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Vorzeitsaga 02 - Das Volk des Feuers

Vorzeitsaga 02 - Das Volk des Feuers

Titel: Vorzeitsaga 02 - Das Volk des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Stolz platzen sollen, das Herz hätte ihm die Rippen sprengen sollen. Er hätte vor Freude hüpfen und jauchzen sollen, tanzen und singen zur Ehre seines Erwachsenwerdens. Statt dessen schritt er vollkommen ruhig zur Wand und berührte die tiefen Furchen der Spirale. Der Stein unter seinen Fingerspitzen fühlte sich warm und körnig an. Er konnte die Qual in Zwei Rauchwolkens Augen nicht vergessen, auch nicht die Worte über das Wolfsbündel, den Ersten Mann und Blutbär. Weißes Kalbs Augen brannten mit der Intensität glühender Kohlen in seinem Rücken. Eine Macht pulsierte durch die Nacht.
    Draußen vor der Höhle heulte sehnsüchtig ein Wolf.
    Klappernde Hufe ging mit den beschwingten, weitausgreifenden Schritten einer Frau, die gewohnt ist, lange Strecken zu wandern.
    Zu beiden Seiten des Pfades reckten sich die Stämme der Föhren zum wolkenverhangenen Himmel empor. Es hatte bereits zum erstenmal Frost gegeben, doch Menschen und Tieren wurde noch eine kleine Frist gewährt, bevor der Winter seinen eisigen Atem über das Land blasen und die Buffalo Mountains fest mit seiner weißen Faust umklammern würde.
    Sie verlangsamte ihren Schritt und kletterte über einen den Weg versperrenden umgestürzten Stamm.
    Die meisten Äste hatten die Hirsche schon abgerissen, so daß sie sich mühelos darüberschwingen konnte. Ihr Kleid verfing sich in einem Astknorren. In langgeübter Gewohnheit brach sie ihn mit einem lauten Knacken ab und setzte ihren Weg zu Weißes Kalbs Höhle fort.
    Alles hatte sich schneller erledigt als erwartet. Auf seiner fruchtlosen Jagd nach Reizende Wapiti hatte Blutbär Spuren des Kleinen-Büffel-Volkes entdeckt. Das Glück ging manchmal seltsame Wege. Bis die Kriegslust abflaute, hatte Reizende Wapiti vielleicht genug Männer gehabt, um Blutbärs Interesse abzukühlen.
    Vielleicht machte ihr sogar einer einen Heiratsantrag, wenn sie ein Kind empfangen hatte. Vieles konnte geschehen, alles war offen.
    Glücklich und befreit atmete sie tief durch. Mit langen Schritten eilte sie weiter. Sie kam rasch voran.
    Der Pfad war auf dem harten Boden kaum noch zu erkennen. Sie verlangsamte den Schritt und bückte sich, um die Spur zu prüfen. Entsetzt wich sie zurück.
    Nein! Sie konnten nicht hier sein! Nicht auf diesem tief im Wald versteckten Pfad weit weg von den Büffelfährten, die in die Ebenen im Osten führten.
    Sich vorsichtig nach allen Seiten umsehend, schlich sie weiter.
    Ihr blieb keine Zeit mehr, auch nur ein Wort auszustoßen. Ein starker Arm umschlang würgend ihren Hals, eine muskulöse Hand preßte sich auf ihren Mund und erstickte ihren Schrei.
    »Ich habe das Gefühl, Weißes Kalb will mich nicht hier haben.«
    Reizende Wapiti drehte den Kopf, um Zwei Rauchwolkens Miene zu beobachten.
    Er rieb sich die Stirn und schlug nach einer Fliege, die ihn hartnäckig belästigte. Sie saßen oberhalb eines Hangs ein paar Speerwürfe von der Höhle entfernt und genossen den goldenen Sonnenschein.
    Selbst der Himmel spiegelte den Frieden des Tages. Unendlich weit erstreckte sich der blendend blaue Baldachin. Hin und wieder schwebten strahlend weiße Wolkenkissen vorbei, die bei ihrem Weg über den Himmel die vielfältigsten Formen annahmen. Ein gestreiftes Eichhörnchen ging eifrig seinen Alltagspflichten nach. Es schlug Blütenstände von den Salbeisträuchern und knabberte die winzigen Samen heraus, bis seine Backentaschen randvoll gefüllt waren. Dann sprang es mit hocherhobenem Schwanz davon, um sie in seinem Vorratslager zu verstecken.
    Skeptisch blickte Reizende Wapiti auf den neben ihr aufragenden riesigen Haufen rötlich-grauer Rinde, der überhaupt nicht kleiner zu werden schien. Während sie sich mit dem Berdachen unterhielt, verarbeitete sie die langen dünnen Streifen der Wacholderrinde, die Zwei Rauchwolken im Sommer von den Stämmen geschält hatte. Reizende Wapitis flinke Finger verwoben sie zu einem Strang. Sie rieb die Rinde wie einen Feuerstein zwischen den Handflächen und verband sie zu endlos langen Seilen. Zwei Rauchwolken zog diese Stränge kreuz und quer zu einem Netz und verknotete sie geschickt. Das von ihm geknüpfte Netz erreichte die Größe eines hochgewachsenen Mannes.
    Ein warmer Wind strich seufzend über die sturmgebeugten Bäume.
    Die strahlende Sonne erwärmte die Felsen und ließ das herbstlich dürre Gras braunrot aufleuchten.
    Spätblühende Blumen reckten ihre gelben Köpfe und genossen Väter Sonnes zärtliche Liebkosung.
    »Das hat nichts mit dir zu tun.

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