fing Reeves an:
    »Wie vielen Leuten im Lager mag wohl klar sein, dass wir eigentlich im Sozialismus leben?«, sagte er. »Wir haben hier kein Eigentum, über das wir streiten könnten, alles gehört uns gemeinsam. Alle Grundbedürfnisse sind abgedeckt, die Nahrungsmittel werden gemeinsam beschafft und nach den Bedürfnissen und nicht nach der geleisteten Arbeit verteilt, alle Leute wohnen in Hütten, die wir gemeinsam errichtet haben, die medizinische Betreuung ist kostenlos, wir haben keine Bank und auch kein Geld, es sei denn, man bezeichnet die Arbeitsstundenabrechnung im Dschungelrestaurant als Zahlungsmittel. Aber Schnaps ist ja schließlich auch kein Grundbedürfnis. Wir leben in einem echteren Sozialismus als die sozialistischen Völker Europas.«
    Ich gab ihm Recht. Nachdem wir auf der Insel gestrandet waren, hatte er viel über diese Dinge nachgedacht, aus dem konservativen Briten war ein Kommunist geworden.
    »Zu Hause in England war ich ein überzeugter Konservativer. Ich war immer der Meinung, dass England nie eine Arbeiterrevolution erleben wird, denn auch der englische Arbeiter ist ein Konservativer, ein Mitglied des Oberhauses im Blaumann, wir Engländer sind politisch ein rückschrittliches Volk.«
    »Sind denn etwa alle Völker auf dem Kontinent fortschrittlich, zum Beispiel die Franzosen, die Deutschen?«
    »Die haben es wenigstens versucht, wir Engländer haben nicht mal das fertig gebracht. Wenn von einer Verbesserung der Lage der Arbeiter die Rede war, dann dachte auch ich stets, dass ich als Einzelner nichts ausrichten kann. Ganz England denkt so, der Individualismus hat uns blind gemacht.«
    Schnaps tropfte zügig aus dem Rohr, Reeves blies in die Holzkohle, Dampf zischte aus dem Kessel, und der zahme Affe reichte uns den gefüllten Becher. Diese Arbeit hatte er mühelos gelernt.
    »Wenn die Leute im Lager erkennen, dass unser Leben hier sozialistisch ist, was passiert dann wohl?«, fragte ich Reeves.
    »Nichts. Die meisten dieser Leute hatten in Europa ganz andere Ansichten, aber hier ist Gemeinsamkeit einfach die Bedingung fürs Überleben, hier kann man kein anderes System ausprobieren, sonst ist allen der Untergang gewiss. Wenn hier jemand anfängt, Besitz anzuhäufen und von anderen die Arbeiten verrichten zu lassen, für die er selbst zuständig ist, dann fällt das Gesamtergebnis kleiner aus, und die Schwächeren bekommen kein anständiges Essen, keine guten Hütten. Unter unseren Bedingungen können wir uns Experimente nicht leisten. Hoch entwickelte Industriegesellschaften verkraften den Widerspruch, aber dieses Lager nicht. Auch daran, dass wir keine Polizei brauchen, sieht man, dass hier der Sozialismus verwirklicht ist. Jannes und Taylors Eifersuchtsdrama war eigentlich der einzige Fall, in dem ein Ordnungshüter nötig gewesen wäre. Geheimpolizei wird man hier niemals

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