Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde
bringen.
Wenn ich mich recht erinnere, hast du eine Menge getrocknetes Büffelfleisch für diese Köstlichkeit eingetauscht.«
Windläufer schnaubte. »Da hast du mir etwas zum Nachdenken mit auf den Weg ins Lager gegeben.
Vier Büffel reichen nicht lange bei all den hungrigen Mäulern. Vielleicht kann ich ja unterwegs noch Kleinwild erlegen. Das würde den Vorrat ein bißchen vergrößern.«
»Mach das«, erwiderte Salbeigeist gutmütig. »Und paß auf deine Tante auf. Ich mache mir ihretwegen Sorgen.«
»Das verspreche ich dir. Deine Zauberträume beunruhigen auch mich. Damals, im Lager oberhalb des Fat Beaver River, hattest du auch merkwürdige Vorahnungen bevor der Schwarzspitzen-Stamm uns vertrieben hat.« Windläufer erhob sich. Mit dem Daumennagel kratzte er sich getrocknetes Blut von den Nägeln. »Ich nehme für alle Fälle ein bißchen Fleisch mit.«
»Ich helfe dir beim Packen.«
Bevor Windläufer sich auf den Weg zum Lager machte, blickte er auf die verglimmenden Glutreste seines Feuers, die der Wind über den Schnee blies. Die Mächte hatten stets eine besondere Verbindung zu Salbeigeist gehabt. Was bedeutete sein merkwürdiges Gefühl diesmal? Nachdenklich starrte Windläufer in die Überreste der Asche… ihn fröstelte.
Tapferer Mann stand auf der höchsten Erhebung des Grats. Gedankenversunken blickte er Windläufer nach, dessen Gestalt wie ein immer kleiner werdender dunkler Punkt vor dem Schnee auf und ab hüpfte, bis sie schließlich im Norden hinter einer Hügelkette verschwand.
Nun, alter Freund, du gehst und holst das Volk. Und du bringst auch Weiße Esche hierher. Bei diesem Gedanken lachte er vergnügt in sich hinein. Er sah zum grauen Himmel hinauf, wo der Sturm die Wolken zu mächtigen Gebilden türmte. Gelegentlich trieben kleine, zarte Schneeflocken herunter. Die peitschenden Windböen erfaßten sie, und sie stachen peinigend auf ihn ein.
In der Nacht hatte er geträumt. Eingehüllt in seine Decken, hatte er die Jagd noch einmal erlebt. Der Wind hatte getobt und wie eine Geistermacht zu ihm gesprochen. Er fühlte die Lockung des grauen Dunstschleiers, genoß die darin verborgene Verheißung. Etwas Wundervolles, Mächtiges lag hinter dem schemenhaften Dunst. Er hörte Stimmen, die sich zu einem Lied vereinten. Er fühlte, wie die Ranken der Macht seine Seele liebkosten. Könnte er doch nur den Weg zum Mittelpunkt dieses mystischen Wunders finden. Die Stimmen hatten ihm zugeflüstert, bald werde etwas Bedeutendes geschehen. Sie hatten ihm wieder Weiße Esche versprochen und ihre Macht.
Eines Tages muß ich dich umbringen, Windläufer. Die Macht sagt es mir. Ich fühle es fühle, wie dein Blut rot und warm auf meine Hand tropft.
Tapferer Mann schloß die Augen. Ein stechender Schmerz durchzuckte seinen Kopf. Die erneut pochenden Kopfschmerzen zersplitterten seine Gedanken. Was war aus seiner Freundschaft mit Windläufer geworden? Wohin war alles entschwunden? Die Macht war zu ihm gekommen, aber um welchen Preis?
Vor seiner Flucht aus dem Lager der Toten hatte er die Stimmen nie gehört. Während jenes unheilvollen Sommers vor zwei Jahren zurück lagerte der Weißlehm-Stamm im Norden an den Ufern des Fat Beaver River. In seinem grünen Schwemmland wuchsen reichlich dreiblättrige Pappeln, das saftige Gras lockte die Bisonherden an. Die Jagdgründe waren sehr ergiebig gewesen. Damals standen Windläufer und er sich sehr nahe. Weiße Esche war zu einer jungen Frau herangereift und warf Tapferer Mann verheißungsvolle Blicke zu. Alles änderte sich, nachdem der Schwarzspitzen-Stamm bei einem Überraschungsangriff das Lager zerstört hatte. Das Schwarzspitzen-Volk suchte verzweifelt nach neuen Jagdgründen doch der Weißlehm-Stamm war nicht bereit, das Tal des Fat Beaver River mit einem anderen Stamm zu teilen. An jenem Morgen waren die Krieger der Schwarzspitzen mit wilden Kriegsrufen zwischen den Pappeln hervorgestürmt und hatten das friedlich schlafende Lager überrumpelt. Noch bevor jemand wußte, was geschah, waren sie bereits mitten im Lager.
Am Tag zuvor hatten Tapferer Mann und Windläufer in diesem Lager noch zusammen gespielt. Sie hatten ihre Speere auf Zielscheiben geworfen und sich darüber unterhalten, welche Tätowierung sie wohl im nächsten Jahr, wenn sie Männer wurden, bekommen würden.
Damals hatten wir gemeinsame Träume. Jetzt hast du dich gegen mich gestellt, alter Freund.
Verächtlich spuckte Tapferer Mann in den Schnee.
Als die Warnrufe ertönten, war er
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