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Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Titel: Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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des Traums tauchten immer wieder vor seinem geistigen Auge auf. Immer wieder wirbelte Otters Leichnam in dem schäumenden grünen Wasser auf. Das vom Todeskampf gezeichnete Gesicht seines Bruders, das er so genau kannte, schien ihn zu verspotten.
    Tu es nicht, Otter. Geh nicht mit!
    Viertöter legte sich eine Hand auf seinen Magen, als könnte er damit den inneren Aufruhr besänftigen.
    Wenn er Rote Mokassins nicht geheiratet hätte? Hätte sich dadurch etwas geändert? Schuldgefühle schnitten in seine Seele, so kalt wie die Schneide einer Axt. Er konnte nachvollziehen, wie tief Otter den Verlust empfunden hatte.
    Wir haben zuviel gemeinsam, Bruder. Um mein Glück zu finden, habe ich dich verwünscht.
    Hatte Rote Mokassins Otter gefunden? Was würde ein Treffen bewirken? Würde sie Frieden schließen können? Oder würde sie sich ihm ein letztes Mal hingeben?
    Wenn man zwei Menschen liebt, sie so genau kennt, kann man keinen von beiden verdammen.
    Vielleicht sind wir wie die Heldenzwillinge. Wir lieben dieselbe Frau.
    Aber anders als die Heldenzwillingen würden Viertöter und Otter einander nie bekämpfen.
    Um die Bilder von Rote Mokassins und Otter zu verdrängen, schaute Viertöter angestrengt auf das Haus der Großmutter. Darin war der Verdreher eingesperrt, und er tat wohl, was Verdreher machen, wenn sie allein sind.
    Was mochte das sein? Wie war es einem Mann zumute, der alles rückwärts machte, sogar rückwärts dachte? Mußte er aufpassen, damit er keinen Fehler machte? Oder hatte ihn die Macht verändert, in etwas verwandelt, was nicht mehr menschlich war?
    Als Viertöter noch darüber nachdachte, tauchte Schwarzschädel aus dem Dunkel auf und betrat das Clanhaus. Er hatte Schwierigkeiten, mit seinen breiten Schultern durch die Türöffnung zu kommen.
    Viertöter konnte sich gut vorstellen, daß er der gefährlichste Mann der Welt war. Ihn möchte ich nicht zum Feind haben.
    Rote Mokassins erschien, Sehnsucht in den Augen. Sie schlang einen Arm um Viertöters Taille und klammerte sich an ihn wie an einen Baumstamm in einem reißenden Strom.
    »Ist schon gut«, sagte er sanft. »Er ist noch nicht bereit, mit dir zu sprechen. Die Wunde ist zu frisch.«
    Im flackernden Feuerschein sah er, wie sie die Augen schloß und ihren Kopf senkte, den ihr seidiges schwarzes Haar umrahmte. Und trotz ihres Schmerzes war sie so schön, daß es ihm den Atem nahm.
    Er dachte daran, daß sie ihn gewählt hatte, nicht Otter. Diese wunderbare Frau war seine Frau… ganz allein seine.
    Aber bei diesen Gedanken kamen die Schuldgefühle zurück.
    Sie schüttelte den Kopf. »Er ist… O Viertöter, ich wußte, daß es so kommt.«
    »Er liebt dich.«
    Sie holte tief Luft und nickte.
    »Und du liebst ihn auch noch«, fügte er hinzu. Er wandte den Blick zum Feuer, an dem sich jetzt die Leute mit ihren Schalen drängten. Das Fest zur Feier der Ankunft der Clanältesten und von Grüne Spinne hatte begonnen. Trotz der bangen Vorgefühle, die seine Seele bedrängten, würde er sich zwingen, glücklich zu sein. Um welchen Preis ? Morgen früh würden Otter, Schwarzschädel und Grüne Spinne ins Unbekannte aufbrechen.
    Wenn sie nun nie zurückkehrten…
    »Er ist verletzt, Viertöter. Wie tief, weiß ich erst jetzt. Er hat mich gefragt, ob ich … ob ich mit ihm gegangen wäre. Ich wollte ihn… noch ein letztes Mal.«
    Viertöter beherrschte sich und zwang sich zur Gelassenheit. »Ich verstehe. Das ist in Ordnung. Er ist mein Bruder. Nimm meine Decke, und dann könnt ihr beide…«
    »Nein.« Sie schaute zu ihm auf. »Er hat mich weggeschoben. Er hat gesagt, du würdest es verstehen, wenn wir's täten, und deswegen konnte er es nicht. Er liebt dich wohl zu sehr.«
    Und jetzt liebe ich ihn noch mehr.
    Viertöter zog sie dicht an sich, und mit geschlossenen Augen genoß er das Gefühl, sie in seinen Armen zu halten. »Er wird darüber hinwegkommen. Wie wir alle. Er braucht Zeit wie wir auch.«
    Unwillkürlich schaute Viertöter zu Großmutters Haus. Dort wartete Grüne Spinne, bewacht von Schwarzschädel. Worauf? Wann würde der Verdreher auf dem Fest erscheinen? Schließlich war er ja der Anlaß.
    Großmutter hatte ihr Haus geräumt - die größte Ehre, die sie Besuchern erwies. Sie war in das Haus von Blaue Kanne gezogen und hatte den Clanältesten, deren Kriegern und dem Verdreher ihr Haus überlassen.
    Eine Weile betrachtete Viertöter das Haus im Feuerschein. Alles war fehlgegangen. Lag die Lösung dort drinnen bei Grüne Spinne? Hatte

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