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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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um ihre Hüften und erhob sich vorsichtig auf dem schmalen Kalksteingesims.
    Mit dem Rücken an den sicheren Fels gelehnt, grub sie ihre Finger in eine Felsspalte. Mühsam kletterte sie hinauf, doch als sie oben ankam, war von Wanderer weit und breit nichts mehr zu sehen.
    Grüne Esche watschelte geduckt durch die Tür und sog tief die Nachtluft in ihre Lungen. Die in ihrem Leib hämmernden Schmerzen begleiteten jeden ihrer Schritte und machten sie schwach und zittrig.
    Vom Fluß wehte der Gestank der in Töpfen qualmenden Feuer herauf, der die Mücken vertreiben sollte. Irgendwo bellten und jaulten Hunde. Ein Baby weinte. Die lautstark streitenden Stimmen eines Mannes und einer Frau mischten sich in das Quaken der Frösche. Ansonsten herrschte in den Häusern der Nichtadeligen eine unheilvolle Ruhe. Die Feuer, wie verstreute Honigtropfen zwischen den Strohdachhäusern aufschimmernd, beleuchteten die düsteren Gesichter der Leute, die mit der Zubereitung des Abendessens beschäftigt waren. Der kühle Abendwind trug kein Gelächter herbei. In dieser Nacht wagten die Leute kaum zu atmen. Am Mittag war Dachsschwanz mit über achthundert Kriegern aufgebrochen. Später kamen scharenweise Händler in die Stadt, alle übersprudelnd von furchtbaren Neuigkeiten über Petaga.
    Grüne Esche trug eine Platte mit Maiskuchen zu den Alten, die sich vor Winterbeeres Haus um ein Feuer versammelt hatten. Neben dem Feuer lag ein großer Haufen Maiskolben. Die Kolben loderten kurz auf und brannten schnell herunter, aber Holz war zu kostbar, um es einfach zu verbrennen. Die Leute in den umliegenden Dörfern konnten noch Eichen, Hickorybäume und Hartriegelzweige auftreiben, aber die Menschen aus Cahokia mußten dafür einen vollen Tagesmarsch auf sich nehmen.
    Aufmerksam betrachtete Grüne Esche die um das Feuer versammelten mächtigen Frauen. Sie saßen zusammen und berieten, wie die Stammesangehörigen weiter vorgehen sollten. Zwar war Tharon der Häuptling Große Sonne, aber das endgültige Schicksal Cahokias lag in den Händen dieser Frauen.
    Vier Stammesverbände kontrollierten sämtliche Felder in Cahokias näherer Umgebung. Sie bewirtschafteten sie und gaben die Hälfte der Ernte dem Sonnenhäuptling zur Verteilung im Häuptlingtum. Den Rest legten sie als Vorrat für die Ernährung ihrer eigenen Sippe zurück oder um benötigte Güter dafür einzutauschen. In den letzten fünf Zyklen war die Ernte erbärmlich dürftig ausgefallen, so daß die Vorräte kaum ausreichten. Im Mond des Tiefen Schnees hatte sich keiner gescheut, beim Sonnenhäuptling um eine Schale Mais zu betteln. Die Unzufriedenheit der Leute wuchs.
    Sandbank vom Kürbisblüten-Stamm saß neben Mehlbeere vom Hirschknochenrassel-Stamm; und Mädchenauge, Führerin des Hornlöffel-Stamms, kauerte neben Winterbeere, der Ältesten des Blaudecken-Stamms. Die Frauen waren sehr alt. Jede hatte ein Gesicht wie eine Dörrpflaume und fast keine Zähne mehr. Die weißen Haare glitzerten im Feuerschein, als seien ihre Köpfe von Reif bedeckt.
    Hinter ihnen saßen einige Männer und Frauen im Kreis, die hofften, ihre Meinung kundtun zu können.
    Grüne Esche stieg über einen am äußeren Rand des Kreises der Länge nach ausgestreckten Hund, eilte zur Mitte und stellte die Platte mit den Maiskuchen vor Winterbeere hin. Rasch zog sie sich zurück und setzte sich zwischen Nessel und Primel, die beide finster dreinblickten. Nessel hob die um seine Schultern liegende hellbraun und rot gemusterte Decke und hüllte Grüne Esche in seine Wärme ein.
    Sie schmiegte sich an ihn und fragte flüsternd: »Haben sie endlich angefangen?«
    »Nein. Sie wetteifern immer noch um die Vormacht jede prahlt damit, wie viele Kinder in diesem Zyklus in ihrem Stamm geboren worden sind und wie viele Hochzeiten bevorstehen.«
    »Was hat Winterbeere gesagt?«
    Er warf ihr einen Blick von der Seite zu. »Nichts.«
    »Was? Aber ist ihr denn nicht klar, daß wir wie ein schlachtreifes Kaninchen in dieses Gemetzel marschieren, wenn wir nicht Stärke demonstrieren? Ich begreife nicht -«
    Primel beugte sich zu ihr und sagte leise: »Seit Mehlbeere da ist, starrt Winterbeere ins Leere.«
    »Aber ich -«
    Grüne Esche verstummte, als Mehlbeere sich reckte und sehr aufrecht hinsetzte. Mehlbeere trug ein wunderschönes Hirschlederkleid. Es war über und über mit schimmernden Bleiglanzperlen bedeckt - ein Zeichen für Reichtum und Ansehen.
    Ruhe gebietend hob Mehlbeere die Hand. »Der Hirschknochenrassel-Stamm hat

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