Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde
ihr Unbehagen an. »Und was ist mit deiner Macht?«
Er legte den Arm um sie und hüllte sie wärmend in seine Decke. »Sie schwindet seit einigen Jahren …
ich weiß nicht, warum. Aber du sollst wissen, ich habe mit meiner ganzen Seele für das Leben von Warmes Feuer gebetet.«
»Ich weiß.« Bis zur Großen Versammlung waren es noch drei Tage. Sie blickte hinüber auf die dunkle Silhouette der Monster Mountains hinter dem Dreigabelungenlager. Diese Heirat brachte dem Rundfelsen-Stamm beträchtliches Prestige. Das Getuschel von Hexerei würde aufhören und die Beschuldigungen der Leute aus dem Dreigabelungenlager würden eher zum Gespött, denn zu einer Bedrohung werden. Außerdem bot die Heirat auch für ihre Zukunft etliche Vorteile.
Sie wandte sich ihm zu. Schuldbewußtsein beschlich ihre Seele, als verrate sie mit ihrer Entscheidung Warmes Feuer. »Ich werde deine Frau.«
Der Druck seines Armes um ihre Schultern wurde fester. »Ich danke dir, Rosenbusch. Ich werde mein Bestes für dich tun.«
»Ich auch für dich.« Erleichtert, die Qual der Entscheidung hinter sich zu haben, genoß sie die Wärme seines Körpers. Er wickelte die Decke um sie beide. »Für eine so warme Nacht hast du eine große Decke mitgenommen.«
Er lächelte sie offen an. »Ich hoffte, ich könnte sie brauchen.«
Sie nickte beklommen und führte ihn tiefer hinein in das Dickicht. An einem versteckten Platz nahm sie die Decke, breitete sie auf dem weichen Boden aus und streifte das Kleid über den Kopf. Die kühle Luft liebkoste ihre im bleichen Mondlicht sanft schimmernde Haut.
Schwarze Hand seufzte, bewundernd glitt sein Blick über ihren makellosen Körper. Während er sein Hirschlederhemd auszog, löste sie die Verschnürung seiner Leggings.
Sie ließ sich auf die weiche Decke zurücksinken und schloß die Augen. Sie öffnete sich und seufzte, als er in sie eindrang.
Plötzlich raschelte es in den Sträuchern. Erschrocken fuhr sie auf, doch es war bereits wieder still.
Im Rhythmus seiner Bewegungen entspannte sie sich, bis sich die warmen, vertrauten Empfindungen einstellten. Tief in ihrem Innern wiederholte eine winzige Stimme: Warmes Feuer, verzeih mir.
Verzeih mir…
Der heulende Wind wirbelte stechende Schneekristalle über die gefrorenen Schneewehen. Die Salbeibüsche raschelten rauh unter dem funkelnden Sternenhimmel. Kalte, schwarze Nacht drückte auf Windläufer nieder. In der Ferne ragten die zerklüfteten Berge schneebedeckt in die Finsternis.
Als Windläufer die Augen öffnete, verschwand dieses winterliche Bild schlagartig; vor ihm erstreckte sich das Land mit blaugrünem Salbei und sonnenüberfluteten gelbbraunen Felsen. Das Land hatte sich vollkommen verändert, seit er das letzte Mal auf diesem Felsen gesessen und auf das Lager des Weißlehm-Stammes geblickt hatte. Die Sonne hatte den Schnee längst weggetaut. Die eisigen Winde hatten sich in sanfte Brisen verwandelt. Das könnte eine andere Welt sein ein fremder, nur in Träumen existierender Ort.
Bevor er auf den Grat gestiegen war, hatte ihn ein merkwürdiger Impuls dazu getrieben, durch die Überreste des Lagers zu gehen. Die Knochen der Toten waren sauber abgefressen, ihre Lederkleidung hatten Sonne und Wind hart und brüchig gemacht. Spröde gewordene Haarsträhnen lagen zwischen rußigen Zeltstangen und Wänden.
Einige der Toten hatte Windläufer an den Knochenperlen und den Resten ihres Muschelschmucks erkannt. Alter Falke, in dessen Lächeln soviel Wärme gelegen hatte. Pfeifender Hase, der so klug gewesen war. Inmitten der ruhelosen Toten stehend, hatte er die Arme zum Himmel erhoben und mit dem uralten Lied seines Volkes den Großen Donnervogel angefleht, nach ihren gepeinigten Seelen zu suchen. Er hatte geweint eine letzte Totenklage für den Weißlehm-Stamm.
Und keine Spur von Weiße Esche. Er blickte über die schattige Senke, in der sich die Überreste des Weißlehm-Lagers befanden. Er hatte diesen Weg, der den Schwarzspitzen-Stamm hier vorbeiführte, nicht bewußt gewählt. Oder doch? Falls es Salbeigeist aufgefallen war oder ihn bekümmert hatte, so hatte er jedenfalls nichts dazu gesagt.
Salbeigeist hatte sich damals sämtliche Leichen genau angesehen. Wäre Weiße Esche darunter gewesen, hätte sie der alte Jäger entdeckt. Windläufer versank wieder in Erinnerungen. Die Sonne ging langsam unter und verschwand hinter den Red Rock Mountains. Dunkelheit senkte sich über das Land.
Windläufer warf einen Blick über die Schulter. Dort im
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