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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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aufschlitzte, schrie sie entsetzt auf. Die Macht, die diesem bösen Gegenstand innewohnte, ängstigte sie zu Tode. Auf einer Unterlage aus Zedernrinde lag ein eingeschrumpfter Tumor. Aus dem gräßlichen Stück Fleisch wuchsen Haare und Zähne. Und jemand hatte sein Ebenbild auf einen der Zähne gemalt.
    Tharon hatte einen furchtbaren Wutanfall bekommen. Über zwei Hand Zeit lang warf er mit Gegenständen und brüllte herum. Er zwang alle Sternengeborenen, sich in dem Sonnenzimmer zu versammeln, und versetzte sie mit übelsten Drohungen in Angst und Schrecken.
    Es gab keinen Beweis, daß Nachtschatten ihn mit diesem Beutel verhext, nicht einmal, daß sie ihn über seine Tür gehängt hatte. Aber er glaubte es. Als Gegenmittel hatte er Schalenweise Bleiglanztee in sich hineingeschüttet. Aber seine körperliche Schwäche schien eher noch zuzunehmen.
    »Hexe!« zischte er. »Der alte Murmeltier hat recht gehabt. Ich hätte dich gleich bei deiner Ankunft umbringen sollen.«
    Tharon straffte die Schultern. Nachtschatten hatte kein Recht, ihm Angst einzujagen! Er war der Häuptling Große Sonne! Er regierte Tausende. Sie war eine - eine Frau, weiter nichts!
    Leise schlich er zu ihrer Tür und faßte nach den Vorhängen. Aber erst nach einigen bangen Augenblicken brachte er den Mut auf, den Stoff einen Spaltbreit auseinanderzuschieben und in die Dunkelheit zu spähen. Während sich seine Augen an die Finsternis gewöhnten, starrte er forschend auf die schwarzen Umrisse der an der rechten Wand aufgereihten Gefäße; von dort wanderte sein Blick weiter zu Murmeltiers Sternenkarte. Sie warf zarte silberne Kreise auf den Dreifuß mit dem Schildkrötenbündel. Schließlich schielte Tharon zu Nachtschattens Bett hinüber. Schwarze Haare lugten unter den Decken hervor und streiften fast den Boden.
    Tharon steckte den Kopf durch die Türvorhänge. Die Dunkelheit lag wie dicke staubige Spinnenweben in den Ecken, aber das vom Flur eindringende Licht fiel genau auf das Bett.
    Rasende Wut kochte in ihm.
    Orenda? In Nachtschattens Bett? Links neben der Tür entdeckte er ihre häßliche Puppe. Das abscheuliche Spielzeug war auffallend liebevoll in eine Decke gehüllt worden. Die Puppenaugen starrten Tharon feindselig an. Glaubte Orenda im Ernst, sie könnte ihm so leicht entkommen?
    »Orenda!«
    Entsetzt schreckte seine Tochter hoch und warf sich mit dem Rücken gegen die Wand. Er lachte rauh.
    »Nein, nein, nein!« schluchzte Orenda.
    Tharon stürzte mit hocherhobener Faust auf sie los. Für diesen Frevel verdiente sie Schläge. In diesem Moment raschelten Kleider in der gegenüberliegenden Ecke des Zimmers. Tharon wirbelte so rasch herum, daß er zur Seite taumelte.
    Aus der dunklen Ecke funkelten ihn, silbrig leuchtend wie gefrorene Seen, Nachtschattens Augen an.
    »Nachtschatten!« knurrte er. »Wie kannst du es wagen, mein Kind zu entführen?«
    Ihr tiefes kehliges Lachen ertönte, und das Glitzern ihrer Augen versank in der Dunkelheit.
    Tharon wich zurück, bis er an den Fuß des Bettes stieß. Warum sah er sie nicht mehr? Wo in diesem schattenhaften Dunkel steckte sie? »Nachtschatten, antworte mir! Ich befehle dir -«
    Das Knirschen von Sandalen auf dem Boden ließ Tharon erschrocken zusammenzucken. Hastig riß er das Schildkrötenbündel an sich, von dem er wußte, daß es Nachtschatten viel bedeutete.
    Tharon preßte das Bündel an seine Brust und stieß keuchend hervor: »Da! Jetzt habe ich es. Wenn du näher kommst, werde ich … werde ich es verbrennen, Nachtschatten! Hörst du? Ich werde es umbringen!« Seine Augen versuchten angestrengt, die Dunkelheit zu durchdringen. Doch er konnte keine Spur von ihr entdecken.
    »Leg es hin.« Ihre Stimme klang unnatürlich ruhig.
    »Nein! Ich - ich will meine Tochter und dann weg von hier. Weiter will ich nichts. Bleib, wo du bist!«
    Tharon streckte eine Hand aus und packte Orenda an den Haaren. Das Kind schrie gellend und wehrte sich, doch er zerrte es brutal aus dem Bett und warf es zu Boden. Wie eine verängstigte Maus vergrub Orenda ihr Gesicht in den Händen und heulte. »Halt den Mund!« befahl Tharon.
    Nachtschattens höhnisches Lachen traf ihn wie ein Schlag. »Nur zu, Tharon. Drück das Bündel nur weiter an deine Brust.«
    »W-warum?«
    »Weil du es genau über deinem Herzen hältst … es wird dich töten.«
    »Du machst mir keine angst, Nachtschatten. Ich lege es nicht weg! Ich weiß, was du …«
    Eine feuchte Kälte wie aus einer offenen Gruft kroch in das Zimmer.

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