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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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gut, wirklich. Nur dieses Wiesel beunruhigt mich ein bißchen. Es versucht, sich meiner Seele zu bemächtigen, aber wenn die Erste Frau es auf mich gehetzt hat, kann ich vermutlich nichts tun, um es aufzuhalten.« Seine Gesichtszüge erschlafften, eine unterschwellige Angst stahl sich in seine Stimme. »Flechte, sprich bitte mit dem Steinwolf über deinen Traum. Vielleicht hilft das. Die dunkle, nach Norden ziehende Wolke macht mir Sorgen.«
    Sie spürte das Zittern ihrer Hand und nahm sie rasch von seinem Arm. »Aber Mutter mag es nicht, wenn ich dem Wolf zu nahe komme, Wanderer, außerdem hat er mich noch nie gerufen. Warum glaubst du…«
    »Irgendwelche Mächte haben wieder die Oberhand gewonnen. Der Wolf wird Bescheid wissen. Man weiß nie, wen oder was sie in die Enge zu treiben versuchen. Vielleicht dich, meine einzige Freundin.«
    Er klopfte ihr mit den Fingerknöcheln auf den Kopf, lauschte nachdenklich dem hohl klingenden Ton und lächelte anerkennend. »Geh jetzt. Fliegenfänger ist inzwischen sicher schon bei den Maisfeldern angelangt.«
    Flechte lachte. »Ja, da könnte ich wetten. Nochmals vielen Dank. Ich komme wieder, sobald es geht.«
    »Gut. Mir haben unsere Gespräche gefehlt.«
    Sie kroch unter der Tür hindurch und trat in die Sonnenstrahlen hinaus. Mit einer Hand beschattete sie ihre Augen und suchte die Gegend nach Fliegenfänger ab. In der Ferne schwang sich ein Rabenschwarm über dem Pfad in die Lüfte, tief unter den Vögeln wirbelte eine Staubwolke auf.
    Flechte glaubte, ein undeutliches Schreien zu hören. Sie rannte, so schnell sie konnte, über den feuchten Kalksteinboden und versuchte, Fliegenfänger einzuholen, bevor er sich wieder eine Verletzung zuzog.

KAPITEL 2
    Vor Sonnenaufgang durchschnitten über hundert Kriegskanus den in gespenstischen Schwaden aus dem Marsh Eider Lake aufsteigenden Frühnebel. Phantomen gleich, zeichneten die gebogenen Buge bei ihrer lautlosen Fahrt scharfe Linien in das spiegelglatte Wasser. Die mit roter und blauer Farbe auf die Rümpfe der schlanken Einbäume gemalten Tiergestalten glänzten im dämmrigen Licht dunkel wie verkrustetes Blut. Von muskulösen Armen geschwind bewegte Paddel trieben die Boote schnell voran.
    In den tätowierten Gesichtern der Krieger spiegelten sich die unterschiedlichsten Gefühle wider: Auf einigen zeigte sich äußerstes Unbehagen, auf anderen freudige Erwartung; viele hatten die Lippen in grimmiger Entschlossenheit, aus Angst oder gar Widerwillen fest zusammengepreßt.
    Noch schwebte die Dunkelheit der Nacht über dem Wasser, nur am östlichen Horizont begann ein schwaches Schiefergrau aufzuschimmern und den nahenden Tag anzukündigen. Strenger Fischgeruch vermischte sich mit dem Geruch nach gefrorenem Schlamm und abgestorbenem Gras.
    Fröstelnd kauerte der große Krieger Dachsschwanz im Bug des Führungskanus. Er fühlte sich krank.
    Vergeblich versuchte er, durch den wogenden grauen Schleier zu sehen. Er kniff die Augen zusammen und starrte in den eisigen Nebel. Auf seinen buschigen Augenbrauen bildeten sich gefrierende Tautropfen.
    Entmutigt hob er den Blick zum Himmel, wo sich das erste Morgenrot zeigte. Noch tauchte Großmutter Morgenstern mit ihrem strahlenden Antlitz das Land in silbrigen Glanz. Ein paar sich zu Bildern gruppierende, noch schwach erkennbare Sternenungeheuer scharten sich um sie: die Gehenkte Frau, der Junge Wolf und der Große Hirsch. Aber die meisten Ungeheuer hatten sich bereits in ihre Höhlen in der Unterwelt verkrochen, um ein wenig zu schlafen, bevor Vater Sonne ihnen wieder aufzustehen und den Abendhimmel zu erleuchten befahl.
    »Ich hasse, was wir tun«, murmelte Rotluchs leise hinter Dachsschwanz. Die anderen sechs Krieger im Kanu sollten ihn nicht hören. »Ich wünschte, wir könnten davonlaufen.«
    Dachsschwanz atmete tief aus. Weiße Atemwolken kräuselten sich um sein Gesicht. »Du bist zu jung, du verstehst das nicht. Kampf ist ein Teil des Lebens wie Essen und Atmen.«
    »Und du, Bruder, wirst langsam alt und blind. Wir ziehen nicht in einen Kampf. Das ist ein Gemetzel! Häuptling Große 'Sonne muß vollkommen verrückt geworden sein.«
    »Mir jagt Tharon auch Angst ein, Rotluchs. Aber ich glaube nicht, daß er verrückt ist. Ich halte ihn eher für einen verdrossenen Jungen im Körper eines Mannes. Er ist -«
    »Er ist so alt wie ich! Achtundzwanzig Sommer. Wie kommst du dazu, ihn einen Jungen zu nennen?«
    »Mag er so alt sein, aber er hat sein Leben innerhalb der Palisaden von

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