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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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Sonne und übelriechendem Angstschweiß hüllte ihn ein und trieb ihn in die schemenhafte Wirklichkeit eines bösartigen Alptraums hinein.
    … seine kindliche Seele blickte über ein Feld abgeernteter, von einem unbarmherzigen Winterwind ausgezehrter gelber Halme.
    Ängstlich klammerte er sich an Dachsschwanz' Ärmel. Dachsschwanz starrte wie versteinert vom steilen Ufer hinunter auf den von einer dünnen Eisschicht bedeckten See. Die Leiche stieg auf, herausgefischt von dem Netz, das im frühen Morgenlicht hinabgesenkt worden war. Tausende filigraner Eisscherben blitzten auf.
    Beim Anblick der toten Augen seines Vaters schnürte es Tharon die Kehle zu; der Schrei blieb ihm im Halse stecken.
    Der brutale Überfall auf den Zug der Händler war schnell vorbei gewesen. Die Angreifer hatten gemordet, geplündert und die Sänften und Gepäckstücke angezündet. Tharons Vater, Gizis, starb als letzter.
    Langsam zogen die Männer das Netz weiter zum Ufer. Der nackte, blauverfärbte unförmige Körper glitt auf ihn zu, pflügte ruckartig hüpfend durch das splitternde Eis und hinterließ eine schwarze Schneise dunklen Wassers.
    »Warum haben sie das gemacht, Dachsschwanz?«
    »Weil sie es machen konnten, mein Häuptling. Gizis hätte mehr Leibwächter mitnehmen sollen. Er hat seinem eigenen Volk zu sehr vertraut.«
    »Mehlbeere war schon immer neidisch auf den Rang des Hornlöffel-Stammes«, warf ihr Mädchenauge vor. »Nur deshalb erhebt sie diese unglaublichen Anschuldigungen gegen uns!«
    Tharon glaubte, ersticken zu müssen, und schnappte nach Luft. Sein Blick klärte sich wieder - und er sah Mehlbeere vor sich, die ihn abschätzend anguckte. Das Geräusch brechenden Eises und das Gefühl bitterer Kälte verschwanden, aber das Bild blieb haften. Gizis' blauverfärbte Leiche überlagerte Mehlbeeres Gestalt wie eine sich windende geisterhafte Erscheinung. Er sah die häßlichen, von Messern verursachten Wunden und den Mund, der sich zu einem stummen Hilfeschrei öffnete.
    .. .und ihn daran erinnerte, welches Schicksal jeder Angehörige der Nichtadeligen die Sonnengeborenen nur zu gerne erleiden lassen würde.
    Mit einem Satz sprang Tharon auf die Beine. »Ist… ist Mädchenauge die einzige, die sich hinter meinem Rücken gegen mich verschworen hat?«
    In einer gleichgültigen Geste hob Mehlbeere die Hände. »Sie ist die einzige, die sich offen gegen dich ausgesprochen hat, mein Häuptling. Die anderen, nun, die saßen nur stumm dabei. Nur ich weigerte mich, meinen Stamm in Mädchenauges Intrige hineinziehen zu lassen.«
    »Aber, mein Häuptling!« Mädchenauge humpelte weiter vor, die schwächlichen Arme flehend erhoben. Ihre blinden Augen blickten in die Richtung, in der sie ihn vermutete. »Das ist reine Phantasie! Kein Angehöriger meines Stammes würde -«
    »Du bist des Verrats schuldig!« entschied Tharon. »Tötet sie!« Er winkte seinen Wachen. »Ich dulde keine Verräter in unserer Mitte!«
    Die Nichtadeligen sprangen auf. Sie schrien, jammerten und flehten Tharon an, das Urteil zurückzunehmen. Manch Tapfere fanden bewegende Worte zu Mädchenauges Verteidigung. Aber er kehrte ihnen ungerührt den Rücken und schritt zum Tempel. Das unter seinen Sandalen knirschende dürre Gras steigerte noch seinen Zorn. Regnete es denn nie mehr?
    Nur Primels männlicher Stimme gelang es, Tharon aufzuhalten. Der Berdache lief mit ausgestreckten Händen hinter ihm her und flehte: »Bitte, bitte, mein Häuptling. Tu das nicht. Mädchenauge ist unschuldig! Ich schwöre, sie hat kein Wort davon gesagt, daß wir uns gegen dich wenden sollen. Sie hat nur -«
    »Es reicht.« Tharon legte eine Hand auf Primels gerötete Wange und streichelte sie sanft. »Hier draußen ist es zu laut. Komm mit hinein und unterhalte dich mit mir.«
    Primels Gesichtszüge verzerrten sich vor Angst. Aber er verdrängte sie und ergab sich in sein Schicksal. »Ja, mein Häuptling.«
    Tharon hielt die Türvorhänge auf, und Primel trat in das bernsteingelbe Licht des Tempels. Bevor Tharon ihm folgte, drehte er sich nochmals um. Abwartend hielten die Wachen Mädchenauge an den dünnen Armen fest. Die alte Stammesführerin weinte. »Mein Häuptling, bitte!«
    »Ich dulde keine Verräter in meinem Dorf!« Tharon nickte den Wachen zu, duckte sich unter den Türvorhängen und ergriff Primels muskulösen Arm.
    Mit Befriedigung vernahm Tharon Mädchenauges keuchenden letzten Atemzug, als der Pfeil sie ins Herz traf.
    Wapitihorn bahnte sich auf leise scharrenden

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