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Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Titel: Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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manche auch den Mondfluß nennen. Eine halbe Tagesreise dahinter erreichen wir die Mündung des Ilini. Dann kommen wir besser voran, denn die Strömung ist nicht so stark und der Fluß nicht so breit.«
    »Und da finden wir auch die Khota«, bemerkte Schwarzschädel beiläufig.
    »Nein, da versuchen wir, den Khota auszuweichen«, verbesserte ihn Otter.
    Nachdem sie das Boot festgemacht und kalt zu Abend gegessen hatten - Gänsefuß- und Sonnenblumensamenbrot -, holte Otter seine Flöte hervor. Grüne Spinne lehnte an den Packen, sein Lager war in der Mitte des Kanus. Schwarzschädel hatte seine Schlafstelle so eingerichtet, daß der Fuchskopf am Bug ihm als Kopfkissen diente.
    Otter blies die Flöte, und die Töne verklangen über dem dunklen Wasser. Er spielte viele Melodien.
    »Du bist gut, Händler«, sagte Schwarzschädel anerkennend aus dem Dunkel. »Viele dieser Lieder sind neu für meine Ohren.«
    »Ich versuche immer etwas zu lernen, wenn ich irgendwohin komme.« Otter fuhr über das glatte Holz des Instruments. Die Flöte hatte ihm der Onkel einst geschenkt.
    »Wie lange spielst du schon?«
    »Seit meiner Kinderzeit. Da hab ich nicht viel geübt. Das habe ich erst, seit ich Händler geworden bin.« Er erinnerte sich. »Wir spielten jeden Abend.«
    »Wir?«
    »Mein Onkel und ich.«
    »Den die Khota getötet haben?«
    »Er war mehr als mein Lehrer, er war mein Freund. Wahrscheinlich der beste, den ich je hatte.« Ein Gefühl der Einsamkeit überkam Otter, wie eine Krankheit nagte es an seiner Seele. Bestand denn das Leben nur aus Verlusten? Der Onkel, Rote Mokassins, Viertöter? Geliebte Menschen, die er verloren hatte, und es gab nichts, was sie ersetzen konnte.
    »Ein Freund?« forschte Schwarzschädel nach.
    »Ein Freund!« bestätigte Otter, seinen Erinnerungen nachhängend. Er griff in sein Hemd und fühlte das Geschenk seines Onkels, das er um den Hals trug. Ein Fisch sprang aus dem Wasser, und eine Eule schrie. Am Himmel glitzerten und schimmerten die Sterne. Ein schwacher Schein am Horizont deutete an, daß der Mond aufstieg.
    »Ich habe nie einen Freund gehabt«, sagte Schwarzschädel ruhig.
    Kein Wunder, wo du ein so seltsamer Mensch bist. Laut sagte Otter: »Aber irgend jemanden muß es doch gegeben haben.«
    »Mein Großonkel. Er hat mich gerettet, hat mich unterrichtet.« Der Krieger hielt kurz inne. »Weißt du, wie das ist, wenn du anders bist als die anderen ? Sie haben sich über mich lustig gemacht. Meine Mutter, die…« Er verstummte.
    Nach einer Weile sagte Otter: »Ich weiß, was es heißt, wenn man anders ist. Auf mich hat der Fluß Anspruch erhoben. Er hat mich vereinnahmt, als ich noch ein kleines Kind war. Fast wäre ich ertrunken, aber er gab mich zurück. Mein Onkel hat das verstanden.«
    »Vielleicht sind wir uns ähnlicher, als ich dachte.« Schwarzschädel rutschte herum und brachte das Kanu zum Schaukeln.
    Ähnlich? Ich und Schwarzschädel? Der Mann hatte keine Freunde. Otter dagegen konnte seine gar nicht zählen. Von Rauchender Bär im Kupferland bis zu Dickbauchschlange auf den Koralleninseln hatte Otter Freunde. »Ich gebe dir welche von meinen ab. Wie wär's mit Langes Eichhörnchen? Du hast ihn doch gern gemocht.«
    »Ist er wirklich dein Freund, Händler?«
    »Natürlich. Er ist -«
    »Würdest du dein Leben für ihn einsetzen, für ihn sterben?« Würde er das tun? Otter schaute in die Finsternis. Von wie vielen Menschen konnte er das sagen? Viertöter, das war klar, aber von wem sonst noch?
    »Wenn's um dein Leben geht, dann sieht alles anders aus.« Schwarzschädel wollte weiter über das Thema sprechen. »Die Leute, die du bei deinen Geschäften triffst, sind sicher liebenswert, aber doch nur solange, wie du mit ihnen Güter austauschst. Wie viele würdest du als wirkliche Freunde bezeichnen, Händler?«
    Schnapper. Um das Leben Schnappers zu retten, würde er bereitwillig sein Leben opfern. Er schaute auf den Hund, der auf den Packen schlief, und ihm wurde warm ums Herz. Ja, das würde er ohne Bedenken tun.
    Schwarzschädel wartete auf eine Antwort und mußte lächeln. »Streite es nur ab, aber du und ich, wir sind uns ähnlicher, als du möchtest.«
    »Hast du wirklich deine Mutter umgebracht?«
    Jetzt schwieg Schwarzschädel. Sein Gesicht zuckte im Mondlicht. Schließlich sprach er mit rauher Stimme: »Sie war besessen, Händler. Eine böse Frau, von Dämonen getrieben. Sie tat furchtbare Dinge. Als ich klein war und was falsch machte, wie das alle Kinder tun…«,

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