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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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Geschehens.
    »Siehst du den Mann da ganz rechts den mit dem aufgemalten Eulengesicht auf dem Hemd?«
    Flechte wischte sich über die Augen und nickte. Der Mann stand mit leicht nach vorn geneigten Schultern da und hatte eine Hand auf den Kopf eines kleinen Mädchens gelegt, das voller Freude herumhüpfte und strahlend zusah, wie das übereinandergelegte Fleisch zu einem wahren Berg anwuchs.
    »Sein Name ist Stoßzahn. Die Macht legte all ihre Kraft und Hoffnung in ihn. Vom Tag seiner Geburt an war die Eule sein Geisterhelfer. Aber als die Macht ihn schließlich rief, um ihn in das Meer von Vater Sonnes Licht eintreten zu lassen und ihn zu lehren, die Spirale wieder ins Gleichgewicht zu bringen, da konnte er es nicht. Er hatte Angst.«
    Flechte riß die Augen auf. »Hatte er Angst, das Licht würde ihn verbrennen?«
    »Ja. Er hatte Angst, es könne seine Seele verbrennen und es bliebe nichts von ,ihm'. Dann hätte er nie zu seiner Familie zurückkehren können. Seine Frau und seine Kinder bedeuteten Stoßzahn mehr als das Mammutkalb. So sind die Menschenwesen. Es ist nicht ihre Schuld, daß sie sich mehr um sich selbst kümmern als um alles andere auf der Welt. Der Erdenschöpfer gab ihnen diese Eigenschaft, um ihnen das Überleben zu erleichtern. Nur wenige sind bereit, sich zu opfern, damit im Frühling weiterhin gelbe Schmetterlinge über den Wildblumen flattern. Diese wenigen suchen die Mächte sich aus. Aber nicht einmal eine Macht weiß mit Bestimmtheit, wer das Ziel erreicht und wer versagt.«
    Feuerschwamm sah sie mit einem traurigen Lächeln an. »Im Grunde möchte niemand ein Träumer sein, Flechte.«
    Das Bild der grasbewachsenen Ebene verwandelte sich, glitzerte auf wie eine Million Mückenflügel, aus deren Flirren sich eine neue Szenerie herauskristallisierte …
    Weißes Wasser stieg brodelnd aus Ritzen im felsigen Boden. Es ergoß sich in einen aquamarinblauen Teich, an dessen Ufer Menschen saßen. Sie aßen und unterhielten sich. Der kühle Wind trieb den aufsteigenden Dampf in langen wolkigen Schwaden durch das angrenzende Tal. Allein auf einem Fels, weit weg von den anderen, saß ein junger Mann. Er schrie: »Ich bin nicht der eine … Ich bin kein Träumer.«
    »Wer ist das?«
    »Wolfsträumer. Er hat das Ziel erreicht. Er träumte die Menschenwesen in die Spirale dieses Landes … obwohl alles in ihm danach schrie, ein Jäger zu sein und mit der Frau, die er liebte, eine Familie zu gründen.«
    »Die Macht hat es ihm nicht erlaubt?«
    »Er selbst hat es sich nicht erlaubt. Das Überleben seines Volkes war ihm wichtiger als seine eigenen Wünsche. Ohne seinen Traum hätten die Menschenwesen niemals den Weg in dieses Land gefunden.«
    Mit einer Drehung seiner Hand änderte er das Bild erneut. Ziehende Wolken wanderten an einem mitternächtlichen Himmel entlang.
    Donner grollte, und aus dem Grollen heraus flüsterte eine Frau: Ich fühle mich verloren. Es ist, ah sei ich in eine neue Welt geboren worden.«
    Die regnerische Nacht erwachte zu einem strahlenden Tag. Aus den goldenen Sonnenstrahlen formte sich das Bild eines Mannes, der auf einer hohen Felsnadel lag. Unter ihm erstreckte sich in westlicher Richtung ein weites Becken, purpurrote Berge begrenzten die atemberaubende Aussicht. Blut sickerte von den aufgesprungenen Lippen des Mannes. Er öffnete den Mund und sprach: Ich kann nicht dein Träumer sein. Ich kann Reizende Wapiti nicht verlassen … auch nicht meine Töchter. Ich liebe sie zu sehr.«
    Aufsteigender Rauch verdrängte das Bild. Flechte wandte den Kopf und sah Feuerschwamm an. Sein Kindergesicht hatte einen bittersüßen Ausdruck angenommen, der ihr Herz tief berührte.
    ,Niemand möchte ein Träumer sein, Flechte die Frage ist, kannst du eine Träumerin sein?«
    Feuerschwamms große Augen erfaßten ihre ganze Seele. »Bist du bereit, deine Seele zu geben? Dann müßtest du die Sicherheit deiner Höhle verlassen und zu Nachtschatten nach Cahokia gehen. Allein.
    Unbewaffnet.«
    »Aber überall sind feindliche Krieger. Ich - ich bin erst zehn Sommer alt! Ich kann nicht allein -«
    »Das war ich auch«, sagte er leise. »Ich war ebenfalls zehn, als die Macht mich rief.«
    »Du warst ein Träumer?«
    »Ja. Vor sehr langer Zeit.« Feuerschwamm stand auf und blickte auf sie hinab. Rings um ihn zitterte die Luft in der von den Felsen aufsteigenden Hitze und verlieh seinem Körper bizarr schwankende, unheilvolle Formen. »Für mich war es ebenso hart wie für dich, Flechte. Doch ich machte

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