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Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Titel: Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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Kopf. Dann huschte sie hinaus in die Nacht, stahl ein Kanu und fuhr auf Vater Wasser zu ihrem Volk an die Ilinimündung.
    Seine Angehörigen flehten die Geister der Ahnen an, sie mögen Starker Wind heilen. Und er blieb am Leben. Dann riefen sie die anderen Clans der Khota zusammen, damit sie gemeinsam diese Schmach rächten.«
    »Vielleicht bekam er, was er verdiente.«
    »Vielleicht. Aber die Welt der Geister hörte den Hilferuf. Als Starker Wind genesen war, schickten alle Clans der Khota Krieger.« Grizzlyzahn betrachtete sie kühl. »Zehnmal zehn Kanus kamen zusammen, und sie paddelten sehr schnell flußabwärts, um es der Ilinifrau und ihren Leuten heimzuzahlen. Sie wurden alle getötet. In dem Gebiet, in dem die Ilinifrau einst lebte, liegen jetzt die Gebiete des Clans, zu dem wir dich bringen.«
    Sie starrte auf ihre Hände, braungefärbt von den Gräsern für die Gebetsmatten. Der eisige Wind auf dem Fluß schlug um und drang durch ihr dünnes Gewand bis auf die Haut.
    Sie drängte sich näher ans Feuer, und Grizzlyzahn gab einem der Krieger ein Zeichen, er solle ihr eine Decke bringen.
    »Warum glaubst du, daß ich fliehen will?«
    »Ich habe den Ausdruck in deinen Augen gesehen. Wir haben eine weite Reise hinter uns. An deiner Stelle hätte ich vielleicht auch den Wunsch zu fliehen.«
    »Ich habe nicht vor, mein Volk zu entehren.«
    Grizzlyzahn warf ein Stück Holz ins Feuer. »Ich hab das Gefühl, sie hielten nicht viel von dir. Sie haben gesagt, daß du Männer verlegen machst. Daß es für dich besser wäre, wenn du nach Norden gingest, eine Geschäftsbeziehung mit den Khota herstellen würdest. Daß dich keiner zu Hause heiraten würde. Daß du dich besser…«
    »Ich will nicht mit dir über meinen Clan reden.«
    Im Wald rief eine Eule.
    »Ich will dir etwas sagen.« Grizzlyzahn rollte sich auf die Seite und starrte Perle im Feuerschein an.
    »Du heiratest nicht einfach einen Mann.«
    »Was ist er dann? Ein Berdache?«
    Abermals rief die Eule, und Grizzlyzahn dämpfte seine Stimme.
    »Ich hab dir erzählt, was der Clan macht, wenn du fliehst. Aber Wolf der Toten… er ist nicht wie andere Menschen. Er wird dich jagen, dich aufspüren. Dann macht er auf seine Weise kurzen Prozeß mit dir.« Und mit rauher Stimme fuhr Grizzlyzahn fort: »Er ist nicht einfach ein Mensch. Er ist… nun, er ist wie sein Vater.«
    Perle bemerkte, daß die Krieger allmählich näher rückten. Ihre Augen glitzerten im flackernden Licht.
    »Willst du mir Angst einjagen? Ich war allein in den Sümpfen und habe Alligatoren gejagt. Ich bin weit aufs Meer gefahren, nur noch mit den Sternen als Wegweiser. Du machst mir keine Angst.«
    Grizzlyzahn machte eine Faust. »Dein Ehemann ist nicht nur ein Mensch. Verstehst du? Wenn ihn die Macht ergreift, verwandelt er sich in einen Wolf.«
    »In einen Wolf?« Perle war es unbehaglich. In den Augen der Krieger las sie, daß sie davon überzeugt waren, und ihr liefen Schauer den Rücken hinunter.
    »Deswegen kannst du nie vor ihm davonlaufen«, flüsterte Grizzlyzahn, »er findet dich immer. Die Toten sagen ihm, wo du hinläufst. Dann spürt er dich auf in seiner Wolfsgestalt. Vor einem solchen Geschöpf kannst du dich nicht verstecken.«
    Er glaubt das tatsächlich! Ein eisiger Luftzug streifte ihre Seele.
    Grizzlyzahn sah sie mitfühlend an. Nach einer Weile stand er auf und sprach mit den Kriegern: »Da sind welche unter euch, die begehren diese Frau. Beherrscht euch! Sie ist für Wolf der Toten bestimmt.« Er betrachtete Perle. »Ich will, daß mindestens drei von euch sie ständig bewachen. Teilt euch die Nachtwachen ein. Jetzt kennt sie die Wahrheit und wird versuchen wegzulaufen.«
    Perle schlief nicht gut in dieser Nacht, aber auch die Khota nicht. Die ganze Nacht hindurch ächzten und stöhnten sie, rannten fluchend zwischen Lager und Fluß hin und her und wunderten sich über den Aufruhr in ihren Gedärmen. Einige hatten es so eilig, eine Stelle zu finden, wo sie sich erleichtern konnten, daß sie dabei über Perle stolperten.
    Perle lächelte, zufrieden mit sich. Wie gut, daß sie das Wolfsmilchgewächs gefunden hatte.

9. KAPITEL
    Das Anwesen des Weißmuschelclans lag zwar in einem Wald, doch Brennholz gab es nur sehr wenig.
    Deshalb kerbten sie manchmal einen Baum unten ein, um ihn allmählich absterben und austrocknen zu lassen. Dann konnten sie ihn umstürzen und sein Holz zum Verbrennen nutzen. Aber so etwas mußte natürlich rechtzeitig geplant werden.
    Deshalb brachte die

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