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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Eisige Finger drangen durch sein Gewand und krallten sich in seinen Bauch und seine Lenden. Die Grabeskälte breitete sich bis in seine Brust aus, ballte sich zusammen und brachte sein Herz aus dem Takt.
    Unvermittelt ließ er Orendas Haare los. Er stolperte nach vorn und warf dabei polternd den Dreifuß um, auf dem das Bündel gelegen hatte.
    »Siehst du, Tharon?« Nachtschattens Stimme klang spöttisch. »Sie kommen zu dir.«
    »Wer…«
    Flüsternde Stimmen umgaben Tharon, unheimliche, vertraute Stimmen. Sie schwebten durch die Dunkelheit wie Falken, schwangen sich empor und stießen auf ihn herab. Tausende Stimmen, von überall her.
    »Was geschieht da?« schrie er voller Panik.
    In der Dunkelheit leuchteten Gesichter auf; weiß und durchsichtig bewegten sie sich durch eine fremdartige Landschaft: In einem dunklen Land mit am Himmel tanzenden Lichtern zerrte eine alte Frau einen jungen Mann aus einer Schneewehe; eine schöne Frau schwebte auf Donnervogels Flügeln über der Welt; ein kleiner Junge, dessen Mutter sich umgebracht hatte, schluchzte …
    Die Landschaftsbilder verblaßten, nur noch die Gesichter schwebten in der Dunkelheit des Zimmers.
    Sie schwankten auf Tharon zu und verlangten zornig, er solle das Bündel niederlegen. Er stieß einen Schrei aus und schleuderte das Bündel auf den Boden. Nachtschatten keuchte auf. Sie taumelte und übergab sich.
    Tharon eilte zur Tür, packte Orendas große Puppe am Hals und stürmte auf den Flur. Er brüllte:
    »Kessel! Drossellied! Hilfe! Helft mir!«
    Orendas Jammern hallte herzzerreißend durch die Tempelkorridore.

KAPITEL 21
    Flechte raffte den Saum ihres grünen Kleides mit den roten Spiralen, das .einmal Wanderers Zeremonienhemd gewesen war, damit sich die über den Weg kriechenden Brombeerranken nicht darin verfingen, deren stark riechende weiße Blüten die Luft schwängerten. Ihr Zopf war mit einem Holzkamm oben auf dem Kopf festgesteckt, doch ein paar widerspenstige Strähnen hatten sich gelöst und kitzelten ihre Ohren. In dem Bündel auf ihrem Rücken trug sie all die heiligen Dinge, die Wanderer zu ihrer Unterweisung verwendet hatte: Vater Sonnes Falle, die Zedernzweige vom Baum der Ersten Frau, ein hohles Rohr zum Wegblasen böser Geister und die Kleider, die sie von zu Hause mitgebracht hatte.
    Wanderer ging mit seinem typisch federnden Gang neben ihr. Den Kopf neigte er so unnatürlich weit nach links, daß es aussah, als müsse er jeden Moment abknicken. Den ganzen Vormittag über, während sie an der gezackten Kante der Felsklippe entlang ins Schwemmland hinuntergingen, blieb er sehr nachdenklich. Er schwitzte. Schweißtropfen rannen von seiner langen Nase auf sein rotes Hemd.
    An die Bänder seines Lendenschurzes hatte er Machtbeutel und Schellen aus Muscheln gehängt - um übermütige Seelen abzuschrecken, wie er sagte.
    »Der Regenbogen war also kein normaler Regenbogen?« »Nein.« Wanderer schüttelte den Kopf. »Er erstreckte sich über den ganzen Himmel. Ich habe die Lichtbänder berührt; sie fühlten sich warm an.«
    Sein runzliges Gesicht sah aus, als ob er ein schwieriges Problem auszuloten versuche.
    »Und was sagte Wolfstöter über den Krieg, Wanderer?« »Oh, er zeigte mir nur Cahokia und die im Dorf tobende Schlacht. Es war schrecklich, Flechte. Ich habe mich gefürchtet. Ich …«
    Flechte wich einem Distelgestrüpp aus. Verwundert, daß seine Stimme plötzlich verklang, drehte sie sich um. Er lief, immer noch redend und mit den Armen fuchtelnd, in eine verkehrte Richtung.
    »Wanderer! Nein, nicht diesen Weg! Hier entlang.« Flechte trabte zu ihm hinüber und führte ihn an der Hand auf den Weg zurück. Schon fünfmal war er in die falsche Richtung marschiert, einmal wäre er dabei fast von der Felsklippe gestürzt. »Versuch einfach, bei mir zu bleiben, Wanderer. Hast du verstanden?«
    »Oh, ist es mir wieder passiert?« fragte er bestürzt. Mit großen Augen betrachtete er staunend das Land. »Tut mir leid, Flechte.« »Ist schon gut. Du warst in Gedanken versunken.« »Ich bin keine sehr unterhaltsame Gesellschaft heute, nicht wahr? Ich versuche immer noch, diesen Traum zu ergründen.«
    »Ich weiß. Erzähl mir mehr von Wolfstöter. Du sagtest, er habe von innen heraus geglüht. Glaubst du, bei Feuerschwamm ist das genauso:
    »Ich weiß es nicht. Die Erste Frau jedenfalls glüht überhaupt nicht.« Mit offenem Mund starrte ihn Flechte an. »Du hast sie gesehen?« Selbstbewußt erwiderte er ihren Blick. »Ja, vor langer Zeit.

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