Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss
Leute verschwören sich hinter meinem Rücken, und du …« Nachtschatten legte den Kopf schräg und blickte ihn vernichtend an. Tharon zuckte sichtlich zusammen und schluckte die Worte, die ihm auf der Zunge lagen, hinunter. »Nun«, fuhr er an Dachsschwanz gewandt fort, »Schwarze Birke behauptet, selbst kleine Dörfer wie Redweed Village hätten sich auf Petagas Seite geschlagen.«
»Redweed Village?« Dachsschwanz winkte geringschätzig ab. »Über die brauchen wir uns keine Sorgen zu machen, mein Häuptling, die haben kaum mehr als fünfzig Krieger.«
Schwarze Birke warf ein: »Petaga zieht Streitkräfte zusammen, Kriegsführer. Er hat bereits über neunhundert Krieger von den Dörfern im Süden zusammengetrommelt. Wenn er von jedem Dorf fünfzig Krieger bekommt, kann ihn bald niemand mehr aufhalten.«
Zornig funkelte Schwarze Birke Dachsschwanz an. Seine unausgesprochenen Worte nicht einmal du schwebten bedrohlich wie eine Kriegskeule über Dachsschwanz' Kopf.
»Ich glaube, Schwarze Birke hat recht, mein Häuptling. Wir müssen Petaga aufhalten. Wir dürfen nicht warten.«
»Du empfiehlst einen Angriff?«
»Ja.« Aus den Augenwinkeln sah er, daß ihn Nachtschatten ohne sichtliche Regung beobachtete, als habe sie genau gewußt, was er sagen würde. Am liebsten hätte er jede ihrer Visionen aus ihr herausgeprügelt.
»Ich verstehe«, sagte Tharon. »Also gut. Aber bevor du Petaga angreifst, befehle ich dir, Redweed Village zu überfallen.«
Dachsschwanz runzelte ungläubig die Stirn. »Aber … warum?«
»Das Dorf hat sich gegen mich gestellt! Jeder dieser Verräter muß vom Angesicht der Erde getilgt werden.«
»Aber, mein Häuptling …« Fassungslos schüttelte Dachsschwanz den Kopf. »Diese Leute sind völlig unwichtig. Ich muß meine Streitkräfte auf Petaga konzentrieren und -«
»Nein!« brüllte Tharon gebieterisch. »Du greifst Redweed Village an und … und bringst mir den Steinwolf.«
»Den was?'
»Den Steinwolf. Ein Händler hat mir von ihm erzählt. Angeblich besitzt er große Macht.«
Unfähig, seine Fassungslosigkeit zu verbergen, stieß Dachsschwanz hervor: »Du hast Dutzende derartiger Gegenstände, mein Häuptling! Warum willst du noch einen? Und ausgerechnet einen Steinwolf? Wie soll ich ihn überhaupt finden? Es kann sich um eine Halskette, ein Armband, eine Pfeife oder sonstwas handeln! Warum bist du so erpicht auf den Besitz dieser Gegenstände der Mächte?«
Tharons Gesicht lief vor Zorn hochrot an. Dachsschwanz verschränkte die Arme vor der Brust.
Nachtschatten lachte. »Er versucht, sich zu schützen. Das ist der Grund, nicht wahr, Tharon? Du glaubst, wenn du alle Gegenstände der Mächte um dich herum anhäufst, kannst du dich vor dem Zorn der Ersten Frau schützen.« Schlagartiges Begreifen glomm in ihren Augen auf. »Deshalb also hat sie die Kräfte der Bündel aufgezehrt -«
Tharons Blick huschte ruhelos durch den Raum. »Ich will diesen Steinwolf! Dachsschwanz, du wirst Redweed Village überfallen und ihn für mich holen!«
Mit heftig hämmerndem Herzen verbeugte sich Dachsschwanz. »Jawohl, mein Häuptling.«
Voller Eifer wandte sich Schwarze Birke an Tharon. »Wird Dachsschwanz anschließend seine Truppen mit den uns noch verbliebenen Kriegern vereinen, damit wir Petaga vernichten können?«
Dachsschwanz zog sich der Magen zusammen. In Gedanken beschäftigte er sich bereits mit Schlachtplänen. Er sah einen Zyklen dauernden Krieg vor sich, einen Krieg, der erst enden würde, wenn Tausende gestorben waren. Ein gallenbitterer Geschmack stieg ihm in die Kehle.
»Ja«, bestätigte Tharon. »Anschließend unterstützt er euch bei der Vernichtung Petagas. Hast du mich verstanden, Dachsschwanz?«
»Ja … ja, natürlich.«
Tharon trat vom Altarsockel herunter und verließ hoch erhobenen Hauptes den Raum. Dachsschwanz fuhr sich mit der Hand über das Gesicht, als müsse er einen schrecklichen Alptraum vertreiben. »Schwarze Birke«, sagte er leise, »wir treffen uns morgen. Die Vorbereitung erfordert Zeit. Über Einzelheiten sprechen wir morgen.
»Ich habe nicht allzuviel Zeit, Dachsschwanz. Petagas nächstes Ziel ist Red Star Mounds. Dort verfügen sie noch über dreihundert Krieger. Falls es ihm gelingt, sie zu überzeugen -«
»Ich verstehe«, sagte Dachsschwanz schroff. »Wir reden bei Tagesanbruch darüber.«
Schwarze Birke warf einen argwöhnischen Blick auf Nachtschatten, verbeugte sich und ging.
Dachsschwanz' Blick verlor sich in den Flammen einer
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