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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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den Körper des Jungen zur Seite. Rasch bückte er sich und schnitt Heuschreckes Fesseln durch. Sein Gesicht wurde hart vor Zorn, als er die Wunden auf ihrem Körper und die weiße Flüssigkeit sah, die über ihre Oberschenkel lief.
    »Wir haben nicht viel Zeit«, sagte er. »Ich habe Flöte befohlen, die Feuer zu entfachen und dann zu rennen, so schnell er kann.«
    »Gut«, antwortete sie. Tränen standen in ihren Augen und kullerten über ihr blutverkrustetes Gesicht.
    Herzzerreißendes Schluchzen drang aus ihrer Kehle und versetzte Dachsschwanz' Seele einen Stich.
    Behutsam nahm er sie bei den Schultern und half ihr auf die Beine. Stechende Schmerzen peitschten durch ihren Körper. Sie taumelte.
    »Du kannst doch laufen, oder?« fragte er besorgt.
    »Natürlich.« Sie riß sich zusammen.
    Hals über Kopf, über Sträucher und Steine stolpernd, flohen sie in die Dunkelheit. Hinter ihnen erklangen Schreie. Ein halbes Dutzend Männer - unter ihnen Adler - stürmten über die Kuppe und folgte ihnen mit wutentbranntem Geheul.

KAPITEL 33
    Tharon gähnte. Er setzte sich auf einen Hocker aus Zedernholz und ordnete sorgfältig den Saum seiner goldenen Robe über seinen Füßen. Die alte Mehlbeere stolperte auf wackligen Beinen vor ihm auf und ab, fuchtelte wild mit den Armen und erläuterte ihm, warum sie unbedingt auf dieser Zusammenkunft bestanden hatte.
    Diese vertrocknete Alte langweilt mich bis zum Wahnsinn.
    Seit über einem Zyklus hatte Tharon alle offiziell an ihn gerichteten Bitten der Stammesführerinnen um eine Unterredung strikt abgelehnt. Mehlbeeres Wunsch hatte er nur Folge geleistet, weil er sich von der Begegnung ein wenig Abwechslung versprochen hatte.
    Doch da hatte er sich gründlich getäuscht. Mißmutig betrachtete er Mehlbeere. Diese wies soeben mit einer klauenähnlichen Hand auf die anderen Stammesanführerinnen und sagte: »Mädchenauge behauptet, wenn Petaga den Krieg gewinnt, wird sich das System ändern. Jedes Dorf könnte dann seine Angelegenheiten selbst regeln. Wir würden uns neu organisieren, so daß jedes Dorf seine eigenen Interessen wahrnehmen und nur zum eigenen Vorteil Handel treiben könnte.«
    »Das predigt jedenfalls der Häuptling Großer Mond. Und?«
    Tharons Aufmerksamkeit wandte sich dem Berdachen zu, der Winterbeere etwas ins Ohr flüsterte.
    Seltsame Wesen, diese Berdachen. Verfügten über magische Kräfte, und Mächte wohnten in ihnen.
    Auf Primel traf das ganz besonders zu. Tharon hatte ihn gleich bewundert, als er ihn zu Gesicht bekommen hatte.
    Tharon reckte das Kinn und starrte Primel neugierig an. Wenn Heuschrecke von diesem Kampfgang nicht zurückkehrte, konnte er sich gut vorstellen, Primel zu seinem Geliebten zu machen. Er hatte früher schon Berdachen als Liebhaber gehabt und sie … interessant gefunden. In Gedanken sah er sich schon von starken, männlichen Armen umschlungen, männliche Lippen preßten sich auf die seinen.
    Primel genoß den Ruf weiblicher Sanftheit. Aber vielleicht lauerte hinter dieser Fassade echte männliche Leidenschaft. Es mußte faszinierend sein, dies herauszufinden.
    »Diese alte Frau da!« Die lästige Mehlbeere marschierte zwischen Tharon und Primel auf und ab und deutete auf Mädchenauge. »Sie hat vorgeschlagen, alle Stämme sollten sich gegen dich wenden, mein Häuptling, und sich Petaga anschließen!«
    Maßlos verblüfft starrte Tharon sie an. »Was?«
    »Ja«, beharrte Mehlbeere. »Verrat! Das ist es, was -«
    »Lügnerin!« Mädchenauge stand auf und watschelte unsicher vor. Ihre blinden Augen glänzten im Sonnenschein wie gefrorene Seen. Die wie bei einem Skelett vorspringenden Backenknochen verliehen ihr das Aussehen eines eingeschrumpften Leichnams. »Wir haben über den Krieg gesprochen, weiter nichts. Wir …«
    Plötzlich konnte sich Tharon nicht mehr konzentrieren. Die Umgebung verschwamm vor seinen Augen, und die Welt wurde dunkel.
    Er begann zu zittern. Das passierte ihm in letzter Zeit immer häufiger, inzwischen so oft, daß er den Aberglauben des Volkes, Vater Sonne könne tatsächlich mit Menschenwesen Verbindung aufnehmen, übernommen hatte. Eine flüsternde Stimme zischte in seinem Kopf: »Wie eine Leiche … eine Leiche
    …«
    Das dumpfe Hämmern seines Herzens übertönte Mädchenauges Stimme. Ihre Worte prallten an den äußersten Grenzen seines Bewußtseins ab, hoben und senkten sich, brandeten, schmutzigen Schaum aufwühlend wie die Wellen eines vom Sturm gepeitschten Sees, gegen ihn. Eine Welt aus heißer

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