Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
Vom Netzwerk:
Kreis. Verkrusteter Schlamm bröckelte von seinen Sandalen, die Spuren auf die feuchte Erde zeichneten. Eine Macht baute sich auf, begann sich mit jeder fließenden Bewegung seiner Arme weiter zu stärken, bis sich unter ihrem Einfluß Wühlmaus' Nackenhaare sträubten. Als sich Wanderer mit weit in den Nacken geworfenem Kopf zu drehen begann und seine Arme senkrecht zu Donnervogel emporstreckte, zuckte ein Blitz durch die Wolken - ein sanfter Blitz, als sei Donnervogel gerade erst erwacht und riebe sich den Schlaf aus seinen ewigen Augen. Träge rollte der Donner. Doch urplötzlich zerriß ein weiterer Blitzstrahl die Dunkelheit und raste im Zickzack durch das schwarze Vlies der Nacht. Der Blitz tauchte Wanderers ausgemergelten Körper in ein grellblaues Licht.
    Ehrfurcht erwachte in Wühlmaus. Wieder empfand sie das an Anbetung erinnernde Gefühl wie damals vor vielen Jahren, als sie ihn geliebt hatte. Schon immer hatte er den Blitz aus den Wolken rufen können zumindest, wenn er die Seele eines Vogels hatte, gleichgültig, ob die eines Adlers, einer Elster, eines Raben oder die Seelen der vielen anderen Vögel, die seinen Körper bereits bewohnt hatten. Einmal hatte sie ihn danach gefragt, und Wanderer hatte ihr erzählt, alle Tiere mit der Fähigkeit zu fliegen, sogar Flughörnchen, stünden in verwandtschaftlicher Beziehung zu Donnervogel. Ihre Rufe, so sagte er, weckten in Donnervogels Seele größere Resonanz als die Rufe aller anderen Tiere.
    Die Rufe der Vögel rüttelten ihn auf, als seien sie das stumme Echo seiner heiligen Stimme.
    Tief atmete Wühlmaus die nach Regen duftende Luft ein, ohne die Augen von Wanderer abzuwenden.
    Er tanzte nicht mehr, sondern stapfte am Fuße der steilen Klippe entlang. Ab und zu bückte er sich und zupfte an den Blättern einer dürren Pflanze, dann setzte er seinen Weg fort. Er wich einem Felsvorsprung aus, fummelte wieder an einem Strauch herum und ging weiter zum nächsten.
    Überall im Schwemmland und auf den Felsen wimmelt es von Kriegern. Wohin sollen wir gehen? Wir sitzen in der Falle.
    Hatten Petagas Krieger den Überfall auf Dachsschwanz verübt? Sie hatte keinen von ihnen erkannt.
    Aber inzwischen mußte der Mondhäuptling Hunderte von Kriegern um sich versammelt haben, vielleicht Tausende. Sie konnte unmöglich alle kennen.
    Wanderer beschäftigte sich mit einem dornigen Rosenstrauch. Die Pflanze erzitterte unter dem Schnitt seines funkelnden Hornsteinmessers.
    Der leichte Nebel verzog sich ostwärts über die Klippen, und die Sterne erhellten mit ihrem funkelnden Baldachin die Welt. Wühlmaus konnte deutlich erkennen, daß Wanderer vor Kälte schlotterte. Schuldgefühle quälten sie. Ohne sein Hemd mußte ihn schon die leichteste Brise bis auf die Knochen auskühlen. Er beeilte sich, ging um Sträucher herum und sprang über herabgestürzte Felsbrocken zurück zu ihrem Unterschlupf.
    »Ich dachte, du überläßt mich den Wölfen«, bemerkte sie spitz.
    Bestürzt fuhr er herum und starrte stirnrunzelnd in die Dunkelheit. »Hast du welche gesehen?«
    »Nein.« Sie seufzte.
    Wanderer lächelte zufrieden, kniete nieder und häufte eine Handvoll der kleinen, runden Pflanzenauswüchse, die er gesammelt hatte, auf dem Boden in der Nähe der Feuerstelle auf. »Du hast im Schlaf gewimmert, Wühlmaus, deshalb habe ich dich kurze Zeit allein gelassen. Ich dachte, vielleicht kann ich dir helfen.«
    »Mir helfen?«
    »Ja. Diese knollenartigen Auswüchse stammen von den unteren Zweigen der Rosenbüsche. Wenn man sie ankohlt, zu Brei zerdrückt und auf die Brandwunden streicht, lindert das die Schmerzen. Zum Glück gibt es hier viele Rosensträucher.«
    Er lächelte ihr flüchtig zu. Voller Tatendrang stand er auf und zog Holz und dürre Blätter aus einem Packrattennest in einer Felsspalte. Mit einem Stecken aus dem Unrat des Nestes vertiefte er die Feuerstelle ein wenig, dann schichtete er Blätter und Holz darin auf. Anschließend nahm er die beiden Feuerstöcke zur Hand. Er mußte sie angefertigt haben, während sie schlief.
    Für den Quirl hatte Wanderer einen gerade gewachsenen Hickoryast entrindet, der so lang war wie sein Schienbein. Ein Ende hatte er zugespitzt. Das zweite Holz bestand aus einem Eichenstück, in das er eine runde Vertiefung gebohrt hatte. Diesen Zunderstock hielt er mit den Füßen horizontal auf dem Boden fest und streute Zundermaterial in die Vertiefung. Anschließend nahm er den zugespitzten Hickoryquirl, steckte ihn in den auf dem Boden liegenden

Weitere Kostenlose Bücher