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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Felsbrocken.
    Tief atmete sie die kalte, klare Luft ein. Fremdartige Gerüche, aber auch der Duft nach Moosen und Wildkirschen, seit tausend Zyklen miteinander vermischt, stiegen ihr in die Nase.
    »Komm, Flechte. Nur noch ein kleines Stück.«
    Feuerschwamm kletterte mühsam über das vor ihnen liegende Felslabyrinth zu einem Grat hinauf.
    Oben blieb er stehen, hielt sein Gesicht der Sonne entgegen und lächelte voller Freude über ihre ihn liebkosende Wärme. »Hier herauf, Flechte. Ich zeige dir, was geschieht, wenn ein Träumer versagt.«
    Sie sprang von einem Felsen zum anderen. Ihre Sandalen knirschten auf dem Eis in den schattigen Tiefen der Steine. Auf dem Grat angelangt, blickte sie auf ein endlos weites, majestätisches Land.
    Herden eigenartiger, langgehörnter Tiere grasten friedlich auf der fruchtbaren Ebene. Die Ohren der Tiere zuckten, und die Schwänze peitschten nach den Fliegen. Einige der großen Geschöpfe hoben den Kopf und beobachteten Flechte und Feuerschwamm neugierig. Hinter Flechte erhoben sich eisbedeckte Berge mit zerklüfteten Gipfeln.
    Im Süden zogen sich Hunderte von Entwässerungsrinnen im Zickzack durch ein weißes Berglabyrinth.
    Vor einem der schneebemützten Berge sah Flechte, wie ein Tier in die Falle jagender Menschen geriet.
    Das riesige behaarte Tier hatte zwei wild um sich schlagende Schwänze. Mit dem vorderen Schwanz peitschte es wie rasend gegen seine Angreifer. Anscheinend versuchte es, sie zu töten. Die Menschen wichen blitzschnell aus und stürmten gleich wieder auf das Tier los. Mit Wurfstöcken schleuderten sie lange Pfeile in die Flanken des Tieres. Es stieß ein Brüllen aus, das sich wie das Schmettern einer Muschelschalentrompete anhörte. Erschöpft versuchte es, zwischen den Menschen durchzubrechen.
    Doch die Jäger kreisten es ein und warfen unentwegt ihre langen Pfeile nach dem Geschöpf, bis es damit gespickt war und aussah wie ein riesiges Stachelschwein.
    »Wo sind wir?« flüsterte Flechte.
    Feuerschwamm hockte sich nieder. Seine Augen blickten wehmütig in die Ferne. »Dies ist das Land von Mammut und Pferd. Das zweischwänzige Tier ist ein verwaistes Mammutkalb. Es ist das letzte lebende Mammut. Vor weniger als einem Mond töteten die Menschenwesen seine Mutter. Jetzt töten sie das Kalb.«
    »Es ist das letzte Tier seiner Art? Warum hält sie niemand auf?«
    » Wir haben es versucht. Als sich die Spirale kopfüber zu drehen begann, konnten alle Träumer im Großen Einen sie nicht wieder in ihre Ausgangslage zurückbringen. Nur lebenden Träumern gelingt das. Die Macht trifft ihre Wahl und versucht, einen Träumer wie eine gute Pfeilspitze zu formen - doch manchmal verliert die Macht bei diesem gewagten Unternehmen.«
    Flechte kauerte sich neben ihn und beobachtete, wie das Mammutkalb klagend in die Knie ging. Selbst aus dieser Entfernung konnte sie das Blut sehen, das schäumend aus dem Maul des Tieres troff. In letzter verzweifelter Anstrengung schaffte es das Kalb, wieder auf die zitternden Beine zu kommen; doch es taumelte, stürzte zu Boden und fiel seitlich in den Schnee. Die Menschen schrien begeistert und umarmten einander. Während sie vor Freude hüpften, tanzten und ihre Gebete zum Himmel hinaufsangen, sank der Kopf des Mammutkalbes in eine Schneewehe. Sie färbte sich rot von seinem Blut.
    »Wie konnten sie das tun?« stieß Flechte keuchend hervor. »Wußten sie nicht, daß dies das letzte Mammut war?«
    »Nein. Aber auch wenn sie es gewußt hätten, hätte das nichts geändert. Sie wollten sein Fleisch.
    Weiter kümmerte sie nichts.« Feuerschwamm atmete angespannt. »Das geschieht, wenn die Spirale aus dem Gleichgewicht gerät. Der Erdenschöpfer schuf das Universum so, daß sich die Gegensätze - Leid und Glück, Geburt und Tod, Hitze und Kälte - die Waage halten. Darum ist die Spirale so wichtig. Ihre Kreise reichen von den schwächsten Wurzeln, die sich in den Boden graben, bis zum vollendeten Lauf der Sterne. Manchmal stoßen die Menschenwesen die Spirale aus dem Gleichgewicht, manchmal die Tiere. Jedesmal, wenn ein Kopte die neugeborenen Lämmer einer Herde aus reinem Vergnügen reißt, ohne seine Beute zu fressen … dann neigt sich die Spirale.«
    Die Jäger begannen mit der anstrengenden Arbeit, das Mammutkalb zu zerlegen. Mit scharfen Steinwerkzeugen zogen sie ihm das Fell ab und legten die Muskeln frei, die noch bebten und zuckten, als die Klingen in sie schnitten. Flechtes Augen schwammen in Tränen beim Anblick des traurigen

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