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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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sich nur um eine Entführung? Petagas Herz schmerzte bei dem Gedanken an die hochgewachsene Priesterin. Sie hatte seinen Vater seit Zyklen zuverlässig beraten. Petaga war in dem sicheren Wissen aufgewachsen, sich stets auf sie verlassen zu können - und er liebte sie.
    »Ich komme, Tharon«, sagte er böse. »Und ich komme nicht allein … Hagelwolke?«
    Der stämmige Anführer erhob sich, stolzierte am Altar vorbei und blickte auf Petaga hinab. Er war ein großgewachsener Mann mit einer schmalen Adlernase und eiskalten schwarzen Augen. Der schwarze Haarkamm auf seinem rasierten Kopf schimmerte orangefarben im Schein der heiligen Feuer, die Ohrspulen aus Kupfer leuchteten prunkvoll auf. Seine untere Gesichtshälfte war ganz schwarz tätowiert. »Ja, mein Häuptling?«
    »Wie viele Krieger haben Dachsschwanz' Überfall überlebt?«
    »Er ließ ungefähr hundert am Leben, meist alte Männer und Knaben.« Hagelwolkes Stimme klang bitter. »Wir können keinen Krieg fuhren, dafür hat er gesorgt.«
    Petaga straffte seine Beinmuskeln und versuchte, das Zittern seiner Knie zu unterdrücken. »Wie viele Krieger haben in Hickory Mounds, Red Star Mounds und den anderen Dörfern überlebt, die Dachsschwanz in diesem Zyklus verwüstet hat?«
    Hagelwolkes Augen wurden schmal, als er Petagas Gedankengang weiterverfolgte. »Es könnte gehen, mein Häuptling. Falls die anderen Führer ihre Feigheit überwinden - und falls ihre Leute auch mit wenig Essen im Bauch zu kämpfen bereit sind.«
    »Die Zeit des Hungerns ist bald vorüber. Während des Pflanzmondes wachsen Schmetterlingskräuter und Gänsefußkräuter. Und Kaninchen gibt es immer.«
    Hagelwolke nickte beklommen. Offensichtlich beunruhigte ihn die Aussicht, eine lange Reihe von Kämpfen führen zu müssen. »Sollten wir uns dazu entschließen, mein Häuptling, kommt es auf schnelles Handeln an. Tharon und Dachsschwanz dürfen keinen Wind von unseren Plänen bekommen.
    Wenn Dachsschwanz zuschlägt, bevor wir darauf vorbereitet sind, brennt er in seiner Wut alle unsere Dörfer nieder.«
    Petaga hob den Blick und sah Hagelwolke an. »Gut, fangen wir an. Stell eine Gruppe von Kriegern zusammen, die mich begleiten. Ich selbst möchte mit den Häuptlingen sprechen. Wir brechen auf, sobald … sobald …« Das Gesicht seiner Mutter stand ihm vor Augen.
    Hagelwolkes schwielige Hand legte sich leicht auf Petagas Schulter. »Weißt du, wer in die Kriegerstammesverbände aufgenommen wird, mein Häuptling?«
    »Ja, selbstverständlich. Die Erste Frau verlangt, daß die Angehörigen der Vereinigung von Sonnengeborenen und Nichtadeligen entstammen, damit sich beider Stärken vereinen.«
    »Mein Häuptling …« Unbehaglich starrte Hagelwolke zu Boden. »Meine Mutter …«
    »Sie hat behauptet, mein Vater Jenos sei auch dein Vater. Ja, ich weiß«, unterbrach ihn Petaga.
    Hagelwolke holte tief Luft und senkte seine Stimme zu einem Flüstern. »Ich sah heute dein Gesicht.
    Der Gedanke, deine Mutter … nun, das hat dich zermürbt. Morgen sieht die ganze Welt zu.«
    »Hagelwolke, ich «
    »Ich möchte dich um die Ehre bitten, mein Häuptling.« Seine Stimme festigte sich. »Begreifst du?«
    Petaga warf ihm einen unsicheren Blick zu. »Du würdest dadurch an Ansehen gewinnen. Das würde dich fast auf eine Stufe mit den Sonnengeborenen stellen.« Aber nicht ganz. Hagelwolkes Rang würde nie über die Zugehörigkeit zu einem Stamm der Nichtadeligen hinausgehen, solange er nicht offiziell von einem Sonnengeborenen an Kindes Statt angenommen wurde. Trotzdem gewännen Hagelwolkes Worte nach der Vollziehung des Rituals bei den anderen Häuptlingen und Kriegsführern an Bedeutung.
    »Sehr gut, mein Freund. Du vollziehst morgen die rituellen Pflichten.« Befreiende Erleichterung zog durch Petagas Herz. Hagelwolke hatte ihn von dem Entsetzlichen erlöst. Eine Qual weniger lastete auf seiner wunden Seele. Mit geballten Fäusten ging er an den lodernden Feuerschalen vorbei zur Tür.
    Hinter ihm erhob sich ein erstauntes Gemurmel unter den Sternengeborenen.

KAPITEL 6
    »Hör genau zu, Nachtschatten. Hörst du ihre Worte? Sie haben die einzige Familie getötet, die du je hattest.«
    Wie ein frostiger Wind wehte Schwester Daturas Stimme aus den Tiefen von Nachtschattens Seele herauf. Sie versuchte, nicht auf sie zu hören, ihrer beider totale Abhängigkeit voneinander zu durchbrechen, doch ihre Schwester kämpfte mit größerer Verbissenheit und trug den Sieg davon.
    »Sie haben dein Dorf zerstört.

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