Vorstandssitzung im Paradies
den feierlichen Worten lauschten.
Man bot uns zum werweißwievielten Male Essen und Zigaretten an, wir bekamen auch Champagner, und den lehnten wir natürlich nicht ab. Taylor rauchte Zigarren, blickte aber trotzdem ziemlich finster drein. Ich ahnte, dass er traurig darüber war, dass wir »gerettet« waren. Wir übergaben den Funkern des Flugzeugträgers einen dicken Stapel Telegramme zum Weiterschicken an unsere Angehörigen. Die Nachrichtenagenturen der ganzen Welt funkten indessen den Flugzeugträger an und wollten Informationen aus erster Hand über unser Leben auf der Insel.
Es war ein eigenartiges Gefühl, Radio zu hören. Und Bestecke waren uns auch fremd geworden, wir aßen damit sehr ungeschickt. Wir hatten ebenso verlernt, Servietten zu benutzen, und wischten uns den Mund mit der Hand ab. Die Kleidung scheuerte auf der Haut, und wir kamen uns ziemlich plump darin vor. In Finnland war immer noch Kekkonen an der Macht, wer auch sonst. Die Sozialdemokraten waren aus der Regierung ausgeschieden, endlich. In den Kommunalwahlen hatte das linke Bündnis dazugewonnen. Der Streit um den Generaldirektorposten bei Neste war immer noch nicht beigelegt. Meine Frau war am Leben, und den Kindern ging es gut. Mein Freund Eetu hatte unser gemeinsames Boot verkauft.
Diese Informationen wurden mir später von zu Hause telegrafiert.
Wir übernachteten auf dem Flugzeugträger. Der dortige Arzt nahm uns Blut ab, um es zu untersuchen, obwohl Vanninen ihm sagte, dass wir alle gesund seien.
Die Regierungen unserer Länder wurden offiziell über unser Auffinden informiert, und daraufhin bekamen wir von ihnen Grußbotschaften. Man hieß uns daheim willkommen.
Am nächsten Tag wurden wir wieder auf die Insel gefahren. Die Amerikaner fotografierten uns ausgiebig vor unseren Hütten, und dann sagten sie uns, dass wir unsere Sachen zusammensuchen sollten, jeder dürfe insgesamt dreißig Kilo mitnehmen.
Reeves und Taylor kamen zu mir und erklärten, dass sie trotz allem auf der Insel bleiben wollten. Sie wussten, dass auch Lämsä und Lakkonen die feste Absicht hatten, ebenso mehrere Frauen, nämlich Maj-Len, Gunvor, Iines Sotisaari, Lily und Birgitta.
Ich sagte, dass ich ebenfalls bleiben wolle, wenigstens für ein Jahr, und schlug vor, dass wir in den Dschungel flüchteten, bis der Flugzeugträger weg wäre.
Taylor sagte, dass der Kommandant ihm verboten habe zu bleiben – er hatte gesagt, dass er von den Regierungen unserer Länder beauftragt worden sei, uns nach Hause zu bringen, und er werde nicht erlauben, dass einige von uns auf der Insel blieben. Taylor hatte auf seinem Recht beharrt – er hatte zu dem Kommandanten gesagt, dass seiner Meinung nach ein freier britischer Mann keine Befehle von ausländischen Militärs entgegenzunehmen brauche, worauf der Kommandant nur gesagt hatte, dass er den Rettungsauftrag übernommen habe und diesen auch zu Ende führen werde –, es sei begreiflich, dass ein Mensch, der ein Jahr lang in der Einsamkeit gelebt habe, kaum bei klarem Verstand sei und seinen Rettern unter Umständen sogar Widerstand leiste.
Es war klar, dass der Kommandant uns nicht gestatten würde, in unserem Paradies zu bleiben.
Am Nachmittag, als man uns genug fotografiert hatte und alles so weit fertig war, bat man uns, die Gummiboote zu besteigen.
Reeves gab uns das Zeichen, und wir zehn verdrückten uns einzeln in den Dschungel. Wir hatten uns im Laute des Tages darauf verständigt, dass wir ums Verrecken nicht nach Europa zurückkehren wollten.
Unser Verschwinden wurde fast sofort bemerkt, aber da wir es gewohnt waren, uns im Dschungel zu bewegen, gelang es den Marineinfanteristen nicht, uns zu fassen. Wir rannten über den Pfad tief ins Dickicht hinein, und bald kam der Abend. Dunkelheit senkte sich über den Dschungel, und wir konnten eine Ruhepause einlegen. Keine zehn Pferde würden uns hier herausholen, dachten wir.
Wir übernachteten im Dschungel. Wir waren fünf Männer und fünf Frauen: Birgitta, Gunvor, Lily, Maj-Len und Iines Sotisaari, dazu Reeves, Taylor, Lämsä, Lakkonen und ich.
Unsere Flucht verursachte einen ziemlichen Skandal in der Marineinfanterie. Die Offiziere schickten in der Nacht mehrere Gruppen aus, die uns suchen sollten, aber nicht fanden, da der Dschungel zu dicht und zu dunkel war.
Lakkonen hatte vom Flugzeugträger ein kleines Kofferradio stibitzt, und das schalteten wir ein. Wir hörten unter anderem auch die Berichte über unsere Rettung, und wir lachten zufrieden, denn
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