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Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Titel: Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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in den Rat, es sei denn, die Lage erforderte die Aufmerksamkeit der vollständigen Ratsversammlung. Die Zwillinge glichen eher Skeletten als lebenden Menschen. Sie hatten keine Zähne mehr und nur noch ein paar Strähnchen grauen Haares auf den alten Schädeln. Die Muskeln waren ihnen schon vor langer Zeit geschrumpft, fast war es nur noch durchsichtige Haut, die über ihren Knochen hing. Arme und Beine sahen aus wie knotige Stecken, und die Gesichter waren eingefallen wie bei Toten. Riesige schwarze Augen starrten aus tief sitzenden Höhlen.
    Mondschnecke warf einen weiteren Ast aufs Feuer. Flammen züngelten auf und spuckten Funken, die lässig zu den Dachpfosten hüpften. Der Nebel war so dicht, dass sie die nächste Hütte, dreißig Handbreit weiter, nicht sehen konnte. Man hörte allerdings Geräusche - Leute, die ihre Morgenmahlzeit kochten, Kinder, die leise miteinander sprachen, ein knurrender Hund - und auch der köstliche Geruch von gebratenem Opossum wurde herangetragen.
    Schwemmstock umfasste seine Knie und wandte sich an Schwanzfeder. »Hat Hundszahn gesagt, wie viele im Windeck-Dorf getötet wurden?«
    Die Nüstern der flachen Nase von Schwanzfeder weiteten sich. »Nein. Allerdings hat er genau beschrieben, was er im Traum gesehen hatte. Die Toten lagen im ganzen Dorf herum, sagte er, hauptsächlich Mütter, Kinder und alte Leute. Aber auch ein paar Krieger.«
    Schwemmstock schüttelte den Kopf. »Schote hat mir erzählt, sie hätten nur noch zehn und einen Krieger übrig. Wenn also nur ein paar bei dem Überfall getötet worden sind -« Sein Mund blieb offen stehen, er wollte den Satz nicht beenden.
    Flussstein übernahm das. »Sie sind wehrlos, davon müssen wir ausgehen.«
    Sonnenfalke nickte mit zittrigem Kopf. »Ja. Unsere neuen Verwandten brauchen Hilfe. Wir müssen entscheiden, was zu tun ist.«
    Mondschnecke sah, wie Rotalge die Augen schloss und sich auf die Lippen biss; zweifellos sorgte sie sich um ihren Bruder. Sie hatte ihr langes schwarzes Haar mit einer Schnur zusammengebunden, aber einzelne Strähnen hatten sich gelöst und hingen ihr feucht über die Wangen. Die Decke über ihren schmalen Schultern hatte Teichläufer gehört. Er hatte sogar selbst die roten und blauen geometrischen Muster entworfen. Rotalge hielt die Decke krampfhaft fest, als wäre sie die letzte Verbindung zu ihrem besten Freund. Sie tat Mondschnecke Leid, die ihrerseits vor Sorge um Teichläufer in der letzten Nacht keinen Schlaf gefunden hatte. Mondschnecke wusste so gut wie Rotalge, dass er in einem Kampf mit erfahrenen Kriegern fast wehrlos war, und fürchtete das Schlimmste.
    »Hat Hundszahn etwas über Muschelweiß, Schote oder Teichläufer gesagt?« fragte Mondschnecke.
    Schwanzfeder zögerte; Mondschnecke biss die Zähne zusammen, denn sie ahnte die Antwort. Er zögerte sicher nur deshalb, weil er ihre Reaktion fürchtete, und deswegen hatte er seinen Bericht sorgfältig vorbereitet.
    »Also?« fragte Schwemmstock drängend. »Hat er? Ja oder nein?«
    Schwanzfeder verzog das Gesicht. »Ja, aber ich konnte nichts damit anfangen, Geistälteste.
    Hundszahn kann einen zur Verzweiflung bringen.«
    Flussstein lachte in sich hinein, es klang wie ein knarrender Ast im Wind. Der zahnlose Mund verzog sich zu einem Lächeln. »Das stimmt, wir wissen es alle«, sagte sie. »Schließlich kennen wir Hundszahn schon seit fünfmal zehn Sommern. Aber was hat er genau gesagt? Vielleicht verstehen wir es. Wir haben mehr Übung als du, Kommandant, sein verworrenes Geschwätz zu übersetzen.«
    »Ja, Älteste«, erwiderte Schwanzfeder nickend. »Also, es war ziemlich sonderbar. Wir saßen um sein Feuer und aßen Muscheln, und plötzlich fährt er zu mir herum und herrscht mich an ›Hab ich dir schon von Muschelweiß erzählt?^ und ich sage ›Nein‹, und da werden seine Augen ganz groß. Er beugt sich vor und flüstert in dieser komischen Art, die er hat« - der Mund von Schwanzfeder zog sich vor Abscheu zusammen - »›Muschelweiß ist durch diese Krieger gesaust wie ein Blitzvogel, aber nicht wie so einer, der in Teichläufer drinnen ist, denn der ist noch viel zu jung, um überhaupt irgendwo durchzusausen‹.« Schwanzfeder deutete mit Gesten sein Unverständnis an. Mondschnecke erhaschte einen Blick auf Rotalges erschrecktes Gesicht, die aber, als sie sich von Mondschnecke beobachtet sah, sofort wieder ausdruckslos dreinschaute. Mondschnecke hob eine Braue, ließ es aber dabei bewenden. Für den Augenblick

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