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Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes

Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes

Titel: Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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dem Weg zu gehen. Was war an jenem Tag in Reihers Höhle vorgefallen? Nicht nur der eisige Wind ließ Der der schreit frösteln.
    »Seht ihr die Felsbrocken, die hier heruntergekommen sind?« rief Wolfsträumer und deutete auf eine Ansammlung gewaltiger Felsen. »Das ist das Werk der Schneeschmelze. Die ganze Rinne ist im Sommer voller Wasser ein richtiger Fluß.«
    »Warum ist gerade hier soviel Eis? Warum reicht es nicht bis ans Ende der Welt?« erkundigte sich Singender Wolf.
    »Wegen der Berge. Hier treffen die Gebirge von Osten und Westen aufeinander. Der Große Fluß bildet eine Grenze. Das Eis sammelt sich hier an, weil es nicht weiterkommt, deshalb türmt es sich höher auf als anderswo. Es staut sich.« Wolfsträumer unterstrich seine Worte mit erklärenden Handbewegungen.
    Langsam schlössen die Leute auf. Unter der schweren Last ihrer Rückentragen gingen sie gebeugt. Sie hielten Seile aus geflochtenen Karibusehnen und aus in mühsamer Arbeit gesplissenem Mammutfell in den Händen.
    Die Hunde schnüffelten und stießen keuchend feuchte Atemwolken aus.
    Grünes Wasser blieb stehen und stemmte die Hände in die Hüften. Ihr Kind lugte unter ihrer Kapuze hervor. Es sah fast so aus, als hätte sie einen Körper mit zwei Köpfen. Die dunklen Augen des Kindes blinzelten schüchtern. Der der schreit fing einen Blick seiner Frau auf und lächelte ihr aufmunternd zu, obwohl ihm alles andere als wohl zumute war.
    Wolfsträumer übernahm die Führung. Vorsichtig stieg er über die Felsbrocken. Er hielt sich auf der Seite des trockenen Flußbettes, an der die Strömung anscheinend weniger stark gewesen war und sich weniger Abraum abgelagert hatte. Das Gehen fiel hier etwas leichter.
    »Ich mache mir Sorgen«, brummte Der der schreit.
    Singender Wolf warf ihm einen flüchtigen Blick zu und lächelte müde. »Die Geister bringen dich wohl ziemlich durcheinander, eh?«
    Der der schreit machte ein so finsteres Gesicht, wie es ihm nur möglich war. »Ich habe auf dich gehört. Das hat mit Geistern nichts zu tun. ›Komm schon‹, hast du gesagt. ›Wir gehen zuerst. Wir beweisen allen, daß es zu schaffen ist!‹ Und ich habe auf dich gehört.
    Ich habe auf dich gehört! Ich muß nicht bei Trost gewesen sein. Was redest du also jetzt wieder so dummes Zeug von Geistern?«
    »Du hast dich einverstanden erklärt! Du hast von den Anderen gesprochen und in den leuchtendsten Farben geschildert, was sie unserem Volk antun, wenn wir nördlich des Großen Eises bleiben.«
    »Aber deshalb hätte ich trotzdem nicht auf dich steinköpfigen …«
    »Schweig«, befahl Singender Wolf, die Augen ängstlich auf das große Loch im Eis gerichtet.
    »Wolfsträumer führt uns.«
    Der der schreit seufzte.
    »Noch leben wir«, zischte Singender Wolf durch die zusammengepreßten Zähne und folgte unbeirrt Wolfsträumers Fußstapfen. Sein Kopf nickte auf und ab, weil er immer wieder voller Unbehagen nach vorn blickte, um sich gleich darauf erneut auf den' Weg zu konzentrieren. Seine Augen bohrten sich in die schwarzen Schatten und Nischen, die sich in das Eis fraßen. Lachender Sonnenschein ging, qualvoll seufzend unter ihrer schweren Rückenlast, dicht hinter ihm.
    »Noch leben wir noch leben wir«, wiederholte Der der schreit mürrisch und blickte hinauf zu den grauen Wolken. Ein Stückchen Himmel war durch den engen Spalt über ihnen gerade noch zu sehen.
    Er schluckte ängstlich. Von den Eiswänden tröpfelte Wasser herab, das leise, kaum wahrnehmbare Geräusche erzeugte.
    »Kommst du? Oder soll ich dich tragen?« rief Singender Wolf, der ihm bereits ein ganzes Stück voraus war.
    Verärgert stapfte Der der schreit ihm nach. Ihm standen die Haare zu Berge bei dem Gedanken, die Geister könnten ihn berühren. Ein merkwürdiges Zittern befiel seine Beine.
    Hände streckten sich nach ihm aus. Er blinzelte in die Düsternis. Nichts zu sehen. Finger, kaum merkbar, huschend, todbringend. Er konnte sie schon fühlen. Geisterhände bewegten sich, griffen nach ihm, überzogen sein warmes Fleisch mit einer Gänsehaut.
    Angst! Noch nie in meinem Leben hatte ich solche Angst! Es ist nicht der Tod. Nein, ich fürchte den Tod nicht. Es ist die Dunkelheit die Geister. Ein Mann sollte nicht im Dunkeln sterben. Seine Seele ist gefangen. Dunkelheit. Auf ewig Dunkelheit.
    Von Panik ergriffen, blieb er stehen. Er war kurz davor, den Weg, den er eben gekommen war, zurückzurennen.
    Hinter sich hörte er Kies und Steine unter den Füßen von Grünes Wasser

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