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Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes

Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes

Titel: Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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übergeben wurde! Heißer Zorn flammte in ihr auf und gab ihr die Kraft, weiterzumachen.
    Ihre Hand krampfte sich um das flache zweischneidige Abhäutemesser. Der warme Geruch des Karibus stieg ihr in die Nase. Sie zog das Schneidewerkzeug an ihrem Stiefel ab. Bevor sie sich erneut daranmachte, den Kadaver zu bearbeiten, reinigte sie die Kanten von verklebten Gewebeteilen.
    Dieser Träumer wollte sie unter dem Großen Eis hindurchführen? Das war Wahnsinn. Kein Mensch konnte unter dem Eis gehen!
    Aber er hatte die Karibus gerufen. Das hatte sie mit eigenen Augen gesehen. Sie hatte auch gesehen, daß er das Neugeborene dieser Frau namens Grünes Wasser geheilt hatte. Sie hatte gesehen, wie er ihm die Flüssigkeit aus der Nase gesaugt und dem winzigen blauen Fötus, der viel zu früh auf die Welt gekommen war, Leben eingehaucht hatte. Magische Kräfte hatte er; große Kräfte.
    »Aber er ist längst nicht so mächtig wie Eisfeuer«, flüsterte sie im Vertrauen auf den alten Schamanen.
    Verbissen schnitt sie mit dem zweischneidigen Werkzeug aus grauem Quarzit in das Muskelgewebe des Karibus. Sie spürte den Widerstand und schärfte die schon etwas stumpfe Schneide an einer Geweihsprosse. Die langen Steinsplitter flogen unter ihrer kundigen Hand in alle Richtungen. Mit der geschärften Kante setzte sie das Abhäuten zügig fort.
    »Sie können mich nicht halten.« Unter der schützenden schwarzen Haarpracht warf sie einen haßerfüllten Blick auf Hüpfender Hase. »Und du da drüben wirst bald genug bereuen, daß dir mein Körper Vergnügen bereitet hat, du widerliche Fliegenlarve! Steck ihn in die mageren Körper der Frauen deines Volkes. Die Tochter des Weißen-Stoßzahn-Clans ist zu gut für dich!«
    Unauffällig preßte sie die Hände auf ihren Bauch, als wolle sie seinen Samen herausdrücken.
    Ängstlich wartete sie auf die Drehung des Mondes, dann wußte sie, ob ihre Blutung überfällig war oder nicht.
    Bald, sehr bald würde sie fliehen. Das Ende der Langen Finsternis nahte. Sollte sie fliehen, bevor das Volk unter dem Eis durchging? Unentschlossen nagte sie auf der Unterlippe, Sorgenfalten gruben sich in ihre makellose Stirn. Ob es wohl stimmte, daß dieser Wolfsträumer auf der anderen Seite riesige Herden gesehen hatte? Wenn eine Frau aus dem Mammutvolk wußte, wo sich diese Öffnung befand, dann könnte Eisfeuer alle Mammut-Clans hindurchführen.
    »Ich warte ab.« Sie lächelte bitter. »Wir werden ja sehen, wie sicher euer Weg unter dem Eis ist!«

KAPITEL 46
    »Ich weiß nicht, was ich von der ganzen Sache halten soll.« Kopfschüttelnd starrte Der der schreit in die pechschwarze Dunkelheit. Eine eiskalte Brise wehte durch den Riß im schmutzigen, von unförmigen Klumpen überzogenen Eis, das sich zu häßlichen Haufen auftürmte: eine furchteinflößende Welt, mit keiner anderen vergleichbar. Das Große Eis lag vor ihnen wie ein gewaltiger Wall. Die ungeheure Masse erinnerte an die sich überlappenden Schuppen eines überdimensionalen Fisches. Der glitzernde Schnee hob sich grell gegen das schmutzige Eis ab. Schon hier hörten sie die schwachen Echostimmen gepeinigter Geister.
    Ein mit Steinen und Felsen übersäter Pfad ein ausgewaschenes Flußbett führte in das Eis hinein und schnitt sich in tiefen Windungen zwischen bedrohlich kalten Eiswänden hindurch.
    Der der schreit schluckte schwer und hatte das Gefühl zu ersticken als hätte sich eine Fischgräte in seinem Hals quergestellt. Ihm standen fast die Haare zu Berge.
    »So gewaltig …« Singender Wolf verschlug es die Sprache. Hilflos breitete er die Arme aus. Entsetzt starrte er auf die sich bis zum grauen Himmel erhebenden Eismassen.
    Der der schreit nickte nervös. Grau. Die Welt ist für uns alle grau geworden. Sämtliche Farben sind verschwunden. Nur die Verzweiflung bleibt. Eis und Fels vor uns, um uns herum. Hinter uns droht ein entsetzlicher Tod durch die Hände der Anderen. Ist dies tatsächlich der Weg? Gibt es keinen anderen?
    Gibt es kein Leben mehr, keine Freude, kein Glück? Ich will da nicht hineingehen. Ich will nicht in diese von Geistern bewohnte Finsternis.
    Wolfsträumer stand ein wenig abseits. Er trug den Pelz, den er aus Großvater Eisbärs Fell hatte nähen lassen. Die kalte Brise aus der vor ihnen liegenden Eisrinne kräuselte die langen weißen Haare seines Mantelsaumes.
    Der der schreit wandte sich um und blickte in Tanzende Füchsins ausdrucksloses Gesicht. Sie und Wolfsträumer waren eifrig darauf bedacht, einander aus

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