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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Regen durchweichte ihn bis auf die Haut. Das kühle Naß beruhigte ihn, dämpfte den Schmerz seiner Seele wie eine heilende Salbe. Er hob den Blick und sah Nachtschatten die Böschung hinaufklettern. Ihr nasses rotes Kleid umschloß ihren Körper wie eine zweite Haut. Als sie dem Gewitter die Arme entgegenstreckte, tanzte ein Blitz aus den Wolken wie Tausende von Leuchtkäfern und badete sie in bernsteingelbem Glanz. Dumpfer Donner grollte.
    Lachend hob Nachtschatten das Gesicht dem Regen entgegen. »Sie hat es geschafft! Die Erste Frau hat sie angehört!«
    Das Zischen der Flammen steigerte sich zu einem lauten Tosen. Überall verharrten Krieger mitten in der Bewegung und starrten fassungslos auf die sich aus den Wolken ergießenden Wassermassen.
    Der Boden begann in üppigem, weichem Glanz zu schimmern; überall sammelte sich das Wasser zu spiegelnden Pfützen.
    Nachtschatten senkte die Arme und rief: »Petaga! Was soll ich Dachsschwanz ausrichten?«
    »Sage ihm«, antwortete er, »sage ihm, daß ich einverstanden bin. Ich nehme sein Kapitulationsangebot an. Aber diese Übereinkunft bezieht sich nur auf seine Krieger und die Dorfbewohner. Er ist ein Problem für sich.«
    Auf seinem Gesicht vermischten sich Tränen mit Regentropfen. Petaga sank mitten im glitschigen Morast auf die Knie. Mit bebenden Fingern strich er über die schönen Schnitzereien des im Regen feucht glänzenden Kastens, den er vor sich hingestellt hatte.
    Ein Blitzstrahl wob ein unheimliches, durchsichtiges Netz um Wanderer und Wühlmaus, die am Fuße des Tempelhügels unter einem schäbigen Bisonfell nebeneinandersaßen. Zwischen ihnen lag Flechte ruhig und still, eingehüllt in eine Decke. Sie hatte nicht einmal einen Laut von sich gegeben, als er und Wühlmaus die Decke an den Kanten hochgehoben und sie aus dem brennenden Tempel getragen hatten. Wanderer betrachtete sie zärtlich. Ihre Haare breiteten sich wie ein feuchter Schleier über der Decke aus. Sacht berührte er ihren Kopf. Die Schwellung war rasch zurückgegangen. Kurz bevor der Tempel in Flammen aufging, hatte er den Hautlappen wieder angenäht. Inzwischen schien sie leichter zu atmen.
    Wanderer beugte sich vor und brachte seinen Mund dicht an die vernähte Wunde. »Flechte, hörst du mich? Ich bin's, Wanderer. Hier bei uns regnet es. Der Krieg hat aufgehört. Sage der Ersten Frau, wir danken ihr.«
    Wühlmaus runzelte die Stirn. »Ihre Seele ist gegangen, Wanderer. Sie kann uns nicht hören.«
    »Oh, du wärst erstaunt, was eine Seele alles zu hören vermag, wenn man ein zusätzliches Loch im Kopf hat.«
    Im fahlgelben Licht des brennenden Tempels, dessen Innenwände inzwischen ebenfalls lichterloh brannten, hoben sich die Umrisse der mit erhobenen Händen auf den Schießplattformen stehenden Krieger ab. Sie hatten sich ergeben und musterten aus den Augenwinkeln wachsam Petagas Krieger, die jubelnd um die beschlagnahmten Waffen sprangen.
    »Wanderer«, Wühlmaus' Stimme klang zaghaft, »wann wird Flechtes Seele zu uns zurückkehren?«
    Er sah die Angst in Wühlmaus' Augen. Liebevoll tätschelte er ihre Hand, dann zog er an dem Riemen um Flechtes Hals und legte den Steinwolf oben auf die Decke. Seine glänzende Oberfläche reflektierte den rötlich-orangefarbenen Feuerschein. Wanderer spürte die von dem Stein ausstrahlende Macht; sie wob ein unsichtbares Netz um Flechte.
    Er lehnte sich zurück und schloß die Augen. Seine Seele betrachtete das hellblau aufschimmernde leuchtende Netz. Freude schwang durch die Fäden, die sich ihm entgegenstreckten wie eine kraftlose Hand.
    Er lächelte. »Bald, Wühlmaus. Sie ist bereits auf dem Rückweg.«
    KAPITEL 46 »Ich weiß nicht, Nachtschatten. Vielleicht will sie es gar nicht«, sagte Wanderer. Er bahnte sich neben Nachtschatten den Weg zwischen den rauchenden Trümmern des Tempels hindurch. Die Morgensonne schickte ihre goldenen Strahlen über das verkohlte Holz und tupfte Lichtflecken auf Nachtschattens schönes Gesicht.
    Nachtschatten kletterte über die geborstenen Steine einer eingestürzten Mauer und seufzte. »Nun, es liegt natürlich bei ihr. Aber ich glaube, Petaga wird ihre Hilfe dringend brauchen. Was sage ich? Das ganze Volk braucht sie. Redest du mit ihr darüber?«
    »Ja, natürlich.«
    Nachtschatten nahm einen Korb vom rußigen Boden und ging weiter, als hielte sie nach etwas Ausschau. Plötzlich kauerte sie sich nieder und begann die Asche genauer zu untersuchen.
    Ein paar Hand von ihr entfernt saß Orenda mit

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