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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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nicht leisten, mit ihr herumzuspielen. Ich werde dir helfen, soviel ich kann … von hier aus. Beeil dich!«
    »Von hier aus? Ich verstehe nicht…«
    Sonnenjäger atmete gepreßt, und seine breite Brust erbebte, dann sank er in Berufkrauts Armen zusammen. Berufkraut ließ ihn langsam wieder zu Boden gleiten.
    »Geh!« sagte Sumach außer sich und kniete sich neben Sonnenjäger nieder. »Tu, was er sagt. Suche Turmfalke!«
    Melisse packte Berufkraut heftig bei der Hand. Seine alten Augen waren so wachsam wie die eines jungen Jägers. »Aber sei vorsichtig, Enkel. Stechapfel ist verrückt. Wenn er dich erwischt, mußt du dich auf das Schlimmste gefaßt machen.«
    »Er wird mich nicht erwischen«, erwiderte Berufkraut selbstsicher, doch er erinnerte sich an das irre Funkeln in den Augen des alten Händlers.
    Er warf einen letzten Blick auf Sonnenjägers blutiges Gesicht, dann rannte er los, so schnell er konnte.
    Er lief kreuz und quer durch die Menge und schrie: »Hat irgend jemand gesehen, wohin Stechapfel Turmfalke geschleppt hat? Wer hat sie gesehen? Jemand muß …«
    Balsam winkte von der anderen Seite des Auflaufs und rief: »Ich habe sie nicht gesehen, Berufkraut, aber Tannin. Er ist den östlichen Pfad hinuntergelaufen.«
    Berufkraut hob dankend eine Hand und rannte in die nach Gras riechende Dunkelheit davon. Das Mondlicht fiel schräg durch die Zweige und lag in rauchig weißen Streifen über dem Abhang. Jeder Stein und jeder Busch schimmerte wie eine glänzende Muschelschale.
    Er war erst ein paar Dutzend Schritte gelaufen, als er den am Fuße des Hügels hingestreckten Körper sah. Er näherte sich vorsichtig und suchte mit den Augen die schattigen Stellen nach einem Hinterhalt ab.
    Der Mann stieß ein heiseres Keuchen aus, sein Körper zuckte, und verzweifelt rang er nach Luft.
    Berufkraut näherte sich wachsam und kniete sich nieder, um den Verletzten genauer anzuschauen.
    »Tannin!«
    In der Kehle des Mannes war eine klaffende Wunde. Um seinen Kopf hatte sich eine Blutlache gebildet. Wie war er nur so lange am Leben geblieben?
    Einen Moment trafen Tannins von Entsetzen erfüllte Augen Berufkrauts bestürzten Blick. Dann hob er mühsam den rechten Arm und deutete mit zitternden Fingern nach Süden. Ein gurgelnder Schrei entrang sich seiner zerschnittenen Kehle wie ein Hilferuf, dann starb er. Durch seinen geöffneten Mund hauchte er ein letztes lautloses Flüstern.
    Berufkraut blickte noch immer auf das erstarrte und nun friedliche Gesicht. »Heilige Mutter Ozean, wenn Stechapfel sogar seinen eigenen Bruder ermordet…«
    Er wurde von Entsetzen gepackt. Erst einmal war er so von Angst durchdrungen gewesen wie diesmal.
    Damals war er noch ein Kind gewesen und hatte, als er nachts aufwachte, seine Mutter tot neben sich liegen gefunden. Schreiend war er zu seinen Großeltern gerannt. Aber jetzt hatte er nichts außer seinem Verstand, um sich vor Schaden zu bewahren. Sein Gehör schien sich zu schärfen wie das eines Hirschs, der in der Dunkelheit nach dem fast lautlos schleichenden Löwen lauscht.
    Als er aufstand, waren seine Beine kraftlos. Er ließ den Blick über die grau-schwarz gefleckten Vorberge gleiten. Vielleicht war Turmfalke schon tot. In der Dunkelheit konnte er Stechapfels Spur nicht verfolgen. Es war unmöglich. Er würde Tannins letzter Geste vertrauen müssen.
    Sie sind südwärts gegangen …
    Berufkraut folgte Tannins ausgestrecktem Finger mit Blicken bis zu einem kleinen, mit grünen Blättern bedeckten Beerendickicht am Rand der Wiese. Eilig zog er die Speere aus Tannins Köcher und schob sie in seinen eigenen. Dann rannte er lautlos wie ein Krieger weiter und flüsterte dabei den Mammut-Geist-Tanz.
    Sonnenjäger lag neben dem Feuer, lauschte auf die Schreie und Rufe und verlor immer wieder für kurze Zeit das Bewußtsein. Er fühlte sich schwächer und hilfloser als je zuvor in seinem Leben. Sein Körper hatte begonnen, unkontrollierbar zu zittern, als hätte er Schüttelfrost. Aber er wußte, daß das Zittern mehr von der auf ihm lastenden Angst als vom Blutverlust kam. Als er in Klebkrauts wahnsinnige Augen geschaut und ihm daraus die Augen des Riesenwolfs entgegengeblickt hatten, hatte er vor Entsetzen aufgeschrien. Und Stechapfel hatte dort hinter Turmfalke gestanden und genau so ausgesehen, wie sie ihn beschrieben hatte: alt, grau und verrückt vor Haß.
    Turmfalke brauchte seine Hilfe. Er aber hatte schon Mühe, auch nur zu atmen.
    »Beeil dich!« Das war Sumach. »Schwindlige

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