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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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und schleuderte sie auf die Seitenwand seiner Behausung. »Schnell! Holt Steine. Wir müssen es umbringen. Heute früh, gleich nachdem ich aufgewacht bin, hat es sich auf mich gestürzt und versucht, meine Füße zu fressen!«
    Bei jedem Aufprall eines Steins auf die Wand zuckte Flechte zusammen. Fliegenfänger klammerte sich an ihre Schultern und versteckte sich hinter ihrem Rücken. Sie fühlte seinen schweren Atem warm über ihren Oberarm streichen. Voller Entsetzen starrten sie auf die Wand, auf der ein langer, dunkler Schatten im Sonnenlicht tanzte.
    »Wanderer!« platzte Flechte heraus. »Das ist dein eigener Schatten. Sieh doch, er bewegt sich genau so wie du.«
    Mitten im Wurf hielt der alte Mann inne. Die wurfbereite Hand, in der er den Stein hielt, verharrte hoch über seinem Kopf. Argwöhnisch beugte er sich vor und schielte mit seinen altersschwachen braunen Augen auf die verdächtige dunkle Gestalt. Dann schmetterte er heftig den Stein auf den Boden und erklärte mit fester Stimme: »Ich wünschte, du wärst früher gekommen, Flechte! Dann hätte ich nicht den ganzen Tag damit verschwendet, ihn über die Klippen zu verfolgen.«
    Würdevoll schritt er, umwirbelt von den Fetzen seiner zerrissenen, grell bemalten Wolfsfelldecke, auf Flechte zu, hob sie hoch und drückte sie an sich. »Ehrlich gesagt, ich wünschte, du wärst bereits vor Monden gekommen. Während dieses Winters habe ich einige sehr sonderbare Dinge getan. Ich glaube, ich nehme bald wieder eine andere Gestalt an.«
    Flechte stemmte ihre Fäuste gegen seine Brust und versuchte, sich aus seiner Umarmung zu befreien.
    Fliegenfänger gab hinter ihrem Rücken ein ersticktes Geräusch von sich. »Wanderer, wir sprechen später darüber, einverstanden? Ich möchte dir erst meinen Freund vorstellen.«
    Sie löste sich aus seinem Griff, drehte sich um und zeigte auf Fliegenfänger, der sich flach gegen die Felswand gedrückt hatte. Er keuchte, als habe er gerade einen anstrengenden Dauerlauf hinter sich.
    Wanderer legte den Kopf schief und blinzelte wie eine verrückte alte Eule zu dem Jungen. »Aha, das ist doch Fliegenfänger vom Schlangen-Volk, stimmt's? Ich erinnere mich noch gut an die Nacht, in der du geboren wurdest. Was tobte da doch für ein gräßlicher Sturm. Damals ließ der Wind ganze Felsbrocken von den Bergen auf die Leute im Tal herabregnen.« Er schüttelte den Kopf und schnalzte vernehmlich mit der Zunge. »Ja, ich erinnere mich noch sehr gut daran, besonders, weil ich damals bei den Aufräumungsarbeiten nicht gerade eine große Hilfe war. Ich hatte zu jener Zeit die Seele eines Geiers und -«
    »Wanderer!« Flechte schnitt ihm das Wort ab, als sie sah, wie Fliegenfänger Mund und Augen aufsperrte und ihn entsetzt anstarrte. »Wie wär's mit einem Tee? Ich muß mit dir reden. Ich hatte einen bösen Traum.«
    »O ja, natürlich. Ihr seid von so weit her gekommen, ihr müßt schon vor Morgengrauen aufgestanden sein, sonst könntet ihr um diese Zeit noch gar nicht hier sein.« Er kniete nieder und machte eine einladende Geste in Richtung Tür. »Bitte, tretet ein.«
    Flechte zwinkerte Fliegenfänger ermutigend zu, ließ sich auf die Knie nieder und kroch in den kühlen, sonderbar riechenden Raum der Höhle. Sie ging zur Südwand und setzte sich mit gekreuzten Beinen auf einen weichen Fuchspelzstapel. Draußen hörte sie Wanderer sagen: »Komm mit, Fliegenfänger, kleine Schlange. Da drin habe ich Körbe, in denen ich tote Angehörige deiner Sippe aufbewahre. Du kannst sie dir anschauen. Beeil dich! Oder muß ich dich mit einem Zauber belegen, damit du mein Haus betrittst?«
    Wild mit Armen und Beinen zappelnd, kroch Fliegenfänger unter der Tür hindurch. Er kletterte neben Flechte auf den Deckenstapel und flüsterte: »Nicht verrückt, ha?« Seufzend lehnte er sich an die im Dunkel liegende Wand und wünschte sich weit fort.
    Wanderer kroch auf Knien durch den niedrigen Eingang und verzog den Mund zu dem für ihn typischen schiefen Lächeln. »Meine Güte, tut das gut, wieder einmal Besuch zu haben. Der Winter war lang. Wie geht es deiner Mutter, Flechte? Begab sie sich auf die Suche nach der Vision, wie wir es im letzten Herbst besprochen haben? Wenn ich mich recht erinnere, bemühte sie sich noch immer vergeblich, zu der dem Steinwolf innewohnenden Macht zu finden.«
    »Ja, das stimmt. Ich glaube, die Suche nach der Vision half ihr ein wenig dabei. Wenn sie sechs Tage lang gefastet und gebetet hat, behauptet sie, manchmal eine

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